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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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Kunstschule nicht; diese muß das Leben durcharbeiten. Mehre
Dichter müssen wie Sonnen von einander geschieden werden durch
Erden; sonst kommt die neuere elende Stofflosigkeit und Einförmig-
keit heraus. Für andere Künste gilt Ihr Plan, wäre der Maler und
Architekt mit Musterwerken und Hülfsmitteln zu versorgen, mehr. --5
Warten Sie wenigstens, eh Sie die Umläufe anfangen, die öffent-
lichen Urtheile ab, welche Sie dann beilegen könnten. Überhaupt
sollte Ihr Plan isoliert vom Buche überall umlaufen. -- Denken
Sie nur an die vieljährige Kollekte zu Luthers Denkmal; und doch
sind die Deutschen noch immer mehr religiös als kunstliebend. Ist10
Ihr Plan treffend: so wird irgend eine spätere glücklichere Zeit ihn
doch aufgreifen und den Stifter segnen. Um aber alles zu thun,
setz' ich Ihnen folgende Adressen her, bei denen Sie sich auf mich be-
rufen können, da es lauter Freunde von mir sind etc. -- Ich hätte
noch viel zu schreiben; aber leider hab' ich noch mehr und so viel an15
andere zu schreiben. Leben Sie wol!

J. P. F. Richter
519. An Henriette Schwendler in Meiningen.

"Verzeihende Freundin!"20

Wenn Sie diesen wenn nicht fürstlichen, doch christlichen Titel
ausschlagen: so bin ich nicht im Stande, noch drei Worte zu sagen,
sondern ich schweige fort wie leider ich

Sünder --
Verdam[m]ter --25
Freund --
Autor --

bisher gethan. Doch als letzterer hab' ich in meinen starken
Winterarbeiten (3 auf einmal kommen zu Michaelis) einige Ent-
schuldigung so wie in unzähligen Geschäfts- und Bettel-Briefen, die30
ich alle zu beantworten hatte.

Ihr Brief war ein gebender. Er führte mich wieder in unsere
freundlichen Umgebungen und an Ihre Seite zurück. Mögen Sie
doch mitten im Sturm-Meer der Zeit eine recht feste grüne Insel
behalten! -- Rechte süße Seelen-Ruhe und Plane für die fernere35
Zukunft erlaubt das Erd- und Europas-Beben nicht, das noch immer

Kunſtſchule nicht; dieſe muß das Leben durcharbeiten. Mehre
Dichter müſſen wie Sonnen von einander geſchieden werden durch
Erden; ſonſt kommt die neuere elende Stoffloſigkeit und Einförmig-
keit heraus. Für andere Künſte gilt Ihr Plan, wäre der Maler und
Architekt mit Muſterwerken und Hülfsmitteln zu verſorgen, mehr. —5
Warten Sie wenigſtens, eh Sie die Umläufe anfangen, die öffent-
lichen Urtheile ab, welche Sie dann beilegen könnten. Überhaupt
ſollte Ihr Plan iſoliert vom Buche überall umlaufen. — Denken
Sie nur an die vieljährige Kollekte zu Luthers Denkmal; und doch
ſind die Deutſchen noch immer mehr religiös als kunſtliebend. Iſt10
Ihr Plan treffend: ſo wird irgend eine ſpätere glücklichere Zeit ihn
doch aufgreifen und den Stifter ſegnen. Um aber alles zu thun,
ſetz’ ich Ihnen folgende Adreſſen her, bei denen Sie ſich auf mich be-
rufen können, da es lauter Freunde von mir ſind ꝛc. — Ich hätte
noch viel zu ſchreiben; aber leider hab’ ich noch mehr und ſo viel an15
andere zu ſchreiben. Leben Sie wol!

J. P. F. Richter
519. An Henriette Schwendler in Meiningen.

„Verzeihende Freundin!“20

Wenn Sie dieſen wenn nicht fürſtlichen, doch chriſtlichen Titel
ausſchlagen: ſo bin ich nicht im Stande, noch drei Worte zu ſagen,
ſondern ich ſchweige fort wie leider ich

Sünder —
Verdam[m]ter —25
Freund —
Autor —

bisher gethan. Doch als letzterer hab’ ich in meinen ſtarken
Winterarbeiten (3 auf einmal kommen zu Michaelis) einige Ent-
ſchuldigung ſo wie in unzähligen Geſchäfts- und Bettel-Briefen, die30
ich alle zu beantworten hatte.

Ihr Brief war ein gebender. Er führte mich wieder in unſere
freundlichen Umgebungen und an Ihre Seite zurück. Mögen Sie
doch mitten im Sturm-Meer der Zeit eine recht feſte grüne Inſel
behalten! — Rechte ſüße Seelen-Ruhe und Plane für die fernere35
Zukunft erlaubt das Erd- und Europas-Beben nicht, das noch immer

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[212/0228] Kunſtſchule nicht; dieſe muß das Leben durcharbeiten. Mehre Dichter müſſen wie Sonnen von einander geſchieden werden durch Erden; ſonſt kommt die neuere elende Stoffloſigkeit und Einförmig- keit heraus. Für andere Künſte gilt Ihr Plan, wäre der Maler und Architekt mit Muſterwerken und Hülfsmitteln zu verſorgen, mehr. — 5 Warten Sie wenigſtens, eh Sie die Umläufe anfangen, die öffent- lichen Urtheile ab, welche Sie dann beilegen könnten. Überhaupt ſollte Ihr Plan iſoliert vom Buche überall umlaufen. — Denken Sie nur an die vieljährige Kollekte zu Luthers Denkmal; und doch ſind die Deutſchen noch immer mehr religiös als kunſtliebend. Iſt 10 Ihr Plan treffend: ſo wird irgend eine ſpätere glücklichere Zeit ihn doch aufgreifen und den Stifter ſegnen. Um aber alles zu thun, ſetz’ ich Ihnen folgende Adreſſen her, bei denen Sie ſich auf mich be- rufen können, da es lauter Freunde von mir ſind ꝛc. — Ich hätte noch viel zu ſchreiben; aber leider hab’ ich noch mehr und ſo viel an 15 andere zu ſchreiben. Leben Sie wol! J. P. F. Richter 519. An Henriette Schwendler in Meiningen. Bayreuth d. 28. Apr. 1808. „Verzeihende Freundin!“ 20 Wenn Sie dieſen wenn nicht fürſtlichen, doch chriſtlichen Titel ausſchlagen: ſo bin ich nicht im Stande, noch drei Worte zu ſagen, ſondern ich ſchweige fort wie leider ich Sünder — Verdam[m]ter — 25 Freund — Autor — bisher gethan. Doch als letzterer hab’ ich in meinen ſtarken Winterarbeiten (3 auf einmal kommen zu Michaelis) einige Ent- ſchuldigung ſo wie in unzähligen Geſchäfts- und Bettel-Briefen, die 30 ich alle zu beantworten hatte. Ihr Brief war ein gebender. Er führte mich wieder in unſere freundlichen Umgebungen und an Ihre Seite zurück. Mögen Sie doch mitten im Sturm-Meer der Zeit eine recht feſte grüne Inſel behalten! — Rechte ſüße Seelen-Ruhe und Plane für die fernere 35 Zukunft erlaubt das Erd- und Europas-Beben nicht, das noch immer

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/228>, abgerufen am 27.11.2024.