Antonie schickte dir 2 Strumpfbänder und eine Chemisette. -- Ich wünschte, ich wüßte über deine Zurückreise die Mittel. Gib in diesen Diebs Zeiten recht auf das Anbinden und unterwegs auf das Bleiben des Koffers Acht; und fahre so wenig als möglich Nachts. Sogar in der Brandenburger Alle[e] wurde Abends ein Koffer abgeschnitten;5 und einem Beamten in Berneck in der Amtsstube das Amtsgeld abgezwungen. -- Dein Vater hat die Rücksicht auf mein Kapital für Minna vergessen; jetzt hat sie vom Richterschen, das sie nicht angreifen wollte, schon 500 rtl. genommen und noch testiert: denke bei ihm oder ihr an mein Recht. -- Nach deinem Bericht heilt sie10 langsam oder kaum; folglich kannst du durchaus nicht dein Bleiben nach ihrem Wahnsinn einrichten. -- Emanuel wünscht als der Alles-Liebende, du möchtest bei deiner Durchfahrt durch Gera dem blinden Sachse die Himmels-Stunde deiner Erscheinung geben: gib sie ihm, wenn es sonst geht.15
Messerschmidts flatternde Blüten setzen viel Früchte voraus und gefielen mir sehr.
414. An Emanuel.
[Bayreuth, 26. Dez. 1810]
Guten Morgen, lieber Emanuel! Gestern hat meine Frau ge-20 schrieben und meinen Brief, der 5 Tage ging wie ihrer, am Tage der Ankunft beantwortet. Meine gestrige Antwort hab' ich in [das] unfrankierende Nebenfach geworfen; es ging doch ab? -- Sie ist wol, sehnt sich aber unendlich zurück. Geistig ist Minna noch nicht hergestellt; sie soll zu ihrem Vater, wohin C[aroline] (wenn ich25 ja sage) sie begleiten und dann mit demselben Wagen wieder um- kehren will. Eben so leicht könnte sie den Wagen selber ziehen.
415. An Emanuel.
[Bayreuth, 26. Dez. 1810]
Ich sage zum Briefe M[umme]'s, daß er darin eine über sein30 Alter gehende Sprachkenntnis (einige orthographische Fehler aus- genommen, z. B. Auqu'un, embresser) und treffliche Hand und recht viel Verstand des Ausdrucks (Empfindung etwas weniger) gezeigt hat.
Antonie ſchickte dir 2 Strumpfbänder und eine Chemisette. — Ich wünſchte, ich wüßte über deine Zurückreiſe die Mittel. Gib in dieſen Diebs Zeiten recht auf das Anbinden und unterwegs auf das Bleiben des Koffers Acht; und fahre ſo wenig als möglich Nachts. Sogar in der Brandenburger Alle[e] wurde Abends ein Koffer abgeſchnitten;5 und einem Beamten in Berneck in der Amtsſtube das Amtsgeld abgezwungen. — Dein Vater hat die Rückſicht auf mein Kapital für Minna vergeſſen; jetzt hat ſie vom Richterschen, das ſie nicht angreifen wollte, ſchon 500 rtl. genommen und noch teſtiert: denke bei ihm oder ihr an mein Recht. — Nach deinem Bericht heilt ſie10 langſam oder kaum; folglich kannſt du durchaus nicht dein Bleiben nach ihrem Wahnſinn einrichten. — Emanuel wünſcht als der Alles-Liebende, du möchteſt bei deiner Durchfahrt durch Gera dem blinden Sachse die Himmels-Stunde deiner Erſcheinung geben: gib ſie ihm, wenn es ſonſt geht.15
Messerschmidts flatternde Blüten ſetzen viel Früchte voraus und gefielen mir ſehr.
414. An Emanuel.
[Bayreuth, 26. Dez. 1810]
Guten Morgen, lieber Emanuel! Geſtern hat meine Frau ge-20 ſchrieben und meinen Brief, der 5 Tage ging wie ihrer, am Tage der Ankunft beantwortet. Meine geſtrige Antwort hab’ ich in [das] unfrankierende Nebenfach geworfen; es ging doch ab? — Sie iſt wol, ſehnt ſich aber unendlich zurück. Geiſtig iſt Minna noch nicht hergeſtellt; ſie ſoll zu ihrem Vater, wohin C[aroline] (wenn ich25 ja ſage) ſie begleiten und dann mit demſelben Wagen wieder um- kehren will. Eben ſo leicht könnte ſie den Wagen ſelber ziehen.
415. An Emanuel.
[Bayreuth, 26. Dez. 1810]
Ich ſage zum Briefe M[umme]’s, daß er darin eine über ſein30 Alter gehende Sprachkenntnis (einige orthographiſche Fehler aus- genommen, z. B. Auqu’un, embresser) und treffliche Hand und recht viel Verſtand des Ausdrucks (Empfindung etwas weniger) gezeigt hat.
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0178"n="165"/><hirendition="#aq">Antonie</hi>ſchickte dir 2 Strumpfbänder und eine <hirendition="#aq">Chemisette.</hi>— Ich<lb/>
wünſchte, ich wüßte über deine Zurückreiſe die Mittel. Gib in dieſen<lb/>
Diebs Zeiten recht auf das Anbinden und unterwegs auf das Bleiben<lb/>
des Koffers Acht; und fahre ſo wenig als möglich Nachts. Sogar<lb/>
in der Brandenburger Alle[e] wurde Abends ein Koffer abgeſchnitten;<lbn="5"/>
und einem Beamten in <hirendition="#aq">Berneck</hi> in der Amtsſtube das Amtsgeld<lb/>
abgezwungen. — Dein Vater hat die Rückſicht auf mein Kapital<lb/>
für <hirendition="#aq">Minna</hi> vergeſſen; jetzt hat ſie vom <hirendition="#aq">Richterschen,</hi> das ſie nicht<lb/>
angreifen wollte, ſchon 500 rtl. genommen und noch teſtiert: denke<lb/>
bei ihm oder ihr an mein Recht. — Nach deinem Bericht heilt ſie<lbn="10"/>
langſam oder kaum; folglich kannſt du durchaus nicht dein Bleiben<lb/>
nach ihrem Wahnſinn einrichten. —<hirendition="#aq">Emanuel</hi> wünſcht als der<lb/>
Alles-Liebende, du möchteſt bei deiner Durchfahrt durch <hirendition="#aq">Gera</hi> dem<lb/>
blinden <hirendition="#aq">Sachse</hi> die Himmels-Stunde deiner Erſcheinung geben:<lb/>
gib ſie ihm, wenn es ſonſt geht.<lbn="15"/></p><p><hirendition="#aq">Messerschmidts</hi> flatternde Blüten ſetzen viel Früchte voraus und<lb/>
gefielen mir ſehr.</p></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>414. An <hirendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right">[Bayreuth, 26. Dez. 1810]</hi></dateline><lb/><p>Guten Morgen, lieber <hirendition="#aq">Emanuel!</hi> Geſtern hat meine Frau ge-<lbn="20"/>ſchrieben und meinen Brief, der 5 Tage ging wie ihrer, am Tage<lb/>
der Ankunft beantwortet. Meine geſtrige Antwort hab’ ich in [das]<lb/>
unfrankierende Nebenfach geworfen; es ging doch ab? — Sie iſt<lb/>
wol, ſehnt ſich aber unendlich zurück. Geiſtig iſt Minna noch nicht<lb/>
hergeſtellt; ſie ſoll zu ihrem Vater, wohin <hirendition="#aq">C[aroline]</hi> (wenn ich<lbn="25"/>
ja ſage) ſie begleiten und dann mit demſelben Wagen wieder um-<lb/>
kehren will. Eben ſo leicht könnte ſie den Wagen ſelber ziehen.</p></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>415. An <hirendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right">[Bayreuth, 26. Dez. 1810]</hi></dateline><lb/><p>Ich ſage zum Briefe <hirendition="#aq">M[umme]’s,</hi> daß er darin eine über ſein<lbn="30"/>
Alter gehende Sprachkenntnis (einige orthographiſche Fehler aus-<lb/>
genommen, z. B. <hirendition="#aq">Auqu’un, embresser</hi>) und treffliche Hand und<lb/>
recht viel Verſtand des Ausdrucks (Empfindung etwas weniger)<lb/>
gezeigt hat.</p></div><lb/></body></text></TEI>
[165/0178]
Antonie ſchickte dir 2 Strumpfbänder und eine Chemisette. — Ich
wünſchte, ich wüßte über deine Zurückreiſe die Mittel. Gib in dieſen
Diebs Zeiten recht auf das Anbinden und unterwegs auf das Bleiben
des Koffers Acht; und fahre ſo wenig als möglich Nachts. Sogar
in der Brandenburger Alle[e] wurde Abends ein Koffer abgeſchnitten; 5
und einem Beamten in Berneck in der Amtsſtube das Amtsgeld
abgezwungen. — Dein Vater hat die Rückſicht auf mein Kapital
für Minna vergeſſen; jetzt hat ſie vom Richterschen, das ſie nicht
angreifen wollte, ſchon 500 rtl. genommen und noch teſtiert: denke
bei ihm oder ihr an mein Recht. — Nach deinem Bericht heilt ſie 10
langſam oder kaum; folglich kannſt du durchaus nicht dein Bleiben
nach ihrem Wahnſinn einrichten. — Emanuel wünſcht als der
Alles-Liebende, du möchteſt bei deiner Durchfahrt durch Gera dem
blinden Sachse die Himmels-Stunde deiner Erſcheinung geben:
gib ſie ihm, wenn es ſonſt geht. 15
Messerschmidts flatternde Blüten ſetzen viel Früchte voraus und
gefielen mir ſehr.
414. An Emanuel.
[Bayreuth, 26. Dez. 1810]
Guten Morgen, lieber Emanuel! Geſtern hat meine Frau ge- 20
ſchrieben und meinen Brief, der 5 Tage ging wie ihrer, am Tage
der Ankunft beantwortet. Meine geſtrige Antwort hab’ ich in [das]
unfrankierende Nebenfach geworfen; es ging doch ab? — Sie iſt
wol, ſehnt ſich aber unendlich zurück. Geiſtig iſt Minna noch nicht
hergeſtellt; ſie ſoll zu ihrem Vater, wohin C[aroline] (wenn ich 25
ja ſage) ſie begleiten und dann mit demſelben Wagen wieder um-
kehren will. Eben ſo leicht könnte ſie den Wagen ſelber ziehen.
415. An Emanuel.
[Bayreuth, 26. Dez. 1810]
Ich ſage zum Briefe M[umme]’s, daß er darin eine über ſein 30
Alter gehende Sprachkenntnis (einige orthographiſche Fehler aus-
genommen, z. B. Auqu’un, embresser) und treffliche Hand und
recht viel Verſtand des Ausdrucks (Empfindung etwas weniger)
gezeigt hat.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/178>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.