Ihrem dreifachen Geschenke von Garten, Obst und Wein ist freilich kein Gegengeschenk gegenüber zu machen; aber doch die Frage zu thun, ob Ihnen Regensburger Bier schmeckt, das viel-5 leicht bei unbestimmter Unpäßlichkeit nützt? Hätte der Regens- burger Reichstag so viel Geist gehabt, es wäre gerade das nicht geschehen -- was nur bei Getränken ist -- daß der Reichs-Körper, worein er gefüllet war, zersprengt worden wäre.
Ihr10 alter Gartenfreund J. P. F. Richter
485. An Professor Mehmel in Erlangen.
[Kopie][Bayreuth, 12. Mai 1811]
Ich weiß nicht, soll ich Sie bitten, die Verspätung oder den15 Inhalt meiner Antwort zu verzeihen; denn ich bitte Sie um etwas darin -- Die Bitte um ein möbliertes Zimmer -- ein Diogenes-, kein Regulus-Faß -- mit einer Schlafkammer, die (d. h. das Bette) sogar in der Stube stehen könnte -- Aussicht wie die Judenleichen und Christenkirchen nach Osten etc.20
486. An Präsident Schuckmann in Berlin.
[Konzept][Bayreuth, 20. Mai 1811]
"Endlich sehen wir uns beide wieder, obwol geistig und am Schreib-, nicht am Eß- und Sprechtische; und erst eine Reihe Pferde trägt meine Gedanken zu Ihnen." Fast möcht' ich in diesem seltsamen25 Tone fortfahren; so lebhaft kommen mir in dieser Minute unsere alten früheren Stunden mit vergeblichen Nachwünschen in die Bayreuther Einsamkeit zurück, die Stunden, wo uns statt der Chaußeen nur das Tischbret schied. Aber Tempi passati ist die Parole des 19ten Jahrhunderts.30
Ich gehe gerade zu aus der Erinnerungs-Poesie in die Gegen- warts-Prosa über und lege Ihnen meine Bitte vor, wenn sie anders das Recht hat, etwas mehr als eine Frage zu sein.
484. An Kammerrat Miedel in Bayreuth.
[Bayreuth] d. 11. Mai 1811
Ihrem dreifachen Geſchenke von Garten, Obſt und Wein iſt freilich kein Gegengeſchenk gegenüber zu machen; aber doch die Frage zu thun, ob Ihnen Regensburger Bier ſchmeckt, das viel-5 leicht bei unbeſtimmter Unpäßlichkeit nützt? Hätte der Regens- burger Reichstag ſo viel Geiſt gehabt, es wäre gerade das nicht geſchehen — was nur bei Getränken iſt — daß der Reichs-Körper, worein er gefüllet war, zerſprengt worden wäre.
Ihr10 alter Gartenfreund J. P. F. Richter
485. An Profeſſor Mehmel in Erlangen.
[Kopie][Bayreuth, 12. Mai 1811]
Ich weiß nicht, ſoll ich Sie bitten, die Verſpätung oder den15 Inhalt meiner Antwort zu verzeihen; denn ich bitte Sie um etwas darin — Die Bitte um ein möbliertes Zimmer — ein Diogenes-, kein Regulus-Faß — mit einer Schlafkammer, die (d. h. das Bette) ſogar in der Stube ſtehen könnte — Ausſicht wie die Judenleichen und Chriſtenkirchen nach Oſten ꝛc.20
486. An Präſident Schuckmann in Berlin.
[Konzept][Bayreuth, 20. Mai 1811]
„Endlich ſehen wir uns beide wieder, obwol geiſtig und am Schreib-, nicht am Eß- und Sprechtiſche; und erſt eine Reihe Pferde trägt meine Gedanken zu Ihnen.“ Faſt möcht’ ich in dieſem ſeltſamen25 Tone fortfahren; ſo lebhaft kommen mir in dieſer Minute unſere alten früheren Stunden mit vergeblichen Nachwünſchen in die Bayreuther Einſamkeit zurück, die Stunden, wo uns ſtatt der Chaußéen nur das Tiſchbret ſchied. Aber Tempi passati iſt die Parole des 19ten Jahrhunderts.30
Ich gehe gerade zu aus der Erinnerungs-Poeſie in die Gegen- warts-Proſa über und lege Ihnen meine Bitte vor, wenn ſie anders das Recht hat, etwas mehr als eine Frage zu ſein.
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484. An Kammerrat Miedel in Bayreuth.
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Ihrem dreifachen Geſchenke von Garten, Obſt und Wein iſt
freilich kein Gegengeſchenk gegenüber zu machen; aber doch die
Frage zu thun, ob Ihnen Regensburger Bier ſchmeckt, das viel- 5
leicht bei unbeſtimmter Unpäßlichkeit nützt? Hätte der Regens-
burger Reichstag ſo viel Geiſt gehabt, es wäre gerade das nicht
geſchehen — was nur bei Getränken iſt — daß der Reichs-Körper,
worein er gefüllet war, zerſprengt worden wäre.
Ihr 10
alter Gartenfreund
J. P. F. Richter
485. An Profeſſor Mehmel in Erlangen.
[Bayreuth, 12. Mai 1811]
Ich weiß nicht, ſoll ich Sie bitten, die Verſpätung oder den 15
Inhalt meiner Antwort zu verzeihen; denn ich bitte Sie um etwas
darin — Die Bitte um ein möbliertes Zimmer — ein Diogenes-,
kein Regulus-Faß — mit einer Schlafkammer, die (d. h. das Bette)
ſogar in der Stube ſtehen könnte — Ausſicht wie die Judenleichen
und Chriſtenkirchen nach Oſten ꝛc. 20
486. An Präſident Schuckmann in Berlin.
[Bayreuth, 20. Mai 1811]
„Endlich ſehen wir uns beide wieder, obwol geiſtig und am Schreib-,
nicht am Eß- und Sprechtiſche; und erſt eine Reihe Pferde trägt
meine Gedanken zu Ihnen.“ Faſt möcht’ ich in dieſem ſeltſamen 25
Tone fortfahren; ſo lebhaft kommen mir in dieſer Minute unſere
alten früheren Stunden mit vergeblichen Nachwünſchen in die
Bayreuther Einſamkeit zurück, die Stunden, wo uns ſtatt der
Chaußéen nur das Tiſchbret ſchied. Aber Tempi passati iſt die
Parole des 19ten Jahrhunderts. 30
Ich gehe gerade zu aus der Erinnerungs-Poeſie in die Gegen-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/204>, abgerufen am 16.07.2024.
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