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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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hinaus so viel Umblick, Theilnahme, Sinn für das Außerweltliche,
und poetischen und philosophischen hat. Nichts fruchtet dem ganzen
Menschen mehr als ein solches Schreiben und Lehren, wobei man blos
selber allein der Leser und der Schüler ist; hier arbeiten Lehre und
That einander in die Hand und kein Zug nach aussen verfälscht oder5
entkräftet die schöne Wechselwirkung.

Ich bin mit Ihren meisten Ansichten einig, besonders über Gottes-
dienst, Thiere, Weihnachtsfreude und die Pyramide. In dieser, als
einem Lebens Throne, treffen Sie mit vielen Jetzigen zusammen;
nur liegt der Knoten und das Wunder in den Übergängen; um etwas10
vom Leben zu begreifen, muß man geradezu es überall, auch in der
tiefsten Tiefe annehmen.

Ihre Papiere wohnen sicher bei mir, bis sie ihr Vater zurück
ruft.

Der gesunknen Religion hilft schwerlich irgend ein Wille auf --15
wiewol doch jeder einzelne für sie zu arbeiten und zu säen nicht laß
werden darf --; aber da auf der andern Seite die Menschheit ohne
das Athmen dieses Aethers nicht bestehen kann: so dürfen wir durch-
aus auf große Eingriffe des Schicksals -- wie die Reformazion z. B.
war -- rechnen und hoffen. Himmel! wir können jetzt kaum die20
nächste politische Zukunft weissagen, wie viel weniger die religiöse. --
Ich werde einiges darüber in einer Fortsetzung meiner Friedens
Predigt sagen.

Ich grüße herzlich Ihre Gattin, welche der Liebe eines solchen
Mannes würdig sein muß, weil sie deren sonst nicht theilhaftig wäre.25

Es gehe Ihnen beiden wol!

Ihr
Jean Paul Fr. Richter
562. An Perthes.
30

Ich habe noch nicht die Hälfte gesagt (in der Friedenspredigt)
sondern nur ein Viertel und rede daher fort bis die Hälfte da ist.
Man muß nicht das Eisen sondern das Eis so lang schmieden und
gestalten als es kalt ist.

Wetterwahrsagerei mein Stecken- Maul-Eselchen -- Menschen-35
Massen lassen sich errathen, nicht aber Ein freier Mensch. -- Auch

hinaus ſo viel Umblick, Theilnahme, Sinn für das Außerweltliche,
und poetiſchen und philoſophiſchen hat. Nichts fruchtet dem ganzen
Menſchen mehr als ein ſolches Schreiben und Lehren, wobei man blos
ſelber allein der Leſer und der Schüler iſt; hier arbeiten Lehre und
That einander in die Hand und kein Zug nach auſſen verfälſcht oder5
entkräftet die ſchöne Wechſelwirkung.

Ich bin mit Ihren meiſten Anſichten einig, beſonders über Gottes-
dienſt, Thiere, Weihnachtsfreude und die Pyramide. In dieſer, als
einem Lebens Throne, treffen Sie mit vielen Jetzigen zuſammen;
nur liegt der Knoten und das Wunder in den Übergängen; um etwas10
vom Leben zu begreifen, muß man geradezu es überall, auch in der
tiefſten Tiefe annehmen.

Ihre Papiere wohnen ſicher bei mir, bis ſie ihr Vater zurück
ruft.

Der geſunknen Religion hilft ſchwerlich irgend ein Wille auf —15
wiewol doch jeder einzelne für ſie zu arbeiten und zu ſäen nicht laß
werden darf —; aber da auf der andern Seite die Menſchheit ohne
das Athmen dieſes Aethers nicht beſtehen kann: ſo dürfen wir durch-
aus auf große Eingriffe des Schickſals — wie die Reformazion z. B.
war — rechnen und hoffen. Himmel! wir können jetzt kaum die20
nächſte politiſche Zukunft weiſſagen, wie viel weniger die religiöſe. —
Ich werde einiges darüber in einer Fortſetzung meiner Friedens
Predigt ſagen.

Ich grüße herzlich Ihre Gattin, welche der Liebe eines ſolchen
Mannes würdig ſein muß, weil ſie deren ſonſt nicht theilhaftig wäre.25

Es gehe Ihnen beiden wol!

Ihr
Jean Paul Fr. Richter
562. An Perthes.
30

Ich habe noch nicht die Hälfte geſagt (in der Friedenspredigt)
ſondern nur ein Viertel und rede daher fort bis die Hälfte da iſt.
Man muß nicht das Eiſen ſondern das Eis ſo lang ſchmieden und
geſtalten als es kalt iſt.

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Maſſen laſſen ſich errathen, nicht aber Ein freier Menſch. — Auch

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[232/0248] hinaus ſo viel Umblick, Theilnahme, Sinn für das Außerweltliche, und poetiſchen und philoſophiſchen hat. Nichts fruchtet dem ganzen Menſchen mehr als ein ſolches Schreiben und Lehren, wobei man blos ſelber allein der Leſer und der Schüler iſt; hier arbeiten Lehre und That einander in die Hand und kein Zug nach auſſen verfälſcht oder 5 entkräftet die ſchöne Wechſelwirkung. Ich bin mit Ihren meiſten Anſichten einig, beſonders über Gottes- dienſt, Thiere, Weihnachtsfreude und die Pyramide. In dieſer, als einem Lebens Throne, treffen Sie mit vielen Jetzigen zuſammen; nur liegt der Knoten und das Wunder in den Übergängen; um etwas 10 vom Leben zu begreifen, muß man geradezu es überall, auch in der tiefſten Tiefe annehmen. Ihre Papiere wohnen ſicher bei mir, bis ſie ihr Vater zurück ruft. Der geſunknen Religion hilft ſchwerlich irgend ein Wille auf — 15 wiewol doch jeder einzelne für ſie zu arbeiten und zu ſäen nicht laß werden darf —; aber da auf der andern Seite die Menſchheit ohne das Athmen dieſes Aethers nicht beſtehen kann: ſo dürfen wir durch- aus auf große Eingriffe des Schickſals — wie die Reformazion z. B. war — rechnen und hoffen. Himmel! wir können jetzt kaum die 20 nächſte politiſche Zukunft weiſſagen, wie viel weniger die religiöſe. — Ich werde einiges darüber in einer Fortſetzung meiner Friedens Predigt ſagen. Ich grüße herzlich Ihre Gattin, welche der Liebe eines ſolchen Mannes würdig ſein muß, weil ſie deren ſonſt nicht theilhaftig wäre. 25 Es gehe Ihnen beiden wol! Ihr Jean Paul Fr. Richter 562. An Perthes. [Kopie][Bayreuth, 1. Sept. 1808] 30 Ich habe noch nicht die Hälfte geſagt (in der Friedenspredigt) ſondern nur ein Viertel und rede daher fort bis die Hälfte da iſt. Man muß nicht das Eiſen ſondern das Eis ſo lang ſchmieden und geſtalten als es kalt iſt. Wetterwahrſagerei mein Stecken- Maul-Eſelchen — Menſchen- 35 Maſſen laſſen ſich errathen, nicht aber Ein freier Menſch. — Auch

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/248>, abgerufen am 09.11.2024.