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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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der Bitte um die rechte Übergabe, sogar um die in Baiern übliche
Courtoisie. In jedem Falle erwart' ich also deinen Brief, wenn
nicht vor, doch mit dem Kriege; folglich Gegengift mit Gift. --

Meine Erziehungslehre wird mir schwer, da ich weder in den
aufsteigenden noch niedersteigenden Humor Enthusiasmus darin5
gerathen darf, sondern in der Mitte der Ruhe und ewiger Sentenzen
bleiben muß.

Über die Vorschule -- das Freiheitsbüchlein etc. wünscht' ich wol
dein Wort -- hier hör' ich nicht einmal ein mattes, geschweige ein
heißes.10

O wie wirft sich die Zeit durcheinander, Heinrich! Und immer
bereitet ein Chaos nur ein neues vor! Wahrlich nur die Buchläden
sind die Kasematten der Zeit; über den chaotischen Wassern schwebt
der gedruckte Geist. Ohne Bücher wäre die verdorbne Welt -- die
sich nicht immerfort, wie sonst, mit Völker-Quellen aus Norden er-15
frischen kann und die zuletzt keine andern Natur-Wilden zur Lehre
und Wehre mehr haben wird als die sie selber erzeugt unter dem
Namen Kinder -- zugleich eine verlorne Welt; eine gerichtete ohne
Auferstehung.

Aber Licht wird zuletzt alles besiegen, nicht nur das Feuer.20

Was wäre nicht zu sagen, oder gar zu hören, Lieber, wenn ich
an deinem Tische säße, oder du an meinem?

Sage nur du jetzt etwas schnell, damit ich vergesse, daß du mir
Pol-Geiste vorüber gegangen, wie ein Venus-Durchgang, nur am
Aequator ersichtlich. Schreibe!25

Ich grüße dich und deine [Schwestern] mit herzlicher Liebe!

J. P. F. Richter
178. An Emanuel.

Guten kürzesten Tag! Vater [Voelderndorff] und Kinder, lehrende30
und hörende gefielen mir so sehr und gaben mir so viele Freude, als
der ebene Rektor Engelhardt nur erkälten kann. -- Wir haben uns
lange nicht gesehen -- d. h. gesprochen, mein Emanuel.

R.

N. S. Mein Bruder hat zwar die Hosen; aber den silbernen35
Löffel mußte er und vorher der Jude ihm, wieder hergeben.

der Bitte um die rechte Übergabe, ſogar um die in Baiern übliche
Courtoisie. In jedem Falle erwart’ ich alſo deinen Brief, wenn
nicht vor, doch mit dem Kriege; folglich Gegengift mit Gift. —

Meine Erziehungslehre wird mir ſchwer, da ich weder in den
aufſteigenden noch niederſteigenden 〈Humor〉 Enthuſiaſmus darin5
gerathen darf, ſondern in der Mitte der Ruhe und ewiger Sentenzen
bleiben muß.

Über die Vorſchule — das Freiheitsbüchlein ꝛc. wünſcht’ ich wol
dein Wort — hier hör’ ich nicht einmal ein mattes, geſchweige ein
heißes.10

O wie wirft ſich die Zeit durcheinander, Heinrich! Und immer
bereitet ein Chaos nur ein neues vor! Wahrlich nur die Buchläden
ſind die Kaſematten der Zeit; über den chaotiſchen Waſſern ſchwebt
der gedruckte Geiſt. Ohne Bücher wäre die verdorbne Welt — die
ſich nicht immerfort, wie ſonſt, mit Völker-Quellen aus Norden er-15
friſchen kann und die zuletzt keine andern Natur-Wilden zur Lehre
und Wehre mehr haben wird als die ſie ſelber erzeugt unter dem
Namen Kinder — zugleich eine verlorne Welt; eine gerichtete ohne
Auferſtehung.

Aber Licht wird zuletzt alles beſiegen, nicht nur das Feuer.20

Was wäre nicht zu ſagen, oder gar zu hören, Lieber, wenn ich
an deinem Tiſche ſäße, oder du an meinem?

Sage nur du jetzt etwas ſchnell, damit ich vergeſſe, daß du mir
Pol-Geiſte vorüber gegangen, wie ein Venus-Durchgang, nur am
Aequator erſichtlich. Schreibe!25

Ich grüße dich und deine [Schweſtern] mit herzlicher Liebe!

J. P. F. Richter
178. An Emanuel.

Guten kürzeſten Tag! Vater [Voelderndorff] und Kinder, lehrende30
und hörende gefielen mir ſo ſehr und gaben mir ſo viele Freude, als
der ebene Rektor Engelhardt nur erkälten kann. — Wir haben uns
lange nicht geſehen — d. h. geſprochen, mein Emanuel.

R.

N. S. Mein Bruder hat zwar die Hoſen; aber den ſilbernen35
Löffel mußte er und vorher der Jude ihm, wieder hergeben.

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[72/0087] der Bitte um die rechte Übergabe, ſogar um die in Baiern übliche Courtoisie. In jedem Falle erwart’ ich alſo deinen Brief, wenn nicht vor, doch mit dem Kriege; folglich Gegengift mit Gift. — Meine Erziehungslehre wird mir ſchwer, da ich weder in den aufſteigenden noch niederſteigenden 〈Humor〉 Enthuſiaſmus darin 5 gerathen darf, ſondern in der Mitte der Ruhe und ewiger Sentenzen bleiben muß. Über die Vorſchule — das Freiheitsbüchlein ꝛc. wünſcht’ ich wol dein Wort — hier hör’ ich nicht einmal ein mattes, geſchweige ein heißes. 10 O wie wirft ſich die Zeit durcheinander, Heinrich! Und immer bereitet ein Chaos nur ein neues vor! Wahrlich nur die Buchläden ſind die Kaſematten der Zeit; über den chaotiſchen Waſſern ſchwebt der gedruckte Geiſt. Ohne Bücher wäre die verdorbne Welt — die ſich nicht immerfort, wie ſonſt, mit Völker-Quellen aus Norden er- 15 friſchen kann und die zuletzt keine andern Natur-Wilden zur Lehre und Wehre mehr haben wird als die ſie ſelber erzeugt unter dem Namen Kinder — zugleich eine verlorne Welt; eine gerichtete ohne Auferſtehung. Aber Licht wird zuletzt alles beſiegen, nicht nur das Feuer. 20 Was wäre nicht zu ſagen, oder gar zu hören, Lieber, wenn ich an deinem Tiſche ſäße, oder du an meinem? Sage nur du jetzt etwas ſchnell, damit ich vergeſſe, daß du mir Pol-Geiſte vorüber gegangen, wie ein Venus-Durchgang, nur am Aequator erſichtlich. Schreibe! 25 Ich grüße dich und deine [Schweſtern] mit herzlicher Liebe! J. P. F. Richter 178. An Emanuel. [Bayreuth, 22. Dez. 1805] Guten kürzeſten Tag! Vater [Voelderndorff] und Kinder, lehrende 30 und hörende gefielen mir ſo ſehr und gaben mir ſo viele Freude, als der ebene Rektor Engelhardt nur erkälten kann. — Wir haben uns lange nicht geſehen — d. h. geſprochen, mein Emanuel. R. N. S. Mein Bruder hat zwar die Hoſen; aber den ſilbernen 35 Löffel mußte er und vorher der Jude ihm, wieder hergeben.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/87>, abgerufen am 25.11.2024.