zweitens bedarf ich der Belehrung, in wie weit, und wie viel ich zu bezahlen habe. Der ungesetzlichen Foderung würde ich 4 gr. ver- weigern; aber die gesetzliche muß ich genau wissen, um auch nicht das Kleinste zu versäumen, blos meines Gewissens wegen.
"Zu Kapitalien werden auswärtige Güter nicht ge-5 rechnet", schreibt die Kammer im Intelligenzblatt. Also muß man die jetzige Kriegssteuer auch für Kapitalien erlegen, die man außer Landes hat? -- Ferner: wird der Ort berechnet, wo ich meine Hono- rarien bekomme (z. B. das kontribuzions-freie Tübingen)? -- Oder der, wo ich blos schreibe und schrieb (z. B. Meiningen und10 Weimar)? -- Oder der, wo einige eben stehen, z. B. Berlin? -- Gehört ohne Gütergemeinschaft das Vermögen der Frau hinein? -- Wenn nur der Ort entscheidet, wo man das Dintenfaß hatte, und das Bier- und Weinfaß -- mehrere Fässer verlangt kein Diogenes vom Bayreuther Sinope --, und wo man z. B. in 1 Jahre 2,000 fl.15 erschrieb und 1,500 verzehrte und 500 auslieh: ist dann mehr zu entrichten als für diesen Überschuß? --
Endlich leben will jeder Autor, der nichts hat als seinen Geld- beutel, blos von diesem; und kann das, was er für eine jährliche Ausgabe stets liegen haben muß, zu seinen Kapitalien gerechnet20 werden? --
Ich frage fast zu viel für Ihre Geduld und Zeit. Ich bitte blos um Ihre einsilbige Entscheidung, (nicht um Ihre Entscheidungs- gründe) noch vor dem 8ten dieses. -- Übrigens ist mir alles gleich- gültig, nur nicht das Unrecht. Ich folge Ihrer Entscheidung und25 bitte Sie um Verzeihung, daß ich das Glück, Ihnen bekannt zu sein, auch zu einem Anlasse eines unparteiischen Responsum's verwandle.
328. An Renate Otto.
Bayreuth d. 7 März 180730
Liebe Renate! Durch Ihre Handelsweise werd' ich schwer wieder ins Gleichgewicht kommen, da Sie mir auf jeden Dank mit dem An- lasse zu einem neuen antworten. Indessen könnten Sie meinen vater- ländischen Gaumen nicht besser bestechen als auf diese Weise. Möge meine Levana nur halb so gut sein als Ihr "Säusack"! Nämlich35 so gewürzreich, schmackhaft, gesund und verdaulich! --
zweitens bedarf ich der Belehrung, in wie weit, und wie viel ich zu bezahlen habe. Der ungeſetzlichen Foderung würde ich 4 gr. ver- weigern; aber die geſetzliche muß ich genau wiſſen, um auch nicht das Kleinſte zu verſäumen, blos meines Gewiſſens wegen.
„Zu Kapitalien werden auswärtige Güter nicht ge-5 rechnet“, ſchreibt die Kammer im Intelligenzblatt. Alſo muß man die jetzige Kriegsſteuer auch für Kapitalien erlegen, die man außer Landes hat? — Ferner: wird der Ort berechnet, wo ich meine Hono- rarien bekomme (z. B. das kontribuzions-freie Tübingen)? — Oder der, wo ich blos ſchreibe und ſchrieb (z. B. Meiningen und10 Weimar)? — Oder der, wo einige eben ſtehen, z. B. Berlin? — Gehört ohne Gütergemeinſchaft das Vermögen der Frau hinein? — Wenn nur der Ort entſcheidet, wo man das Dintenfaß hatte, und das Bier- und Weinfaß — mehrere Fäſſer verlangt kein Diogenes vom Bayreuther Sinope —, und wo man z. B. in 1 Jahre 2,000 fl.15 erſchrieb und 1,500 verzehrte und 500 auslieh: iſt dann mehr zu entrichten als für dieſen Überſchuß? —
Endlich leben will jeder Autor, der nichts hat als ſeinen Geld- beutel, blos von dieſem; und kann das, was er für eine jährliche Ausgabe ſtets liegen haben muß, zu ſeinen Kapitalien gerechnet20 werden? —
Ich frage faſt zu viel für Ihre Geduld und Zeit. Ich bitte blos um Ihre einſilbige Entſcheidung, (nicht um Ihre Entſcheidungs- gründe) noch vor dem 8ten dieſes. — Übrigens iſt mir alles gleich- gültig, nur nicht das Unrecht. Ich folge Ihrer Entſcheidung und25 bitte Sie um Verzeihung, daß ich das Glück, Ihnen bekannt zu ſein, auch zu einem Anlaſſe eines unparteiiſchen Responsum’s verwandle.
328. An Renate Otto.
Bayreuth d. 7 März 180730
Liebe Renate! Durch Ihre Handelsweiſe werd’ ich ſchwer wieder ins Gleichgewicht kommen, da Sie mir auf jeden Dank mit dem An- laſſe zu einem neuen antworten. Indeſſen könnten Sie meinen vater- ländiſchen Gaumen nicht beſſer beſtechen als auf dieſe Weiſe. Möge meine Levana nur halb ſo gut ſein als Ihr „Säuſack“! Nämlich35 ſo gewürzreich, ſchmackhaft, geſund und verdaulich! —
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weigern; aber die geſetzliche muß ich genau wiſſen, um auch nicht
das Kleinſte zu verſäumen, blos meines Gewiſſens wegen.
„Zu Kapitalien werden auswärtige Güter nicht ge- 5
rechnet“, ſchreibt die Kammer im Intelligenzblatt. Alſo muß man
die jetzige Kriegsſteuer auch für Kapitalien erlegen, die man außer
Landes hat? — Ferner: wird der Ort berechnet, wo ich meine Hono-
rarien bekomme (z. B. das kontribuzions-freie Tübingen)? —
Oder der, wo ich blos ſchreibe und ſchrieb (z. B. Meiningen und 10
Weimar)? — Oder der, wo einige eben ſtehen, z. B. Berlin? —
Gehört ohne Gütergemeinſchaft das Vermögen der Frau hinein? —
Wenn nur der Ort entſcheidet, wo man das Dintenfaß hatte, und
das Bier- und Weinfaß — mehrere Fäſſer verlangt kein Diogenes
vom Bayreuther Sinope —, und wo man z. B. in 1 Jahre 2,000 fl. 15
erſchrieb und 1,500 verzehrte und 500 auslieh: iſt dann mehr zu
entrichten als für dieſen Überſchuß? —
Endlich leben will jeder Autor, der nichts hat als ſeinen Geld-
beutel, blos von dieſem; und kann das, was er für eine jährliche
Ausgabe ſtets liegen haben muß, zu ſeinen Kapitalien gerechnet 20
werden? —
Ich frage faſt zu viel für Ihre Geduld und Zeit. Ich bitte blos
um Ihre einſilbige Entſcheidung, (nicht um Ihre Entſcheidungs-
gründe) noch vor dem 8ten dieſes. — Übrigens iſt mir alles gleich-
gültig, nur nicht das Unrecht. Ich folge Ihrer Entſcheidung und 25
bitte Sie um Verzeihung, daß ich das Glück, Ihnen bekannt zu
ſein, auch zu einem Anlaſſe eines unparteiiſchen Responsum’s
verwandle.
328. An Renate Otto.
Bayreuth d. 7 März 1807 30
Liebe Renate! Durch Ihre Handelsweiſe werd’ ich ſchwer wieder
ins Gleichgewicht kommen, da Sie mir auf jeden Dank mit dem An-
laſſe zu einem neuen antworten. Indeſſen könnten Sie meinen vater-
ländiſchen Gaumen nicht beſſer beſtechen als auf dieſe Weiſe. Möge
meine Levana nur halb ſo gut ſein als Ihr „Säuſack“! Nämlich 35
ſo gewürzreich, ſchmackhaft, geſund und verdaulich! —
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/149>, abgerufen am 16.02.2025.
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