Theuere Seele! Erstlich verbirg ja diesen Brief von der Gräfin jedem, obgleich eine Sache darin nicht wahr ist oder eben darum. Zweitens da der Vater nicht gebeten ist, du allein gehen must,5 und dort unter Weibern und ich unter Männern vergraben bin und wir uns entzogen sind: so komt es auf dich an, ob ich dich dort ent- schuldigen oder finden sol. Drittens verzeih, Geliebte, dem gestrigen Schwelgen; ich bereue daß ich dich und mich ganz der Geselschaft entzog. Möge sie es nicht misverstehen. Ich berauschte mich ordent-10 lich durch mein Sprechen; und hätte beinahe heute Kopfschmerzen. Schreibe mir dein Vergeben, du Entzückende. Warum hab ich eine so stürmende Seele?
Den Brief von der Herder kanst du zeigen.
122. An Karoline Mayer.[76]15
[Berlin, 3. (?) Mai 1801]
Guten Morgen! Wie ists mit dir? Warum fürcht' ich immer, daß etwas in unsere Lebens-Blüten eingreife? -- Sage mir herliche Worte. -- Nach dem Essen bei der Berg und dem Prinzen würd' ich dich fast zum Promenieren abholen, wenn ich nicht den bewölkten20 Himmel im jezigen sähe. Lasse mir Gute für Abend, wo ich bald er- scheine, den 2ten Band des Tristram holen -- Hier folgt der Titan für den Vater, der ihn zu den Akten legen sol, die er schon gelesen. Adio, du Liebe und Heisse und Stille und Alles was ein Herz braucht!
123. An Julie von Krüdener.25
[Kopie][Berlin, 4. Mai 1801]
Garten, in dem jezt Nachtigallen und Blüten durcheinander fliegen und der wie ein einziger Blumenkelch den Menschen wie eine Biene in seinen Honig aufnimt. Leben Sie wohl in einem Leben, das lauter Fragen hat.30
124. An König Friedrich WilhelmIII.
Allergnädigster König und Herr,
Ihro Majestät geruhen die unterthänigste Bitte eines Mannes an- zuhören, der sich nicht blos durch den Wohn- sondern auch durch den
5*
121. An Karoline Mayer.
[Berlin, Ende April 1801]
Theuere Seele! Erſtlich verbirg ja dieſen Brief von der Gräfin jedem, obgleich eine Sache darin nicht wahr iſt oder eben darum. Zweitens da der Vater nicht gebeten iſt, du allein gehen muſt,5 und dort unter Weibern und ich unter Männern vergraben bin und wir uns entzogen ſind: ſo komt es auf dich an, ob ich dich dort ent- ſchuldigen oder finden ſol. Drittens verzeih, Geliebte, dem geſtrigen Schwelgen; ich bereue daß ich dich und mich ganz der Geſelſchaft entzog. Möge ſie es nicht misverſtehen. Ich berauſchte mich ordent-10 lich durch mein Sprechen; und hätte beinahe heute Kopfſchmerzen. Schreibe mir dein Vergeben, du Entzückende. Warum hab ich eine ſo ſtürmende Seele?
Den Brief von der Herder kanſt du zeigen.
122. An Karoline Mayer.[76]15
[Berlin, 3. (?) Mai 1801]
Guten Morgen! Wie iſts mit dir? Warum fürcht’ ich immer, daß etwas in unſere Lebens-Blüten eingreife? — Sage mir herliche Worte. — Nach dem Eſſen bei der Berg und dem Prinzen würd’ ich dich faſt zum Promenieren abholen, wenn ich nicht den bewölkten20 Himmel im jezigen ſähe. Laſſe mir Gute für Abend, wo ich bald er- ſcheine, den 2ten Band des Triſtram holen — Hier folgt der Titan für den Vater, der ihn zu den Akten legen ſol, die er ſchon geleſen. Adio, du Liebe und Heiſſe und Stille und Alles was ein Herz braucht!
123. An Julie von Krüdener.25
[Kopie][Berlin, 4. Mai 1801]
Garten, in dem jezt Nachtigallen und Blüten durcheinander fliegen und der wie ein einziger Blumenkelch den Menſchen wie eine Biene in ſeinen Honig aufnimt. Leben Sie wohl in einem Leben, das lauter Fragen hat.30
124. An König Friedrich WilhelmIII.
Allergnädigſter König und Herr,
Ihro Majestät geruhen die unterthänigſte Bitte eines Mannes an- zuhören, der ſich nicht blos durch den Wohn- ſondern auch durch den
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121. An Karoline Mayer.
[Berlin, Ende April 1801]
Theuere Seele! Erſtlich verbirg ja dieſen Brief von der
Gräfin jedem, obgleich eine Sache darin nicht wahr iſt oder eben
darum. Zweitens da der Vater nicht gebeten iſt, du allein gehen muſt, 5
und dort unter Weibern und ich unter Männern vergraben bin und
wir uns entzogen ſind: ſo komt es auf dich an, ob ich dich dort ent-
ſchuldigen oder finden ſol. Drittens verzeih, Geliebte, dem geſtrigen
Schwelgen; ich bereue daß ich dich und mich ganz der Geſelſchaft
entzog. Möge ſie es nicht misverſtehen. Ich berauſchte mich ordent- 10
lich durch mein Sprechen; und hätte beinahe heute Kopfſchmerzen.
Schreibe mir dein Vergeben, du Entzückende. Warum hab ich eine
ſo ſtürmende Seele?
Den Brief von der Herder kanſt du zeigen.
122. An Karoline Mayer. 15
[Berlin, 3. (?) Mai 1801]
Guten Morgen! Wie iſts mit dir? Warum fürcht’ ich immer, daß
etwas in unſere Lebens-Blüten eingreife? — Sage mir herliche
Worte. — Nach dem Eſſen bei der Berg und dem Prinzen würd’ ich
dich faſt zum Promenieren abholen, wenn ich nicht den bewölkten 20
Himmel im jezigen ſähe. Laſſe mir Gute für Abend, wo ich bald er-
ſcheine, den 2ten Band des Triſtram holen — Hier folgt der Titan für
den Vater, der ihn zu den Akten legen ſol, die er ſchon geleſen. Adio,
du Liebe und Heiſſe und Stille und Alles was ein Herz braucht!
123. An Julie von Krüdener. 25
[Berlin, 4. Mai 1801]
Garten, in dem jezt Nachtigallen und Blüten durcheinander fliegen
und der wie ein einziger Blumenkelch den Menſchen wie eine Biene
in ſeinen Honig aufnimt. Leben Sie wohl in einem Leben, das
lauter Fragen hat. 30
124. An König Friedrich Wilhelm III.
Allergnädigſter König und Herr,
Ihro Majestät geruhen die unterthänigſte Bitte eines Mannes an-
zuhören, der ſich nicht blos durch den Wohn- ſondern auch durch den
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/73>, abgerufen am 16.07.2024.
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