Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952.309. An Emanuel. [Bayreuth, 21. Juli 1810]Ich habe Ihnen außer Odilien nichts zu schicken als einen guten R. 310. An Otto. [Bayreuth, 22. Juli 1810]10Guten Morgen, liber Geschichter und Spracher! Mein prach- N. S. Recht hat er meistens, aber leider usus tyrannus. Alle 311. An Achim von Arnim in Berlin.20 Bayreuth d. 22. Jul. 1810Haben Sie herzlichen deutschen Dank für Ihre ächtdeutsche *) Ihre vis comica übertrift die Tiekische durch ihre altdeutsche Originalität
und durch warme Karnazion vermittelst der Phantasie, gegen Tieks komische Skelette vermittelst des Verstandes. 309. An Emanuel. [Bayreuth, 21. Juli 1810]Ich habe Ihnen außer Odilien nichts zu ſchicken als einen guten R. 310. An Otto. [Bayreuth, 22. Juli 1810]10Guten Morgen, liber Geſchichter und Spracher! Mein prach- N. S. Recht hat er meiſtens, aber leider usus tyrannus. Alle 311. An Achim von Arnim in Berlin.20 Bayreuth d. 22. Jul. 1810Haben Sie herzlichen deutſchen Dank für Ihre ächtdeutſche *) Ihre vis comica übertrift die Tiekiſche durch ihre altdeutſche Originalität
und durch warme Karnazion vermittelſt der Phantaſie, gegen Tieks komiſche Skelette vermittelſt des Verſtandes. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0134" n="121"/> <div type="letter" n="1"> <head>309. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 21. Juli 1810]</hi> </dateline><lb/> <p>Ich habe Ihnen außer <hi rendition="#aq">Odilien</hi> nichts zu ſchicken als einen guten<lb/> Morgen und einen großen Dank für die drei Gläſer, wovon ich<lb/> freilich neben Ihnen auf dem Kanap<hi rendition="#aq">é</hi>e den beſten Gebrauch machen<lb n="5"/> könnte. So bedeutete dießmal wie immer das Zerbrechen der Gläſer<lb/> bei Dachbaureden und bei luſtigen Gelagen etwas Gutes, nämlich<lb/> 3 neue.</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">R.</hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>310. An <hi rendition="#g">Otto.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 22. Juli 1810]</hi> </dateline> <lb n="10"/> <p>Guten Morgen, liber Geſchichter und Spracher! Mein prach-<lb/> tiger <hi rendition="#aq">Cotta</hi> hat mich wider mit Muntsſtücken bevolkt. — Ich<lb/> wunſchte, das du das, was <hi rendition="#aq">Wolke</hi> gegen die Worterfuscher grund-<lb/> lich oflich geſchöpfert, ohne Lacheln läſeſt. Vile Staben ſind auffallig<lb/> verfalſcht. Schick’ es nur morgen wider. Gruse Amone, die ſo wol<lb n="15"/> Leſin als Leſerin iſt, wie du ſo wol Schriftſtellinner als Schriftſteller.</p><lb/> <p>N. S. Recht hat er meiſtens, aber leider <hi rendition="#aq">usus tyrannus.</hi> Alle<lb/> ſachsiſche und andere Schrifteller der Welt werden nicht über eine<lb/> gantse fuschende Volkſchaft, gesweige ein Volk Her.</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>311. An <hi rendition="#g">Achim von Arnim in Berlin.</hi><lb n="20"/> </head> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Bayreuth</hi> d. 22. Jul. 1810</hi> </dateline><lb/> <p>Haben Sie herzlichen deutſchen Dank für Ihre ächtdeutſche<lb/> Schöpfung, d. h. für Ihre altdeutſche. Schon aus dem Winter-<lb/> garten, aber noch mehr aus der Dolores-Geſchichte errieth ich,<lb/> daß Sie das Meiſterſtück des Bärenhäuters gemacht, das mir<lb n="25"/> immer wieder gefällt, obgleich ich und <hi rendition="#aq">Cotta</hi> darin vorkommen.<lb/> Sie halten die Lachmuſkeln der Leſer wie Zügel in der Hand und<lb/> machen mit deren Geſichtern was Sie wollen. Gäben Sie doch<lb/> einmal ein langes blos komiſches Werk!<note place="foot" n="*)">Ihre <hi rendition="#aq">vis comica</hi> übertrift die Tiekiſche durch ihre altdeutſche Originalität<lb/> und durch warme Karnazion vermittelſt der Phantaſie, gegen Tieks komiſche<lb/> Skelette vermittelſt des Verſtandes.</note> — Ihre Charaktere<lb/> ſind ſcharf wie in Stein geſchnitten; und oft ein einziges phyſiogno-<lb n="30"/> miſches Beiwort (wie der <hi rendition="#g">fiſchköpfige</hi> Primaner) hält einen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [121/0134]
309. An Emanuel.
[Bayreuth, 21. Juli 1810]
Ich habe Ihnen außer Odilien nichts zu ſchicken als einen guten
Morgen und einen großen Dank für die drei Gläſer, wovon ich
freilich neben Ihnen auf dem Kanapée den beſten Gebrauch machen 5
könnte. So bedeutete dießmal wie immer das Zerbrechen der Gläſer
bei Dachbaureden und bei luſtigen Gelagen etwas Gutes, nämlich
3 neue.
R.
310. An Otto.
[Bayreuth, 22. Juli 1810] 10
Guten Morgen, liber Geſchichter und Spracher! Mein prach-
tiger Cotta hat mich wider mit Muntsſtücken bevolkt. — Ich
wunſchte, das du das, was Wolke gegen die Worterfuscher grund-
lich oflich geſchöpfert, ohne Lacheln läſeſt. Vile Staben ſind auffallig
verfalſcht. Schick’ es nur morgen wider. Gruse Amone, die ſo wol 15
Leſin als Leſerin iſt, wie du ſo wol Schriftſtellinner als Schriftſteller.
N. S. Recht hat er meiſtens, aber leider usus tyrannus. Alle
ſachsiſche und andere Schrifteller der Welt werden nicht über eine
gantse fuschende Volkſchaft, gesweige ein Volk Her.
311. An Achim von Arnim in Berlin. 20
Bayreuth d. 22. Jul. 1810
Haben Sie herzlichen deutſchen Dank für Ihre ächtdeutſche
Schöpfung, d. h. für Ihre altdeutſche. Schon aus dem Winter-
garten, aber noch mehr aus der Dolores-Geſchichte errieth ich,
daß Sie das Meiſterſtück des Bärenhäuters gemacht, das mir 25
immer wieder gefällt, obgleich ich und Cotta darin vorkommen.
Sie halten die Lachmuſkeln der Leſer wie Zügel in der Hand und
machen mit deren Geſichtern was Sie wollen. Gäben Sie doch
einmal ein langes blos komiſches Werk! *) — Ihre Charaktere
ſind ſcharf wie in Stein geſchnitten; und oft ein einziges phyſiogno- 30
miſches Beiwort (wie der fiſchköpfige Primaner) hält einen
*) Ihre vis comica übertrift die Tiekiſche durch ihre altdeutſche Originalität
und durch warme Karnazion vermittelſt der Phantaſie, gegen Tieks komiſche
Skelette vermittelſt des Verſtandes.
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(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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