Hochwohlgeborner Herr, Hochgeehrtester Herr Geheimer Etats-, Kriegs- und dirigierender Minister,
Ew. Hochfreiherliche Exzellenz werden dieses Blätgen mir als einen5 Ersaz Ihrer gütigen zweiten Einladung vergeben, die ich durch ein früheres unabänderliches Wort leider verlieren muste. Es enthält eine wiederkommende Bitte, nicht für meinen Freund Otto sondern für dessen verheirathete Schwester. Ihre Mutter, -- ihre Vormün- derin -- gab alles fremde und eigne Vermögen zur Unterstüzung eines10 Sohnes hin, der die Hofnungen der Familie machte so wie jezt ver- nichtete. Sie starb, jene erbte nicht einmal eine Ausstattung; die beiden edlern Brüder, die jezt so hart die Fehltritte des dritten büssen, brachten für sie eine kärgliche zusammen, die nur durch die kleinen Er- wartungen ihres unbemittelten Mannes -- des verdienstvollen Rektor15 Wernlein in Wonsiedel -- eine blieb. Als die Kammer den Kaufman in Anspruch nahm, hatt' er auf das Bitten der Brüder die schwesterliche Verzicht auf das mütterliche Erbrecht erklären sollen, und es unter- lassen. Jezt würde ihr kleines gerettetes Glük durch das gerichtliche [105]Wegnehmen ihrer Trümmer gar untergehen, so wie meinem edeln20 Freunde in Bayreuth jezt nichts mehr bleibt als sein Werth und das Bewustsein seiner Opfer. -- Dieses ist die reinste Wahrheit, so wie die Verehrung für Ihren Karakter und die Achtung für den meinigen sie von mir fodert, da diese Meinung von dem seinigen nicht eine Wirkung der Freundschaft ist sondern eine Ursache derselben.25
Mögen Ihre Exzellenz diese Bitte wenn nicht erfüllen, doch ver- zeihen! --
Ew. Hochfreiherlichen Exzellenz ergebenst gehorsamster Jean Paul Fr. Richter30
Meiningen d. 29. July 1801.
170. An Christian Otto.
M[einingen] d. 28. July 1801.
Lieber! Ich wolte erst auf den Abgang meines Schreibens an Hardenberg und auf die Ankunft deines dritten warten, eh' ich dieses35
169. An Hardenberg.
Hochwohlgeborner Herr, Hochgeehrteſter Herr Geheimer Etats-, Kriegs- und dirigierender Miniſter,
Ew. Hochfreiherliche Exzellenz werden dieſes Blätgen mir als einen5 Erſaz Ihrer gütigen zweiten Einladung vergeben, die ich durch ein früheres unabänderliches Wort leider verlieren muſte. Es enthält eine wiederkommende Bitte, nicht für meinen Freund Otto ſondern für deſſen verheirathete Schweſter. Ihre Mutter, — ihre Vormün- derin — gab alles fremde und eigne Vermögen zur Unterſtüzung eines10 Sohnes hin, der die Hofnungen der Familie machte ſo wie jezt ver- nichtete. Sie ſtarb, jene erbte nicht einmal eine Ausſtattung; die beiden edlern Brüder, die jezt ſo hart die Fehltritte des dritten büſſen, brachten für ſie eine kärgliche zuſammen, die nur durch die kleinen Er- wartungen ihres unbemittelten Mannes — des verdienſtvollen Rektor15 Wernlein in Wonsiedel — eine blieb. Als die Kammer den Kaufman in Anſpruch nahm, hatt’ er auf das Bitten der Brüder die ſchweſterliche Verzicht auf das mütterliche Erbrecht erklären ſollen, und es unter- laſſen. Jezt würde ihr kleines gerettetes Glük durch das gerichtliche [105]Wegnehmen ihrer Trümmer gar untergehen, ſo wie meinem edeln20 Freunde in Bayreuth jezt nichts mehr bleibt als ſein Werth und das Bewuſtſein ſeiner Opfer. — Dieſes iſt die reinſte Wahrheit, ſo wie die Verehrung für Ihren Karakter und die Achtung für den meinigen ſie von mir fodert, da dieſe Meinung von dem ſeinigen nicht eine Wirkung der Freundſchaft iſt ſondern eine Urſache derſelben.25
Mögen Ihre Exzellenz dieſe Bitte wenn nicht erfüllen, doch ver- zeihen! —
Ew. Hochfreiherlichen Exzellenz ergebenſt gehorſamſter Jean Paul Fr. Richter30
Meiningen d. 29. July 1801.
170. An Chriſtian Otto.
M[einingen] d. 28. July 1801.
Lieber! Ich wolte erſt auf den Abgang meines Schreibens an Hardenberg und auf die Ankunft deines dritten warten, eh’ ich dieſes35
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169. An Hardenberg.
Hochwohlgeborner Herr,
Hochgeehrteſter Herr Geheimer Etats-,
Kriegs- und dirigierender Miniſter,
Ew. Hochfreiherliche Exzellenz werden dieſes Blätgen mir als einen 5
Erſaz Ihrer gütigen zweiten Einladung vergeben, die ich durch ein
früheres unabänderliches Wort leider verlieren muſte. Es enthält
eine wiederkommende Bitte, nicht für meinen Freund Otto ſondern
für deſſen verheirathete Schweſter. Ihre Mutter, — ihre Vormün-
derin — gab alles fremde und eigne Vermögen zur Unterſtüzung eines 10
Sohnes hin, der die Hofnungen der Familie machte ſo wie jezt ver-
nichtete. Sie ſtarb, jene erbte nicht einmal eine Ausſtattung; die beiden
edlern Brüder, die jezt ſo hart die Fehltritte des dritten büſſen,
brachten für ſie eine kärgliche zuſammen, die nur durch die kleinen Er-
wartungen ihres unbemittelten Mannes — des verdienſtvollen Rektor 15
Wernlein in Wonsiedel — eine blieb. Als die Kammer den Kaufman
in Anſpruch nahm, hatt’ er auf das Bitten der Brüder die ſchweſterliche
Verzicht auf das mütterliche Erbrecht erklären ſollen, und es unter-
laſſen. Jezt würde ihr kleines gerettetes Glük durch das gerichtliche
Wegnehmen ihrer Trümmer gar untergehen, ſo wie meinem edeln 20
Freunde in Bayreuth jezt nichts mehr bleibt als ſein Werth und das
Bewuſtſein ſeiner Opfer. — Dieſes iſt die reinſte Wahrheit, ſo wie die
Verehrung für Ihren Karakter und die Achtung für den meinigen ſie
von mir fodert, da dieſe Meinung von dem ſeinigen nicht eine Wirkung
der Freundſchaft iſt ſondern eine Urſache derſelben. 25
[105]Mögen Ihre Exzellenz dieſe Bitte wenn nicht erfüllen, doch ver-
zeihen! —
Ew. Hochfreiherlichen Exzellenz
ergebenſt gehorſamſter
Jean Paul Fr. Richter 30
Meiningen d. 29. July 1801.
170. An Chriſtian Otto.
M[einingen] d. 28. July 1801.
Lieber! Ich wolte erſt auf den Abgang meines Schreibens an
Hardenberg und auf die Ankunft deines dritten warten, eh’ ich dieſes 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/98>, abgerufen am 16.07.2024.
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