Ihre Hoffmann gewinnt und reitzt mich in jedem Briefe mehr. Ich freue mich auf, wenigstens über sie. --
Nur mehr Papier!!
Richter
P. S. Im Mai komm' ich wie gesagt nicht -- -- -- -- -- -- --
100. An Hardenberg in Wunsiedel.5
[Kopie]
[Bayreuth, 2. Mai 1805]
Erlauben Sie mir, in Ihre Ehrenpforte noch einige Zwick- steinchen einzuschieben. Philemon und Baucis müssen -- wenn sie gesagt haben, daß ihnen Pluto erlaubt habe, das Elysium weniger zu verlassen als zu vertauschen, da sie es hier oben wieder10 fänden -- doch ihre 2te Verwandlung motivieren, etwa so daß sie das Vergnügen, als Griechen Götter zu bewirthen, gern in das höhere verwandeln, einem solchen König als Ritter anzugehören, oder so daß zu Baucis Jupiter ohne Gött[innen] kam, jetzt aber mit ihnen. -- etc. Nämlich es sängen etwa so viele Berggött[innen] als15 Er Berge bestiegen hatte und besteigen will; sie und die Najaden freuen in wechselnden Chören sich über sein Kommen und die gemeinschaftliche[?] Königinn: Er macht den Berg zum Thron, Sie macht den Berg zum Olymp. Die Oreaden wollen die Najaden be- siegen, weil jene aus ihrer Tiefe Ihm die Göttinn des Gesund-20 brunnens ihn zu empfangen zugesandt und Er bei ihr am längsten weilt. Die Najaden sagen, daß eine von ihnen Ihn am weitesten begleite, bis ihre Schwestergöttinn Ihn aufnehme. Dann mögen beide diesen Frieden schließen: vor Ihm sind wir alle gleich, denn wir sind alle glücklich, und wenn Er geht, so werden es unsere Schwester-25 Göttinnen -- einfache Anspielungen in deutschen Wulst verstecken.
101. An Jacobi in Eutin.
Bayreuth d. 15. Apr. 1805.
Lieber Heinrich! So sehr viel frag' ich eben nicht darnach, daß mir Perthes meine Hoffnung, dich hier zu sehen, todtgemacht; denn30 sie war mehr ein Fötus als ein ausgewachsenes Kind meines Wunsches nach dir. Ich kann mir bei deiner von Seelen und Nerven unterwegs bestürmten Reitzbarkeit leicht denken, daß du -- da du durch deine Jugend zurück reisest und überall wie ein Wanderer nach Rom, Denkmählern begegnest und neuen Freunden zu alten -- in München35
Ihre Hoffmann gewinnt und reitzt mich in jedem Briefe mehr. Ich freue mich auf, wenigſtens über ſie. —
Nur mehr Papier!!
Richter
P. S. Im Mai komm’ ich wie geſagt nicht — — — — — — —
100. An Hardenberg in Wunſiedel.5
[Kopie]
[Bayreuth, 2. Mai 1805]
Erlauben Sie mir, in Ihre Ehrenpforte noch einige Zwick- ſteinchen einzuſchieben. Philemon und Baucis müſſen — wenn ſie geſagt haben, daß ihnen Pluto erlaubt habe, das Elyſium weniger zu verlaſſen als zu vertauſchen, da ſie es hier oben wieder10 fänden — doch ihre 2te Verwandlung motivieren, etwa ſo daß ſie das Vergnügen, als Griechen Götter zu bewirthen, gern in das höhere verwandeln, einem ſolchen König als Ritter anzugehören, oder ſo daß zu Baucis Jupiter ohne Gött[innen] kam, jetzt aber mit ihnen. — ꝛc. Nämlich es ſängen etwa ſo viele Berggött[innen] als15 Er Berge beſtiegen hatte und beſteigen will; ſie und die Najaden freuen in wechſelnden Chören ſich über ſein Kommen und die gemeinſchaftliche[?] Königinn: Er macht den Berg zum Thron, Sie macht den Berg zum Olymp. Die Oreaden wollen die Najaden be- ſiegen, weil jene aus ihrer Tiefe Ihm die Göttinn des Geſund-20 brunnens ihn zu empfangen zugeſandt und Er bei ihr am längſten weilt. Die Najaden ſagen, daß eine von ihnen Ihn am weiteſten begleite, bis ihre Schweſtergöttinn Ihn aufnehme. Dann mögen beide dieſen Frieden ſchließen: vor Ihm ſind wir alle gleich, denn wir ſind alle glücklich, und wenn Er geht, ſo werden es unſere Schweſter-25 Göttinnen — einfache Anſpielungen in deutſchen Wulſt verſtecken.
101. An Jacobi in Eutin.
Bayreuth d. 15. Apr. 1805.
Lieber Heinrich! So ſehr viel frag’ ich eben nicht darnach, daß mir Perthes meine Hoffnung, dich hier zu ſehen, todtgemacht; denn30 ſie war mehr ein Fötus als ein ausgewachſenes Kind meines Wunſches nach dir. Ich kann mir bei deiner von Seelen und Nerven unterwegs beſtürmten Reitzbarkeit leicht denken, daß du — da du durch deine Jugend zurück reiſeſt und überall wie ein Wanderer nach Rom, Denkmählern begegneſt und neuen Freunden zu alten — in München35
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Ihre Hoffmann gewinnt und reitzt mich in jedem Briefe mehr.
Ich freue mich auf, wenigſtens über ſie. —
Nur mehr Papier!!
Richter
P. S. Im Mai komm’ ich wie geſagt nicht — — — — — — —
100. An Hardenberg in Wunſiedel. 5
[Kopie][Bayreuth, 2. Mai 1805]
Erlauben Sie mir, in Ihre Ehrenpforte noch einige Zwick-
ſteinchen einzuſchieben. Philemon und Baucis müſſen — wenn
ſie geſagt haben, daß ihnen Pluto erlaubt habe, das Elyſium
weniger zu verlaſſen als zu vertauſchen, da ſie es hier oben wieder 10
fänden — doch ihre 2te Verwandlung motivieren, etwa ſo daß ſie
das Vergnügen, als Griechen Götter zu bewirthen, gern in das
höhere verwandeln, einem ſolchen König als Ritter anzugehören,
oder ſo daß zu Baucis Jupiter ohne Gött[innen] kam, jetzt aber mit
ihnen. — ꝛc. Nämlich es ſängen etwa ſo viele Berggött[innen] als 15
Er Berge beſtiegen hatte und beſteigen will; ſie und die Najaden
freuen in wechſelnden Chören ſich über ſein Kommen und die
gemeinſchaftliche[?] Königinn: Er macht den Berg zum Thron, Sie
macht den Berg zum Olymp. Die Oreaden wollen die Najaden be-
ſiegen, weil jene aus ihrer Tiefe Ihm die Göttinn des Geſund- 20
brunnens ihn zu empfangen zugeſandt und Er bei ihr am längſten
weilt. Die Najaden ſagen, daß eine von ihnen Ihn am weiteſten
begleite, bis ihre Schweſtergöttinn Ihn aufnehme. Dann mögen
beide dieſen Frieden ſchließen: vor Ihm ſind wir alle gleich, denn wir
ſind alle glücklich, und wenn Er geht, ſo werden es unſere Schweſter- 25
Göttinnen — einfache Anſpielungen in deutſchen Wulſt verſtecken.
101. An Jacobi in Eutin.
Bayreuth d. 15. Apr. 1805.
Lieber Heinrich! So ſehr viel frag’ ich eben nicht darnach, daß
mir Perthes meine Hoffnung, dich hier zu ſehen, todtgemacht; denn 30
ſie war mehr ein Fötus als ein ausgewachſenes Kind meines Wunſches
nach dir. Ich kann mir bei deiner von Seelen und Nerven unterwegs
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:13:57Z)
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Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/52>, abgerufen am 16.02.2025.
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