indem ich ihn fest nicht am Vorder-sondern am Hinterarme führte. Auch wartete ich zum Überfluße ab, bis er seine Hausthüre auf- gebracht hatte; er dankte mir aber sehr dafür. Wie ich selber nach Hause gekommen, weiß ich aus Mangel eines Zeugen, weniger genau.5
440. An Emanuel.
[Bayreuth, 13. Jan. 1811]
Guten Morgen, Lieber! Gestern bekam ich schon wieder be- glückende Antwort von C[aroline]. -- Des guten Ludwigs Brief wollen die Kinder auf ihrer Rückreise von Miedel wieder holen,10 weil ich Otto gern bald damit erfreuen möchte. Zu meiner -- also zu Ihrer Freude leb' ich doch einmal schönen Tagen entgegen.
441. An Emanuel.
[Bayreuth, 14. Jan. 1811]
Eilig. Guten Morgen, und Dank für heute und vorgestern. Ihre15 Gegennoten sollen die Aufschrift "Geburtstag" und "Protestanten" durchstreichen. Aber o Himmel wie viel muß ein Mensch, Autor, sogar von 47 Jahren korrigieren an bloßen 4 Seiten!
442. An Professor F. G. Welcker in Gießen.
[Kopie][Bayreuth, 4. und 14. Jan. 1811]20
Aus meinem Schweigen werden Sie schwerlich meine Freude an Ihrem etc. Aristophanes errathen, dessen Wolken mir das Dezember- gewölk verjagen könnten, wenn es tief auf mich hereinhinge ... daß Sie uns den ganzen Aristophanes geben, den uns das attische Museum fast nimmt, indem es ihn gibt. Ich würde meine Freude25 noch stärker ausdrücken, wenn ich griechische Gelehrsamkeit genug besäße, um das Vor-Echo Ihrer Lobredner zu sein. Indeß haben Sie mich besser als einer mit diesem Genius bekannt gemacht, dem sogar ein Äschylos nicht gefiel und der (aber mit Recht) einen Sophokles*) vorzog. Wer an dessen Obßönitäten ein Aergernis30 nimmt, sucht eines und ist selber eines. Eben so gut wäre die ganze
*) Homer, Sophokles, Shakespeare -- siehe da diese drei sind eins.
indem ich ihn feſt nicht am Vorder-ſondern am Hinterarme führte. Auch wartete ich zum Überfluße ab, bis er ſeine Hausthüre auf- gebracht hatte; er dankte mir aber ſehr dafür. Wie ich ſelber nach Hauſe gekommen, weiß ich aus Mangel eines Zeugen, weniger genau.5
440. An Emanuel.
[Bayreuth, 13. Jan. 1811]
Guten Morgen, Lieber! Geſtern bekam ich ſchon wieder be- glückende Antwort von C[aroline]. — Des guten Ludwigs Brief wollen die Kinder auf ihrer Rückreiſe von Miedel wieder holen,10 weil ich Otto gern bald damit erfreuen möchte. Zu meiner — alſo zu Ihrer Freude leb’ ich doch einmal ſchönen Tagen entgegen.
441. An Emanuel.
[Bayreuth, 14. Jan. 1811]
Eilig. Guten Morgen, und Dank für heute und vorgeſtern. Ihre15 Gegennoten ſollen die Aufſchrift „Geburtstag“ und „Proteſtanten“ durchſtreichen. Aber o Himmel wie viel muß ein Menſch, Autor, ſogar von 47 Jahren korrigieren an bloßen 4 Seiten!
442. An Profeſſor F. G. Welcker in Gießen.
[Kopie][Bayreuth, 4. und 14. Jan. 1811]20
Aus meinem Schweigen werden Sie ſchwerlich meine Freude an Ihrem ꝛc. Ariſtophanes errathen, deſſen Wolken mir das Dezember- gewölk verjagen könnten, wenn es tief auf mich hereinhinge ... daß Sie uns den ganzen Ariſtophanes geben, den uns das attiſche Muſeum faſt nimmt, indem es ihn gibt. Ich würde meine Freude25 noch ſtärker ausdrücken, wenn ich griechiſche Gelehrſamkeit genug beſäße, um das Vor-Echo Ihrer Lobredner zu ſein. Indeß haben Sie mich beſſer als einer mit dieſem Genius bekannt gemacht, dem ſogar ein Äſchylos nicht gefiel und der (aber mit Recht) einen Sophokles*) vorzog. Wer an deſſen Obſzönitäten ein Aergernis30 nimmt, ſucht eines und iſt ſelber eines. Eben ſo gut wäre die ganze
*) Homer, Sophokles, Shakeſpeare — ſiehe da dieſe drei ſind eins.
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0188"n="175"/>
indem ich ihn feſt nicht am Vorder-ſondern am Hinterarme führte.<lb/>
Auch wartete ich zum Überfluße ab, bis er ſeine Hausthüre auf-<lb/>
gebracht hatte; er dankte mir aber ſehr dafür. Wie ich ſelber nach<lb/>
Hauſe gekommen, weiß ich aus Mangel eines Zeugen, weniger<lb/>
genau.<lbn="5"/></p></div><divtype="letter"n="1"><head>440. An <hirendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right">[Bayreuth, 13. Jan. 1811]</hi></dateline><lb/><p>Guten Morgen, Lieber! Geſtern bekam ich ſchon wieder be-<lb/>
glückende Antwort von <hirendition="#aq">C[aroline].</hi>— Des guten Ludwigs Brief<lb/>
wollen die Kinder auf ihrer Rückreiſe von <hirendition="#aq">Miedel</hi> wieder holen,<lbn="10"/>
weil ich <hirendition="#aq">Otto</hi> gern bald damit erfreuen möchte. Zu meiner —<lb/>
alſo zu Ihrer Freude leb’ ich doch einmal ſchönen Tagen entgegen.</p></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>441. An <hirendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right">[Bayreuth, 14. Jan. 1811]</hi></dateline><lb/><p>Eilig. Guten Morgen, und Dank für heute und vorgeſtern. Ihre<lbn="15"/>
Gegennoten ſollen die Aufſchrift „Geburtstag“ und „Proteſtanten“<lb/>
durchſtreichen. Aber o Himmel wie viel muß ein Menſch, Autor,<lb/>ſogar von 47 Jahren korrigieren an bloßen 4 Seiten!</p></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>442. An <hirendition="#g">Profeſſor F. G. Welcker in Gießen.</hi></head><lb/><notetype="editorial">[Kopie]</note><dateline><hirendition="#right">[Bayreuth, 4. und 14. Jan. 1811]</hi></dateline><lbn="20"/><p>Aus meinem Schweigen werden Sie ſchwerlich meine Freude an<lb/>
Ihrem ꝛc. Ariſtophanes errathen, deſſen Wolken mir das Dezember-<lb/>
gewölk verjagen könnten, wenn es tief auf mich hereinhinge ...<lb/>
daß Sie uns den ganzen Ariſtophanes geben, den uns das attiſche<lb/>
Muſeum faſt nimmt, indem es ihn gibt. Ich würde meine Freude<lbn="25"/>
noch ſtärker ausdrücken, wenn ich griechiſche Gelehrſamkeit genug<lb/>
beſäße, um das Vor-Echo Ihrer Lobredner zu ſein. Indeß haben<lb/>
Sie mich beſſer als einer mit dieſem Genius bekannt gemacht, dem<lb/>ſogar ein Äſchylos nicht gefiel und der (aber mit Recht) einen<lb/>
Sophokles<noteplace="foot"n="*)">Homer, Sophokles, Shakeſpeare —ſiehe da dieſe drei ſind eins.</note> vorzog. Wer an deſſen Obſzönitäten ein Aergernis<lbn="30"/>
nimmt, ſucht eines und iſt ſelber eines. Eben ſo gut wäre die ganze<lb/></p></div></body></text></TEI>
[175/0188]
indem ich ihn feſt nicht am Vorder-ſondern am Hinterarme führte.
Auch wartete ich zum Überfluße ab, bis er ſeine Hausthüre auf-
gebracht hatte; er dankte mir aber ſehr dafür. Wie ich ſelber nach
Hauſe gekommen, weiß ich aus Mangel eines Zeugen, weniger
genau. 5
440. An Emanuel.
[Bayreuth, 13. Jan. 1811]
Guten Morgen, Lieber! Geſtern bekam ich ſchon wieder be-
glückende Antwort von C[aroline]. — Des guten Ludwigs Brief
wollen die Kinder auf ihrer Rückreiſe von Miedel wieder holen, 10
weil ich Otto gern bald damit erfreuen möchte. Zu meiner —
alſo zu Ihrer Freude leb’ ich doch einmal ſchönen Tagen entgegen.
441. An Emanuel.
[Bayreuth, 14. Jan. 1811]
Eilig. Guten Morgen, und Dank für heute und vorgeſtern. Ihre 15
Gegennoten ſollen die Aufſchrift „Geburtstag“ und „Proteſtanten“
durchſtreichen. Aber o Himmel wie viel muß ein Menſch, Autor,
ſogar von 47 Jahren korrigieren an bloßen 4 Seiten!
442. An Profeſſor F. G. Welcker in Gießen.
[Bayreuth, 4. und 14. Jan. 1811] 20
Aus meinem Schweigen werden Sie ſchwerlich meine Freude an
Ihrem ꝛc. Ariſtophanes errathen, deſſen Wolken mir das Dezember-
gewölk verjagen könnten, wenn es tief auf mich hereinhinge ...
daß Sie uns den ganzen Ariſtophanes geben, den uns das attiſche
Muſeum faſt nimmt, indem es ihn gibt. Ich würde meine Freude 25
noch ſtärker ausdrücken, wenn ich griechiſche Gelehrſamkeit genug
beſäße, um das Vor-Echo Ihrer Lobredner zu ſein. Indeß haben
Sie mich beſſer als einer mit dieſem Genius bekannt gemacht, dem
ſogar ein Äſchylos nicht gefiel und der (aber mit Recht) einen
Sophokles *) vorzog. Wer an deſſen Obſzönitäten ein Aergernis 30
nimmt, ſucht eines und iſt ſelber eines. Eben ſo gut wäre die ganze
*) Homer, Sophokles, Shakeſpeare — ſiehe da dieſe drei ſind eins.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/188>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.