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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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Nach München komm' ich in jedem Falle einmal -- es müßte
denn mein Reisen auf der Erde plötzlich unterwärts statt wagrecht
gehen --; und eben jene Hoffnung, Sie zu sehen, zu hören, zu halten
und alles wieder von vornen anzufangen, machte mein Schweigen und
meine Vorsätze und ein Paar andere Dinge ... und noch sitz' ich5
hier als Hoffnungs-Narr!

Meine drei Kinder gedeihen und wachsen wie meine Werke; und
diese beiden Arten von Werken werden täglich artiger und an-
genehmer und verständiger.

So viel Himmel als nur hineingeht wohne in Ihrem Herzen!10

Jean Paul Fr. Richter
*396. An Friedrich Schlichtegroll in München.

Lieber alter Freund! Ich freue mich über deinen neuen Kreis, der
dich mit so geistreichen Männern umgibt, obgleich dein Austritt aus15
dem alten deinem Herzen wird wehe gethan haben. Ich möchte am
Ende mit meiner Aesthetik auch in Euren Saal. Da ich in München
am Hofe Lesefreunde genug habe, so treibe ichs vielleicht durch, wenn
noch ein Sitzchen für meinen Sessions-Hintern übrig ist und wenn
ich weiß, an wen ich mich zu wenden habe und mit welchen Kurialien.20
Du könntest mich wol belehren. Ein akademischer Saal, eine Studier-
stube, eine Schreibstube sind noch die einzigen vaterländischen
Eden-Reste und Freistätten. Schreibe mir doch auch einmal etwas
und über mein Schreiben. Wie gehts deinen Kindern? Mit Jacobi
wirst du seelig daran sein. Lebe wol, Alter, und sei, wie ich, der25
Sonnenuhr in Paris oder vielmehr ihrer Inschrift folgsam: Horas
non numero nisi serenas.

397. An Jacobi.

Lieber Heinrich! Ein Briefchen ist doch immer besser als kein30
Brief. Nimm es denn an als Weissagung großer Briefe, die einer
von uns beiden darnach schreiben wird.

Zum Glücke sagt mir zuweilen ein Reisender, daß du zwar im
Schlafrocke, aber doch nicht im Bette bist. Deine akademische Rede,
auf die ich nicht blos wegen ihres erhaltenen Lobes, sondern wegen35

11*

Nach München komm’ ich in jedem Falle einmal — es müßte
denn mein Reiſen auf der Erde plötzlich unterwärts ſtatt wagrecht
gehen —; und eben jene Hoffnung, Sie zu ſehen, zu hören, zu halten
und alles wieder von vornen anzufangen, machte mein Schweigen und
meine Vorſätze und ein Paar andere Dinge ... und noch ſitz’ ich5
hier als Hoffnungs-Narr!

Meine drei Kinder gedeihen und wachſen wie meine Werke; und
dieſe beiden Arten von Werken werden täglich artiger und an-
genehmer und verſtändiger.

So viel Himmel als nur hineingeht wohne in Ihrem Herzen!10

Jean Paul Fr. Richter
*396. An Friedrich Schlichtegroll in München.

Lieber alter Freund! Ich freue mich über deinen neuen Kreis, der
dich mit ſo geiſtreichen Männern umgibt, obgleich dein Austritt aus15
dem alten deinem Herzen wird wehe gethan haben. Ich möchte am
Ende mit meiner Aeſthetik auch in Euren Saal. Da ich in München
am Hofe Leſefreunde genug habe, ſo treibe ichs vielleicht durch, wenn
noch ein Sitzchen für meinen Seſſions-Hintern übrig iſt und wenn
ich weiß, an wen ich mich zu wenden habe und mit welchen Kurialien.20
Du könnteſt mich wol belehren. Ein akademiſcher Saal, eine Studier-
ſtube, eine Schreibſtube ſind noch die einzigen vaterländiſchen
Eden-Reſte und Freiſtätten. Schreibe mir doch auch einmal etwas
und über mein Schreiben. Wie gehts deinen Kindern? Mit Jacobi
wirſt du ſeelig daran ſein. Lebe wol, Alter, und ſei, wie ich, der25
Sonnenuhr in Paris oder vielmehr ihrer Inſchrift folgſam: Horas
non numero nisi serenas.

397. An Jacobi.

Lieber Heinrich! Ein Briefchen iſt doch immer beſſer als kein30
Brief. Nimm es denn an als Weiſſagung großer Briefe, die einer
von uns beiden darnach ſchreiben wird.

Zum Glücke ſagt mir zuweilen ein Reiſender, daß du zwar im
Schlafrocke, aber doch nicht im Bette biſt. Deine akademiſche Rede,
auf die ich nicht blos wegen ihres erhaltenen Lobes, ſondern wegen35

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[163/0178] Nach München komm’ ich in jedem Falle einmal — es müßte denn mein Reiſen auf der Erde plötzlich unterwärts ſtatt wagrecht gehen —; und eben jene Hoffnung, Sie zu ſehen, zu hören, zu halten und alles wieder von vornen anzufangen, machte mein Schweigen und meine Vorſätze und ein Paar andere Dinge ... und noch ſitz’ ich 5 hier als Hoffnungs-Narr! Meine drei Kinder gedeihen und wachſen wie meine Werke; und dieſe beiden Arten von Werken werden täglich artiger und an- genehmer und verſtändiger. So viel Himmel als nur hineingeht wohne in Ihrem Herzen! 10 Jean Paul Fr. Richter *396. An Friedrich Schlichtegroll in München. Bayreuth d. 6 Sept. 1807 Lieber alter Freund! Ich freue mich über deinen neuen Kreis, der dich mit ſo geiſtreichen Männern umgibt, obgleich dein Austritt aus 15 dem alten deinem Herzen wird wehe gethan haben. Ich möchte am Ende mit meiner Aeſthetik auch in Euren Saal. Da ich in München am Hofe Leſefreunde genug habe, ſo treibe ichs vielleicht durch, wenn noch ein Sitzchen für meinen Seſſions-Hintern übrig iſt und wenn ich weiß, an wen ich mich zu wenden habe und mit welchen Kurialien. 20 Du könnteſt mich wol belehren. Ein akademiſcher Saal, eine Studier- ſtube, eine Schreibſtube ſind noch die einzigen vaterländiſchen Eden-Reſte und Freiſtätten. Schreibe mir doch auch einmal etwas und über mein Schreiben. Wie gehts deinen Kindern? Mit Jacobi wirſt du ſeelig daran ſein. Lebe wol, Alter, und ſei, wie ich, der 25 Sonnenuhr in Paris oder vielmehr ihrer Inſchrift folgſam: Horas non numero nisi serenas. 397. An Jacobi. Bayreuth d. 6 Sept. 1807 Lieber Heinrich! Ein Briefchen iſt doch immer beſſer als kein 30 Brief. Nimm es denn an als Weiſſagung großer Briefe, die einer von uns beiden darnach ſchreiben wird. Zum Glücke ſagt mir zuweilen ein Reiſender, daß du zwar im Schlafrocke, aber doch nicht im Bette biſt. Deine akademiſche Rede, auf die ich nicht blos wegen ihres erhaltenen Lobes, ſondern wegen 35 11*

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/178>, abgerufen am 23.11.2024.