Sehr guten Morgen, lieber Emanuel! Sie könnten mir wol einen Gefallen thun, da ich morgen Bier abziehe und so viele Krüge mit Wein besetzt habe, wenn Sie mir, da in einen vollen nichts mehr geht,5 gegen diesen (den Sie dabei mit Thieriot auskosten können) einen leeren schickten. Mir ists unmöglich in so kurzer Frist so viele zu leeren zu leeren -- ein Paar ists Höchste -- Guten Morgen!
204. An Emanuel.
[Bayreuth, 21. März 1806]10
Alter, Ältester beinahe im Geiste! Blumen berauschen, zumal, wenn der Tag es schon vorher that. Durch diese Musik der Frühlings- welt -- und volends meine 2 Lieblingsblüten -- haben Sie alles so gesagt wie Sie es pflegen, nämlich unmittelbar aus Seele in Seele, Duft durch Duft. Gott gebe, daß ich so lange lebe bis heute15 Abends. --
N. S. Eben schrieb ich vorher an Sie, als es ankam -- Das Blatt bringt ein Hund.
205. An Thomas Beddoes in London.
[Kopie]
[Bayreuth, 21. März 1806]20
-- Hätte Ihr Brief auch nicht den Werth seines Inhalts und seines Verfassers: so würde er mir doch schon, wie jedem alles Erste -- die erste Liebe, der Morgen, der Frühling, die Erstgeburt -- die größte Freude gewährt haben. -- Unendlich angenehm ist es mir, wenn ich von dem großen Kapital des Vergnügens, das ich den eng-25 lischen Schriftstellern schuldig bin, einige Zinsen an Sie abgetragen habe. Ihr Sterne und Swift -- dieses Zwillingsgestirn des Humors -- waren meine wegweisenden Sterne, und Shakespeare -- die magna charta des Theaters für Deutsch[land] -- anfangs mein Geliebter, dann mein Gott. Den Deutschen ist Homer der erste30 Dichter, Shakespeare der 2te. -- -- Nur Ihrer Nazion bin [ich] faßlich und verwandt (wie der Sachse dem Angelsachsen) -- herrliche Insel, Solitaire der Freiheit in Wasser gefaßt -- Apoll ist ja der Gott der Dichter und der Aerzte. -- Ein Buch, das einer leichten Übersetzung fähig ist, ist keiner würdig.35
203. An Emanuel.
[Bayreuth, 19. März 1806]
Sehr guten Morgen, lieber Emanuel! Sie könnten mir wol einen Gefallen thun, da ich morgen Bier abziehe und ſo viele Krüge mit Wein beſetzt habe, wenn Sie mir, da in einen vollen nichts mehr geht,5 gegen dieſen (den Sie dabei mit Thieriot auskoſten können) einen leeren ſchickten. Mir iſts unmöglich in ſo kurzer Friſt ſo viele zu leeren zu leeren — ein Paar iſts Höchſte — Guten Morgen!
204. An Emanuel.
[Bayreuth, 21. März 1806]10
Alter, Älteſter beinahe im Geiſte! Blumen berauſchen, zumal, wenn der Tag es ſchon vorher that. Durch dieſe Muſik der Frühlings- welt — und volends meine 2 Lieblingsblüten — haben Sie alles ſo geſagt wie Sie es pflegen, nämlich unmittelbar aus Seele in Seele, Duft durch Duft. Gott gebe, daß ich ſo lange lebe bis heute15 Abends. —
N. S. Eben ſchrieb ich vorher an Sie, als es ankam — Das Blatt bringt ein Hund.
205. An Thomas Beddoes in London.
[Kopie]
[Bayreuth, 21. März 1806]20
— Hätte Ihr Brief auch nicht den Werth ſeines Inhalts und ſeines Verfaſſers: ſo würde er mir doch ſchon, wie jedem alles Erſte — die erſte Liebe, der Morgen, der Frühling, die Erſtgeburt — die größte Freude gewährt haben. — Unendlich angenehm iſt es mir, wenn ich von dem großen Kapital des Vergnügens, das ich den eng-25 liſchen Schriftſtellern ſchuldig bin, einige Zinſen an Sie abgetragen habe. Ihr Sterne und Swift — dieſes Zwillingsgeſtirn des Humors — waren meine wegweiſenden Sterne, und Shakeſpeare — die magna charta des Theaters für Deutſch[land] — anfangs mein Geliebter, dann mein Gott. Den Deutſchen iſt Homer der erſte30 Dichter, Shakeſpeare der 2te. — — Nur Ihrer Nazion bin [ich] faßlich und verwandt (wie der Sachſe dem Angelſachſen) — herrliche Inſel, Solitaire der Freiheit in Waſſer gefaßt — Apoll iſt ja der Gott der Dichter und der Aerzte. — Ein Buch, das einer leichten Überſetzung fähig iſt, iſt keiner würdig.35
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203. An Emanuel.
[Bayreuth, 19. März 1806]
Sehr guten Morgen, lieber Emanuel! Sie könnten mir wol einen
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gegen dieſen (den Sie dabei mit Thieriot auskoſten können) einen
leeren ſchickten. Mir iſts unmöglich in ſo kurzer Friſt ſo viele zu
leeren zu leeren — ein Paar iſts Höchſte — Guten Morgen!
204. An Emanuel.
[Bayreuth, 21. März 1806] 10
Alter, Älteſter beinahe im Geiſte! Blumen berauſchen, zumal,
wenn der Tag es ſchon vorher that. Durch dieſe Muſik der Frühlings-
welt — und volends meine 2 Lieblingsblüten — haben Sie alles
ſo geſagt wie Sie es pflegen, nämlich unmittelbar aus Seele in
Seele, Duft durch Duft. Gott gebe, daß ich ſo lange lebe bis heute 15
Abends. —
N. S. Eben ſchrieb ich vorher an Sie, als es ankam — Das Blatt
bringt ein Hund.
205. An Thomas Beddoes in London.
[Kopie][Bayreuth, 21. März 1806] 20
— Hätte Ihr Brief auch nicht den Werth ſeines Inhalts und
ſeines Verfaſſers: ſo würde er mir doch ſchon, wie jedem alles Erſte —
die erſte Liebe, der Morgen, der Frühling, die Erſtgeburt — die
größte Freude gewährt haben. — Unendlich angenehm iſt es mir,
wenn ich von dem großen Kapital des Vergnügens, das ich den eng- 25
liſchen Schriftſtellern ſchuldig bin, einige Zinſen an Sie abgetragen
habe. Ihr Sterne und Swift — dieſes Zwillingsgeſtirn des Humors
— waren meine wegweiſenden Sterne, und Shakeſpeare — die
magna charta des Theaters für Deutſch[land] — anfangs mein
Geliebter, dann mein Gott. Den Deutſchen iſt Homer der erſte 30
Dichter, Shakeſpeare der 2te. — — Nur Ihrer Nazion bin [ich]
faßlich und verwandt (wie der Sachſe dem Angelſachſen) — herrliche
Inſel, Solitaire der Freiheit in Waſſer gefaßt — Apoll iſt ja der
Gott der Dichter und der Aerzte. — Ein Buch, das einer leichten
Überſetzung fähig iſt, iſt keiner würdig. 35
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/99>, abgerufen am 16.02.2025.
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