Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

Bild:
<< vorherige Seite

einmal des Herzogs gedenke und einmal auf die Herzogin anspiele.
Vor der Hand, jetzt in dieser muth- und geldlosen und unentschiedenen
Zeit sollten Sie -- zwar nicht die Bekanntmachung, aber doch die
vertheilte Einschickung Ihres Kunstschulplans auf das nahe Jahr
verschieben, wo die niedergebogenen Gipfel sich plötzlich mit neuer5
Schnellkraft aufrichten. Von T[ieck] und S[chlegel] erwart' ich
keine Hülfsthätigkeit. Auf Ihr Buch bin ich begierig. Schicken Sie
mir es sogleich, wenn es da ist.

Zur Levana gehört ein scherzhaftes Ergänzungsblatt, das deren
365 Druckfehler berichtigt, sammt denen der Flegeljahre und des10
Freiheitsbüchleins.

Meiner guten Heim sagen Sie außer meinem Gruße, ob sie es
nicht abscheulich fände, wenn ein Mensch in demselben Augenblicke
sich den Mund zugleich von einem Eichhörnchen und von einem
Spitze -- um beide an einander zu gewöhnen -- belecken ließe? Ich15
bin leider der Mensch und ganz ihrer Meinung. Leben Sie wol!

J. P. Fr. Richter
423. An Oberforstmeister von Pöllnitz in Bayreuth.

Wenn Sie einem Autor, der nicht gut mit Feuer schreiben kann,20
wenn er im Ofen keines hat, jetzt im Frieden, wo man weniger Feuer
gibt, doch zu einigem verhelfen können: so bitt' ich Sie recht sehr
darum; denn ich bin überzeugt, daß Sie meine Bitte erfüllen, wenn
Sie können. Ich ließ mir nämlich im vorigen Frühling etc. Holz
schreiben und verließ mich in meinen Winter-Zurüstungen auf diese25
Hülfe. Jetzt bekomm' ich nichts. Ich bitte daher -- da ich mit
meinen Büchern und meinem Stiefelknechte und anderm Geräthe
nicht lange einheitzen kann --, daß Sie mich nicht aus einem Braten
des Sommers gar zu einem Gelee des Winters werden lassen.

424. An Cotta.30

Hier, lieber alter Freund, haben Sie wieder einige Blättchen
für das Morgenblatt. Nur fürcht' ich, ich bekomme wieder meinen
Krieg mit dem Zensor, der soviel Scherz verbietet, daß man am
Ende nur ernsthaft und in der Kirche sein könnte. Was können denn35

einmal des Herzogs gedenke und einmal auf die Herzogin anſpiele.
Vor der Hand, jetzt in dieſer muth- und geldloſen und unentſchiedenen
Zeit ſollten Sie — zwar nicht die Bekanntmachung, aber doch die
vertheilte Einſchickung Ihres Kunſtſchulplans auf das nahe Jahr
verſchieben, wo die niedergebogenen Gipfel ſich plötzlich mit neuer5
Schnellkraft aufrichten. Von T[ieck] und S[chlegel] erwart’ ich
keine Hülfsthätigkeit. Auf Ihr Buch bin ich begierig. Schicken Sie
mir es ſogleich, wenn es da iſt.

Zur Levana gehört ein ſcherzhaftes Ergänzungsblatt, das deren
365 Druckfehler berichtigt, ſammt denen der Flegeljahre und des10
Freiheitsbüchleins.

Meiner guten Heim ſagen Sie außer meinem Gruße, ob ſie es
nicht abſcheulich fände, wenn ein Menſch in demſelben Augenblicke
ſich den Mund zugleich von einem Eichhörnchen und von einem
Spitze — um beide an einander zu gewöhnen — belecken ließe? Ich15
bin leider der Menſch und ganz ihrer Meinung. Leben Sie wol!

J. P. Fr. Richter
423. An Oberforſtmeiſter von Pöllnitz in Bayreuth.

Wenn Sie einem Autor, der nicht gut mit Feuer ſchreiben kann,20
wenn er im Ofen keines hat, jetzt im Frieden, wo man weniger Feuer
gibt, doch zu einigem verhelfen können: ſo bitt’ ich Sie recht ſehr
darum; denn ich bin überzeugt, daß Sie meine Bitte erfüllen, wenn
Sie können. Ich ließ mir nämlich im vorigen Frühling ꝛc. Holz
ſchreiben und verließ mich in meinen Winter-Zurüſtungen auf dieſe25
Hülfe. Jetzt bekomm’ ich nichts. Ich bitte daher — da ich mit
meinen Büchern und meinem Stiefelknechte und anderm Geräthe
nicht lange einheitzen kann —, daß Sie mich nicht aus einem Braten
des Sommers gar zu einem Gelée des Winters werden laſſen.

424. An Cotta.30

Hier, lieber alter Freund, haben Sie wieder einige Blättchen
für das Morgenblatt. Nur fürcht’ ich, ich bekomme wieder meinen
Krieg mit dem Zenſor, der ſoviel Scherz verbietet, daß man am
Ende nur ernſthaft und in der Kirche ſein könnte. Was können denn35

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0190" n="175"/>
einmal des Herzogs gedenke und einmal auf die Herzogin an&#x017F;piele.<lb/>
Vor der Hand, jetzt in die&#x017F;er muth- und geldlo&#x017F;en und unent&#x017F;chiedenen<lb/>
Zeit &#x017F;ollten Sie &#x2014; zwar nicht die Bekanntmachung, aber doch die<lb/>
vertheilte Ein&#x017F;chickung Ihres Kun&#x017F;t&#x017F;chulplans auf das nahe Jahr<lb/>
ver&#x017F;chieben, wo die niedergebogenen Gipfel &#x017F;ich plötzlich mit neuer<lb n="5"/>
Schnellkraft aufrichten. Von T[ieck] und S[chlegel] erwart&#x2019; ich<lb/>
keine Hülfsthätigkeit. Auf Ihr Buch bin ich begierig. Schicken Sie<lb/>
mir es &#x017F;ogleich, wenn es da i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Zur Levana gehört ein &#x017F;cherzhaftes Ergänzungsblatt, das deren<lb/>
365 Druckfehler berichtigt, &#x017F;ammt denen der Flegeljahre und des<lb n="10"/>
Freiheitsbüchleins.</p><lb/>
        <p>Meiner guten <hi rendition="#aq">Heim</hi> &#x017F;agen Sie außer meinem Gruße, ob &#x017F;ie es<lb/>
nicht ab&#x017F;cheulich fände, wenn ein Men&#x017F;ch in dem&#x017F;elben Augenblicke<lb/>
&#x017F;ich den Mund zugleich von einem Eichhörnchen und von einem<lb/>
Spitze &#x2014; um beide an einander zu gewöhnen &#x2014; belecken ließe? Ich<lb n="15"/>
bin leider der Men&#x017F;ch und ganz ihrer Meinung. Leben Sie wol!</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">J. P. Fr. Richter</hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>423. An <hi rendition="#g">Oberfor&#x017F;tmei&#x017F;ter von Pöllnitz in Bayreuth.</hi></head><lb/>
        <byline>[Kopie]</byline>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 2. Nov. 1807]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Wenn Sie einem Autor, der nicht gut mit Feuer &#x017F;chreiben kann,<lb n="20"/>
wenn er im Ofen keines hat, jetzt im Frieden, wo man weniger Feuer<lb/>
gibt, doch zu einigem verhelfen können: &#x017F;o bitt&#x2019; ich Sie recht &#x017F;ehr<lb/>
darum; denn ich bin überzeugt, daß Sie meine Bitte erfüllen, wenn<lb/>
Sie können. Ich ließ mir nämlich im vorigen Frühling &#xA75B;c. Holz<lb/>
&#x017F;chreiben und verließ mich in meinen Winter-Zurü&#x017F;tungen auf die&#x017F;e<lb n="25"/>
Hülfe. Jetzt bekomm&#x2019; ich nichts. Ich bitte daher &#x2014; da ich mit<lb/>
meinen Büchern und meinem Stiefelknechte und anderm Geräthe<lb/>
nicht lange einheitzen kann &#x2014;, daß Sie mich nicht aus einem Braten<lb/>
des Sommers gar zu einem Gel<hi rendition="#aq">é</hi>e des Winters werden la&#x017F;&#x017F;en.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>424. An <hi rendition="#g">Cotta.</hi><lb n="30"/>
</head>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Bayreuth</hi> d. 9<hi rendition="#sup">ten</hi> Nov. 1807</hi> </dateline><lb/>
        <p>Hier, lieber alter Freund, haben Sie wieder einige Blättchen<lb/>
für das Morgenblatt. Nur fürcht&#x2019; ich, ich bekomme wieder meinen<lb/>
Krieg mit dem Zen&#x017F;or, der &#x017F;oviel Scherz verbietet, daß man am<lb/>
Ende nur ern&#x017F;thaft und in der Kirche &#x017F;ein könnte. Was können denn<lb n="35"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0190] einmal des Herzogs gedenke und einmal auf die Herzogin anſpiele. Vor der Hand, jetzt in dieſer muth- und geldloſen und unentſchiedenen Zeit ſollten Sie — zwar nicht die Bekanntmachung, aber doch die vertheilte Einſchickung Ihres Kunſtſchulplans auf das nahe Jahr verſchieben, wo die niedergebogenen Gipfel ſich plötzlich mit neuer 5 Schnellkraft aufrichten. Von T[ieck] und S[chlegel] erwart’ ich keine Hülfsthätigkeit. Auf Ihr Buch bin ich begierig. Schicken Sie mir es ſogleich, wenn es da iſt. Zur Levana gehört ein ſcherzhaftes Ergänzungsblatt, das deren 365 Druckfehler berichtigt, ſammt denen der Flegeljahre und des 10 Freiheitsbüchleins. Meiner guten Heim ſagen Sie außer meinem Gruße, ob ſie es nicht abſcheulich fände, wenn ein Menſch in demſelben Augenblicke ſich den Mund zugleich von einem Eichhörnchen und von einem Spitze — um beide an einander zu gewöhnen — belecken ließe? Ich 15 bin leider der Menſch und ganz ihrer Meinung. Leben Sie wol! J. P. Fr. Richter 423. An Oberforſtmeiſter von Pöllnitz in Bayreuth. [Kopie][Bayreuth, 2. Nov. 1807] Wenn Sie einem Autor, der nicht gut mit Feuer ſchreiben kann, 20 wenn er im Ofen keines hat, jetzt im Frieden, wo man weniger Feuer gibt, doch zu einigem verhelfen können: ſo bitt’ ich Sie recht ſehr darum; denn ich bin überzeugt, daß Sie meine Bitte erfüllen, wenn Sie können. Ich ließ mir nämlich im vorigen Frühling ꝛc. Holz ſchreiben und verließ mich in meinen Winter-Zurüſtungen auf dieſe 25 Hülfe. Jetzt bekomm’ ich nichts. Ich bitte daher — da ich mit meinen Büchern und meinem Stiefelknechte und anderm Geräthe nicht lange einheitzen kann —, daß Sie mich nicht aus einem Braten des Sommers gar zu einem Gelée des Winters werden laſſen. 424. An Cotta. 30 Bayreuth d. 9ten Nov. 1807 Hier, lieber alter Freund, haben Sie wieder einige Blättchen für das Morgenblatt. Nur fürcht’ ich, ich bekomme wieder meinen Krieg mit dem Zenſor, der ſoviel Scherz verbietet, daß man am Ende nur ernſthaft und in der Kirche ſein könnte. Was können denn 35

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/190
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/190>, abgerufen am 23.11.2024.