Ew. hab' ich auf Ihr werthes v. 30 Okt. zu antworten:
Erstlich hab' ich nie die Erbschaft meiner Mutter angetreten, weil keine da war, indem sie selber wie mein jüngster Bruder die5 10 letzten Jahre ihres Lebens von mir erhalten wurde und sie zu- letzt auf meine Kosten beerdigt. Daher auch, obgleich mein mino- renner Bruder nebst 2 andern noch lebte, die Obrigkeit keine Notiz von dem leeren Trauerhause genommen. Den minorennen, der nun todt ist, nahm ich sogleich nach Leipzig mit, um ihn studieren zu10 lassen. Folglich hab' ich keine Verpflichtung zur Bezahlung der Schuld, nämlich auch nur des 4 Theils derselben.
Denn zweitens unserer Brüder waren bei der Mutter Tode, wie schon gesagt, vier.
Drittens -- was die Sache entscheidet -- hab' ich aus meinem15 Beutel die Schuld bei Lebzeiten meiner Mutter aus Liebe gegen diese und gegen meinen alten Lehrer bezahlt. Der Beweis ist ein eigenhändiger Brief des seel. Werners selber, den Sie bei Herrn Superintendent V[ogel] einsehen und konfrontieren können. Zurück gefodert hab' ich den Schuldschein nicht, weil ich gar nicht wußte,25 daß einer da war, indem ich mich zur Zeit seiner Ausstellung 1781 in Leipzig als Student befand. Mithin kann ich so wenig etwas zahlen als mein nachfolgender [?] Bruder, ein Balbiergesell, der ohnehin nichts hat etc.
383. An Superintendent Vogel in Wunsiedel.25
Leider eiligBayreuth d. 10. Nov. 1810
Verehrtester Herr Superintendent! Nach langer körperlicher und schriftlicher Abwesenheit von Ihnen unterbrech' ich wenigstens die letztere; und zwar durch eine Bitte. Ich übergebe in Ihre Hände die Quittung des Rekt. Werners über eine bezahlte Schuld meiner30 Mutter, welche Schuld der Advokat Dürrschmidt von mir zum zweiten male bezahlt verlangt. Das Übrige werden Sie aus meinem offnen Briefe an Dürrschmidt lesen, (den ich erst Sie zu siegeln
382. An Advokat Dürrſchmidt in Wunſiedel.
[Kopie][Bayreuth, 10. Nov. 1810]
Ew. hab’ ich auf Ihr werthes v. 30 Okt. zu antworten:
Erſtlich hab’ ich nie die Erbſchaft meiner Mutter angetreten, weil keine da war, indem ſie ſelber wie mein jüngſter Bruder die5 10 letzten Jahre ihres Lebens von mir erhalten wurde und ſie zu- letzt auf meine Koſten beerdigt. Daher auch, obgleich mein mino- renner Bruder nebſt 2 andern noch lebte, die Obrigkeit keine Notiz von dem leeren Trauerhauſe genommen. Den minorennen, der nun todt iſt, nahm ich ſogleich nach Leipzig mit, um ihn ſtudieren zu10 laſſen. Folglich hab’ ich keine Verpflichtung zur Bezahlung der Schuld, nämlich auch nur des 4 Theils derſelben.
Denn zweitens unſerer Brüder waren bei der Mutter Tode, wie ſchon geſagt, vier.
Drittens — was die Sache entſcheidet — hab’ ich aus meinem15 Beutel die Schuld bei Lebzeiten meiner Mutter aus Liebe gegen dieſe und gegen meinen alten Lehrer bezahlt. Der Beweis iſt ein eigenhändiger Brief des ſeel. Werners ſelber, den Sie bei Herrn Superintendent V[ogel] einſehen und konfrontieren können. Zurück gefodert hab’ ich den Schuldſchein nicht, weil ich gar nicht wußte,25 daß einer da war, indem ich mich zur Zeit ſeiner Ausſtellung 1781 in Leipzig als Student befand. Mithin kann ich ſo wenig etwas zahlen als mein nachfolgender [?] Bruder, ein Balbiergeſell, der ohnehin nichts hat ꝛc.
383. An Superintendent Vogel in Wunſiedel.25
Leider eiligBayreuth d. 10. Nov. 1810
Verehrteſter Herr Superintendent! Nach langer körperlicher und ſchriftlicher Abweſenheit von Ihnen unterbrech’ ich wenigſtens die letztere; und zwar durch eine Bitte. Ich übergebe in Ihre Hände die Quittung des Rekt. Werners über eine bezahlte Schuld meiner30 Mutter, welche Schuld der Advokat Dürrschmidt von mir zum zweiten male bezahlt verlangt. Das Übrige werden Sie aus meinem offnen Briefe an Dürrschmidt leſen, (den ich erſt Sie zu ſiegeln
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[148/0161]
382. An Advokat Dürrſchmidt in Wunſiedel.
[Bayreuth, 10. Nov. 1810]
Ew. hab’ ich auf Ihr werthes v. 30 Okt. zu antworten:
Erſtlich hab’ ich nie die Erbſchaft meiner Mutter angetreten,
weil keine da war, indem ſie ſelber wie mein jüngſter Bruder die 5
10 letzten Jahre ihres Lebens von mir erhalten wurde und ſie zu-
letzt auf meine Koſten beerdigt. Daher auch, obgleich mein mino-
renner Bruder nebſt 2 andern noch lebte, die Obrigkeit keine Notiz
von dem leeren Trauerhauſe genommen. Den minorennen, der nun
todt iſt, nahm ich ſogleich nach Leipzig mit, um ihn ſtudieren zu 10
laſſen. Folglich hab’ ich keine Verpflichtung zur Bezahlung der
Schuld, nämlich auch nur des 4 Theils derſelben.
Denn zweitens unſerer Brüder waren bei der Mutter Tode,
wie ſchon geſagt, vier.
Drittens — was die Sache entſcheidet — hab’ ich aus meinem 15
Beutel die Schuld bei Lebzeiten meiner Mutter aus Liebe gegen
dieſe und gegen meinen alten Lehrer bezahlt. Der Beweis iſt ein
eigenhändiger Brief des ſeel. Werners ſelber, den Sie bei Herrn
Superintendent V[ogel] einſehen und konfrontieren können. Zurück
gefodert hab’ ich den Schuldſchein nicht, weil ich gar nicht wußte, 25
daß einer da war, indem ich mich zur Zeit ſeiner Ausſtellung 1781
in Leipzig als Student befand. Mithin kann ich ſo wenig etwas
zahlen als mein nachfolgender [?] Bruder, ein Balbiergeſell, der
ohnehin nichts hat ꝛc.
383. An Superintendent Vogel in Wunſiedel. 25
Bayreuth d. 10. Nov. 1810
Verehrteſter Herr Superintendent! Nach langer körperlicher und
ſchriftlicher Abweſenheit von Ihnen unterbrech’ ich wenigſtens die
letztere; und zwar durch eine Bitte. Ich übergebe in Ihre Hände
die Quittung des Rekt. Werners über eine bezahlte Schuld meiner 30
Mutter, welche Schuld der Advokat Dürrschmidt von mir zum
zweiten male bezahlt verlangt. Das Übrige werden Sie aus meinem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/161>, abgerufen am 04.12.2024.
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