Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.576. An Emanuel. [Bayreuth, 2. Okt. 1808]Guten Morgen, lieber Emanuel! Gestern abends hört' ich von 577. An August Rühle von Lilienstern in Dresden. Bayreuth d. 2. Okt. 1808Ihr Buch verdient sein #format, es ist quadrierend (für manche15 576. An Emanuel. [Bayreuth, 2. Okt. 1808]Guten Morgen, lieber Emanuel! Geſtern abends hört’ ich von 577. An Auguſt Rühle von Lilienſtern in Dresden. Bayreuth d. 2. Okt. 1808Ihr Buch verdient ſein □format, es iſt quadrierend (für manche15 <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0254" n="238"/><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>576. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 2. Okt. 1808]</hi> </dateline><lb/> <p>Guten Morgen, lieber Emanuel! Geſtern abends hört’ ich von<lb/> Ihrem <hi rendition="#aq">Enzel</hi> Ihre Ankunft. Hier ſend’ ich Ihnen den Brief an<lb/> den Fürſten Primas. Zur Deutlichmachung der Dedikazion gehört,<lb n="5"/> daß ich ihn ſchon als Jüngling mit Entzücken las, — daß er über<lb/> die chemiſche Verwandlung des Waſſers in Erde, über das Verhält-<lb/> nis der Moral zur Staatskunde, über Kunſtſchulen, Univerſum,<lb/> Muſik ꝛc. geſchrieben und daß Herder ſein Freund geweſen. — Ich<lb/> bitte Sie, es mir ordentlich eingepackt zurückzuſchicken, damit ich nur<lb n="10"/> das Siegel darauf zu drücken habe; (denn Nachmittags iſt <hi rendition="#aq">C[aroline]</hi><lb/> heute wahrſcheinlich nicht zu Hauſe und doch muß es fort.)</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>577. An <hi rendition="#g">Auguſt Rühle von Lilienſtern in Dresden.</hi></head><lb/> <byline> <hi rendition="#g">Leider eiligſt</hi> </byline> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Bayreuth</hi> d. 2. Okt. 1808</hi> </dateline><lb/> <p>Ihr Buch verdient ſein □format, es iſt quadrierend (für manche<lb n="15"/> krumme Linien) und <hi rendition="#aq">quadratus.</hi> Mit großer Freude über Sie —<lb/> und über das Glück Ihres Zöglings — hab’ ich Ihr Werk geleſen,<lb/> das neben 〈mit〉 der Gelehrſamkeit und neben 〈mit〉 dem mathe-<lb/> matiſchen Geiſte <hi rendition="#g">gleichwol</hi> ſo viel poetiſches und philoſophiſches<lb/> Zuſammenfaſſen darſtellt und ausübt. Sie haben mich in meinen<lb n="20"/> Arbeiten durch die Ihrige faſt geſtört; denn ich wollte zu Ende leſen;<lb/> und ließ das Schreiben bleiben. Ich wüßte nichts zu tadeln als etwan<lb/> den Eingang und die wenigen eingeſchalteten Erinnerungen an die<lb/> Schreib-Verhältniſſe. Ihr Buch iſt Wundbalſam für die wunde<lb/> Zeit. Aber leider nur die gebildeten Menſchen heilen ſich an Büchern<lb n="25"/> und Ken[n]tniſſen. Wie ſoll aber das arme Volk, das die <hi rendition="#g">Unerläß-<lb/> lichkeit</hi> dieſes Kriegs nicht kennt und das mit dem Schmerzen<lb/> der Wunden zugleich den Schmerz der Ungerechtigkeit empfängt,<lb/> wie ſoll dieſes aushalten ohne ſittliche Verſchlimmerung; und wäre<lb/> dieſe nur eine durch Haß? <hi rendition="#g">Ich</hi> trage den Krieg ruhig wie einen<lb n="30"/> Winter, weil ich durchaus <hi rendition="#g">Ihrer</hi> Meinung über das zerquetſchende<lb/><hi rendition="#g">Außen-</hi> oder <hi rendition="#g">Miniſterial-</hi>England bin. Allein wo ſollen dem un-<lb/> verſtändigten Volke, das ſeinem engen Herzen und Blicke nach, nur<lb/> Gelder- und Länder-Eroberungen in allen Blutvergießungen ſieht,<lb/> die Kräfte des Ertragens, Anſtrengens, Aufopferns, ohne Koſten<lb n="35"/> der Moralität, herkommen? — Was ich hiemit meine und wünſche,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [238/0254]
576. An Emanuel.
[Bayreuth, 2. Okt. 1808]
Guten Morgen, lieber Emanuel! Geſtern abends hört’ ich von
Ihrem Enzel Ihre Ankunft. Hier ſend’ ich Ihnen den Brief an
den Fürſten Primas. Zur Deutlichmachung der Dedikazion gehört, 5
daß ich ihn ſchon als Jüngling mit Entzücken las, — daß er über
die chemiſche Verwandlung des Waſſers in Erde, über das Verhält-
nis der Moral zur Staatskunde, über Kunſtſchulen, Univerſum,
Muſik ꝛc. geſchrieben und daß Herder ſein Freund geweſen. — Ich
bitte Sie, es mir ordentlich eingepackt zurückzuſchicken, damit ich nur 10
das Siegel darauf zu drücken habe; (denn Nachmittags iſt C[aroline]
heute wahrſcheinlich nicht zu Hauſe und doch muß es fort.)
577. An Auguſt Rühle von Lilienſtern in Dresden.
Leider eiligſtBayreuth d. 2. Okt. 1808
Ihr Buch verdient ſein □format, es iſt quadrierend (für manche 15
krumme Linien) und quadratus. Mit großer Freude über Sie —
und über das Glück Ihres Zöglings — hab’ ich Ihr Werk geleſen,
das neben 〈mit〉 der Gelehrſamkeit und neben 〈mit〉 dem mathe-
matiſchen Geiſte gleichwol ſo viel poetiſches und philoſophiſches
Zuſammenfaſſen darſtellt und ausübt. Sie haben mich in meinen 20
Arbeiten durch die Ihrige faſt geſtört; denn ich wollte zu Ende leſen;
und ließ das Schreiben bleiben. Ich wüßte nichts zu tadeln als etwan
den Eingang und die wenigen eingeſchalteten Erinnerungen an die
Schreib-Verhältniſſe. Ihr Buch iſt Wundbalſam für die wunde
Zeit. Aber leider nur die gebildeten Menſchen heilen ſich an Büchern 25
und Ken[n]tniſſen. Wie ſoll aber das arme Volk, das die Unerläß-
lichkeit dieſes Kriegs nicht kennt und das mit dem Schmerzen
der Wunden zugleich den Schmerz der Ungerechtigkeit empfängt,
wie ſoll dieſes aushalten ohne ſittliche Verſchlimmerung; und wäre
dieſe nur eine durch Haß? Ich trage den Krieg ruhig wie einen 30
Winter, weil ich durchaus Ihrer Meinung über das zerquetſchende
Außen- oder Miniſterial-England bin. Allein wo ſollen dem un-
verſtändigten Volke, das ſeinem engen Herzen und Blicke nach, nur
Gelder- und Länder-Eroberungen in allen Blutvergießungen ſieht,
die Kräfte des Ertragens, Anſtrengens, Aufopferns, ohne Koſten 35
der Moralität, herkommen? — Was ich hiemit meine und wünſche,
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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