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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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der Poesie gleichsam unter Kanonen und Stürmen zu vernehmen;
desto leiser ist das Ohr, das sie dennoch hört. -- Unsere erfreulichsten
Töne kommen jetzt (vor der Hand und Zeit) von keinen andern
Höhen herab als (wie die Schweitzer-Kuhreigen) von den Musen-
Bergen. Innigst erquickt hat mich Ihr Wort, daß Ihr deutscher5
Bruder, eh' er für Deutschland gefallen, durch meine Werke einige
über den Lebens-Dampf erhebende Stunden empfangen. Man ist
schon froh, wenn man auch nur dem gemeinsten Todten ein Paar
lichte und warme Lebens-Minuten hat vor seinem letzten Gange
mitgegeben; wie viel mehr, wenn man einem edeln Geiste, eh' er sein10
Leben opferte, dasselbe versüßt hatte. Daher, wenn ihn meine Werke
sogar zum Tode hätten begeistern helfen, ich würd' es nicht bereuen.

Haben Sie Dank für Ihre Theilnahme an meinem Innern!
Schreiben Sie mir, so oft Sie können! Bleiben Sie so, wie Sie mir
erscheinen! Und das äußere Leben begleite und beglücke, so weit es15
kann, Ihr inneres!

Jean Paul Fr. Richter

N. S. Vergeben Sie mein Ausstreichen, sogar in der N. S. Da
ich jeden Brief schnell hinschreibe ohne Konzept, so daß der Leser die
erste Auflage bekommt, so muß ich bei dem Nachlesen die zweite20
hineinkorrigieren.

490. An Friedrich Heinrich von der Hagen in Berlin.

... Ich mußte Ihr Werk erst lesen und eigne machen, eh' ich,
zumal im nervenstörenden Winter, sagen konnte: Gott sei Dank25
und Ihnen dazu!

-- Liebe für die Neu-Alten.

Das Lied der Nibelungen steht mit der Fülle seines deutschen und
sittlichen Stoffs dem griechischen (Homer) mehr voran als nach.
Es ist ein verklärter und verklärender Germanismus, ein wahrer30
Antikentempel Deutschlands. -- Rechte Mittel zwischen Ur- und
Umschrift treffen -- das Lied hat mehr Kelleresels- als Pegasus-
Füsse -- Ich rathe zu einer Darstellung des Lieds in Prose, nur aber
mit dem deutsch-antiken Roste Tiecks -- Mir haben von jeher Volks-
lieder am tiefsten ins Herz gegriffen. Je älter man wird, desto mehr35

der Poeſie gleichſam unter Kanonen und Stürmen zu vernehmen;
deſto leiſer iſt das Ohr, das ſie dennoch hört. — Unſere erfreulichſten
Töne kommen jetzt (vor der Hand und Zeit) von keinen andern
Höhen herab als (wie die Schweitzer-Kuhreigen) von den Muſen-
Bergen. Innigſt erquickt hat mich Ihr Wort, daß Ihr deutſcher5
Bruder, eh’ er für Deutſchland gefallen, durch meine Werke einige
über den Lebens-Dampf erhebende Stunden empfangen. Man iſt
ſchon froh, wenn man auch nur dem gemeinſten Todten ein Paar
lichte und warme Lebens-Minuten hat vor ſeinem letzten Gange
mitgegeben; wie viel mehr, wenn man einem edeln Geiſte, eh’ er ſein10
Leben opferte, daſſelbe verſüßt hatte. Daher, wenn ihn meine Werke
ſogar zum Tode hätten begeiſtern helfen, ich würd’ es nicht bereuen.

Haben Sie Dank für Ihre Theilnahme an meinem Innern!
Schreiben Sie mir, ſo oft Sie können! Bleiben Sie ſo, wie Sie mir
erſcheinen! Und das äußere Leben begleite und beglücke, ſo weit es15
kann, Ihr inneres!

Jean Paul Fr. Richter

N. S. Vergeben Sie mein Ausſtreichen, ſogar in der N. S. Da
ich jeden Brief ſchnell hinſchreibe ohne Konzept, ſo daß der Leſer die
erſte Auflage bekommt, ſo muß ich bei dem Nachleſen die zweite20
hineinkorrigieren.

490. An Friedrich Heinrich von der Hagen in Berlin.

... Ich mußte Ihr Werk erſt leſen und eigne machen, eh’ ich,
zumal im nervenſtörenden Winter, ſagen konnte: Gott ſei Dank25
und Ihnen dazu!

— Liebe für die Neu-Alten.

Das Lied der Nibelungen ſteht mit der Fülle ſeines deutſchen und
ſittlichen Stoffs dem griechiſchen (Homer) mehr voran als nach.
Es iſt ein verklärter und verklärender Germaniſmus, ein wahrer30
Antikentempel Deutſchlands. — Rechte Mittel zwiſchen Ur- und
Umſchrift treffen — das Lied hat mehr Kellereſels- als Pegaſus-
Füſſe — Ich rathe zu einer Darſtellung des Lieds in Proſe, nur aber
mit dem deutſch-antiken Roſte Tiecks — Mir haben von jeher Volks-
lieder am tiefſten ins Herz gegriffen. Je älter man wird, deſto mehr35

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[200/0215] der Poeſie gleichſam unter Kanonen und Stürmen zu vernehmen; deſto leiſer iſt das Ohr, das ſie dennoch hört. — Unſere erfreulichſten Töne kommen jetzt (vor der Hand und Zeit) von keinen andern Höhen herab als (wie die Schweitzer-Kuhreigen) von den Muſen- Bergen. Innigſt erquickt hat mich Ihr Wort, daß Ihr deutſcher 5 Bruder, eh’ er für Deutſchland gefallen, durch meine Werke einige über den Lebens-Dampf erhebende Stunden empfangen. Man iſt ſchon froh, wenn man auch nur dem gemeinſten Todten ein Paar lichte und warme Lebens-Minuten hat vor ſeinem letzten Gange mitgegeben; wie viel mehr, wenn man einem edeln Geiſte, eh’ er ſein 10 Leben opferte, daſſelbe verſüßt hatte. Daher, wenn ihn meine Werke ſogar zum Tode hätten begeiſtern helfen, ich würd’ es nicht bereuen. Haben Sie Dank für Ihre Theilnahme an meinem Innern! Schreiben Sie mir, ſo oft Sie können! Bleiben Sie ſo, wie Sie mir erſcheinen! Und das äußere Leben begleite und beglücke, ſo weit es 15 kann, Ihr inneres! Jean Paul Fr. Richter N. S. Vergeben Sie mein Ausſtreichen, ſogar in der N. S. Da ich jeden Brief ſchnell hinſchreibe ohne Konzept, ſo daß der Leſer die erſte Auflage bekommt, ſo muß ich bei dem Nachleſen die zweite 20 hineinkorrigieren. 490. An Friedrich Heinrich von der Hagen in Berlin. [Kopie][Bayreuth, 29. Febr. 1808] ... Ich mußte Ihr Werk erſt leſen und eigne machen, eh’ ich, zumal im nervenſtörenden Winter, ſagen konnte: Gott ſei Dank 25 und Ihnen dazu! — Liebe für die Neu-Alten. Das Lied der Nibelungen ſteht mit der Fülle ſeines deutſchen und ſittlichen Stoffs dem griechiſchen (Homer) mehr voran als nach. Es iſt ein verklärter und verklärender Germaniſmus, ein wahrer 30 Antikentempel Deutſchlands. — Rechte Mittel zwiſchen Ur- und Umſchrift treffen — das Lied hat mehr Kellereſels- als Pegaſus- Füſſe — Ich rathe zu einer Darſtellung des Lieds in Proſe, nur aber mit dem deutſch-antiken Roſte Tiecks — Mir haben von jeher Volks- lieder am tiefſten ins Herz gegriffen. Je älter man wird, deſto mehr 35

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/215>, abgerufen am 26.11.2024.