Alle Menschen werden Ihnen [?] menschlicher erscheinen -- Der Unendliche lies Ihre [?] Adler Flügel nicht in den kalten Wolken er- frieren. Sie werden beide die Vorzüge und Extreme gegeneinander5 theilen und dadurch nur jene verdoppelt übrig behalten. -- Zwei Löwen wohnen nicht gern in Einem Wald; Sie konten wohl in der Liebe aber nicht in der Ehe durch ein Ebenbild glüklich werden -- den Antheil mit Antheil bezeugen. Ihr innerer Mensch ist keine wächserne Figur, die jeder Finger ändert, sondern eine organische,10 die ihm weich folgt und doch ihre Form bewahrt. Das wunde Herz ruhe sanft am warmen!
44a.In ein Stammbuch.
Die Menschen ziehen wie die Raupen, ihren Ariadnensfaden erst hinter sich auf ihren Weg, anstat ihn voraus zu haben; und sind15 daher über nichts weiser als über das, was nicht mehr ist. --
Mit der Erinnerung an frohe Stunden und mit dem Wunsche, daß auch in das Lebens- buch der lieben Besizerin wie in dieses Büch- lein nie andere als liebende Menschen kommen,20 schreibt sich auch Jean Paul Richter herein.
Berlin. d. 10 Dec. 1800.
45. An Josephine von Sydow in Klein Rambin.
[Kopie][Berlin, 17. Dez. 1800]
Zerstreuungen, die meine Arbeit zugleich unterbrechen und ver-25 mehren. Ich finde in den verschlungnen Gängen des Lebens, daß eine höhere Hand uns darauf zu einem Bovlinggreen, zu einem Monumente leiten wil. Möge der Engel des Glaubens zu dir kommen, wenn der Engel der Freude auf Minuten entfliegt.
46. An Karoline Mayer.30
[Berlin, Weihnachten 1800]
Guten Morgen! Du hast mir gestern mit dem Matin auf eine eigne Weise Guten Abend gesagt, obwohl auf eine zu hübsche. Ich danke
44. An Emilie von Berlepſch in Redwin.[31]
[Kopie][Berlin, 10. Dez. 1800]
Alle Menſchen werden Ihnen [?] menſchlicher erſcheinen — Der Unendliche lies Ihre [?] Adler Flügel nicht in den kalten Wolken er- frieren. Sie werden beide die Vorzüge und Extreme gegeneinander5 theilen und dadurch nur jene verdoppelt übrig behalten. — Zwei Löwen wohnen nicht gern in Einem Wald; Sie konten wohl in der Liebe aber nicht in der Ehe durch ein Ebenbild glüklich werden — den Antheil mit Antheil bezeugen. Ihr innerer Menſch iſt keine wächſerne Figur, die jeder Finger ändert, ſondern eine organiſche,10 die ihm weich folgt und doch ihre Form bewahrt. Das wunde Herz ruhe ſanft am warmen!
44a.In ein Stammbuch.
Die Menſchen ziehen wie die Raupen, ihren Ariadnensfaden erſt hinter ſich auf ihren Weg, anſtat ihn voraus zu haben; und ſind15 daher über nichts weiſer als über das, was nicht mehr iſt. —
Mit der Erinnerung an frohe Stunden und mit dem Wunſche, daß auch in das Lebens- buch der lieben Beſizerin wie in dieſes Büch- lein nie andere als liebende Menſchen kommen,20 ſchreibt ſich auch Jean Paul Richter herein.
Berlin. d. 10 Dec. 1800.
45. An Joſephine von Sydow in Klein Rambin.
[Kopie][Berlin, 17. Dez. 1800]
Zerſtreuungen, die meine Arbeit zugleich unterbrechen und ver-25 mehren. Ich finde in den verſchlungnen Gängen des Lebens, daß eine höhere Hand uns darauf zu einem Bovlinggreen, zu einem Monumente leiten wil. Möge der Engel des Glaubens zu dir kommen, wenn der Engel der Freude auf Minuten entfliegt.
46. An Karoline Mayer.30
[Berlin, Weihnachten 1800]
Guten Morgen! Du haſt mir geſtern mit dem Matin auf eine eigne Weiſe Guten Abend geſagt, obwohl auf eine zu hübſche. Ich danke
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44. An Emilie von Berlepſch in Redwin.
[Berlin, 10. Dez. 1800]
Alle Menſchen werden Ihnen [?] menſchlicher erſcheinen — Der
Unendliche lies Ihre [?] Adler Flügel nicht in den kalten Wolken er-
frieren. Sie werden beide die Vorzüge und Extreme gegeneinander 5
theilen und dadurch nur jene verdoppelt übrig behalten. — Zwei
Löwen wohnen nicht gern in Einem Wald; Sie konten wohl in der
Liebe aber nicht in der Ehe durch ein Ebenbild glüklich werden —
den Antheil mit Antheil bezeugen. Ihr innerer Menſch iſt keine
wächſerne Figur, die jeder Finger ändert, ſondern eine organiſche, 10
die ihm weich folgt und doch ihre Form bewahrt. Das wunde Herz
ruhe ſanft am warmen!
44a. In ein Stammbuch.
Die Menſchen ziehen wie die Raupen, ihren Ariadnensfaden erſt
hinter ſich auf ihren Weg, anſtat ihn voraus zu haben; und ſind 15
daher über nichts weiſer als über das, was nicht mehr iſt. —
Mit der Erinnerung an frohe Stunden und
mit dem Wunſche, daß auch in das Lebens-
buch der lieben Beſizerin wie in dieſes Büch-
lein nie andere als liebende Menſchen kommen, 20
ſchreibt ſich auch Jean Paul Richter herein.
Berlin. d. 10 Dec. 1800.
45. An Joſephine von Sydow in Klein Rambin.
[Berlin, 17. Dez. 1800]
Zerſtreuungen, die meine Arbeit zugleich unterbrechen und ver- 25
mehren. Ich finde in den verſchlungnen Gängen des Lebens, daß eine
höhere Hand uns darauf zu einem Bovlinggreen, zu einem Monumente
leiten wil. Möge der Engel des Glaubens zu dir kommen, wenn der
Engel der Freude auf Minuten entfliegt.
46. An Karoline Mayer. 30
[Berlin, Weihnachten 1800]
Guten Morgen! Du haſt mir geſtern mit dem Matin auf eine eigne
Weiſe Guten Abend geſagt, obwohl auf eine zu hübſche. Ich danke
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/33>, abgerufen am 16.02.2025.
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