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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

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ich aus dem Hause. Das Schicksal -- das weis ich stets voraus --
trifft immer so mit meinen Gründen zusammen, daß es mir, wenn ich
noch schwanke, die nöthigsten dazu leiht. Nach Bayreuth wünscht'
ich und C. nun -- und ich für C. besonders -- 1) weil hier unser Um-
gang nur adelicher*) war, der aber zur rechten Gemeinschaft des[321]5
Lebens und Treibens zu wenig hilft -- In Meiningen war beides
besser und näher, als in hies[iger] größeren Stadt. Freilich mit
einigen Menschen so recht verwickelt zu sein -- hin und her zu ge-
nießen -- alles zu theilen, sogar die Lust -- alles zu erzählen, sogar
die Noth -- kurz ein Höfer-Beisammenleben ist etwas, was man ewig10
vermißt außer dem bürgerlichen Geburts-Kreise. Amoene und C.
würden sich sehr lieben und suchen, das weiß ich.

Etwas würd' ich reell entrathen durch Mangel an Hofwesen, das
weiß ich auch. Von längst gesättigter, (schon litterarisch-satter) Eitel-
keit ist nicht die Rede; aber das leichtere Beisammensein (denn vor15
keinem Fürsten bin ich verlegen, aber bei einem Höf[er] Konrektor etc.
giebts gene) -- das Sein im Mittelpunkt des Hörsaals politischer
und eleganter, artistischer Neuigkeiten -- die anderweitige Lust an
Frauen und an Weinen --

20

Bitte wenigstens Emanuel (der Schnelle wegen) mir zu schreiben,
wie es in Bayreuth steht mit der 1) Bücher-Ebbe und Fluth und
Journalistikum 2) Klubbs 3) Adel 4) überhaupt welche bedeutende
Männer und Weiber zu treffen sind 5) und ob anfangs Augusts ein
schönes Logis (theuer sei es immer d. h. 70, 80, 90 fl. rh.) zu bekom-25
men, das in der Vorstadt und gegen das Freie liegt wie deines. Ich
werde dir mündlich erzählen, wie sehr auch meine anfangs ratifizierten
Rechnungen auf den Fürstenhof sich wieder auslöschten. Dumm ists,
mit Frau und Küche zu wandern; und dumm wars, daß ich sonst als
geflügelter garcon nicht mehrere Städte durchzog.30

Einen Auszug aus dem römischen Bullarium in 4 Bänden (be-
titelt: römische Religions Kasse) könntest du hier käuflich haben. --
Die Geschichte der Konklave von Clemens V bis Innocens XII fand
ich neulich ohne näheren Titel in den melanges d'histoire par etc.
Marville gepriesen angeführt und gewiß für dich tauglich. --35

*) Der bürgerliche ist mit weniger Ausnahme zu öde.
19 Jean Paul Briefe. IV.

ich aus dem Hauſe. Das Schickſal — das weis ich ſtets voraus —
trifft immer ſo mit meinen Gründen zuſammen, daß es mir, wenn ich
noch ſchwanke, die nöthigſten dazu leiht. Nach Bayreuth wünſcht’
ich und C. nun — und ich für C. beſonders — 1) weil hier unſer Um-
gang nur adelicher*) war, der aber zur rechten Gemeinſchaft des[321]5
Lebens und Treibens zu wenig hilft — In Meiningen war beides
beſſer und näher, als in hieſ[iger] größeren Stadt. Freilich mit
einigen Menſchen ſo recht verwickelt zu ſein — hin und her zu ge-
nießen — alles zu theilen, ſogar die Luſt — alles zu erzählen, ſogar
die Noth — kurz ein Höfer-Beiſammenleben iſt etwas, was man ewig10
vermißt außer dem bürgerlichen Geburts-Kreiſe. Amoene und C.
würden ſich ſehr lieben und ſuchen, das weiß ich.

Etwas würd’ ich reell entrathen durch Mangel an Hofweſen, das
weiß ich auch. Von längſt geſättigter, (ſchon litterariſch-ſatter) Eitel-
keit iſt nicht die Rede; aber das leichtere Beiſammenſein (denn vor15
keinem Fürſten bin ich verlegen, aber bei einem Höf[er] Konrektor ꝛc.
giebts gêne) — das Sein im Mittelpunkt des Hörſaals politiſcher
und eleganter, artiſtiſcher Neuigkeiten — die anderweitige Luſt an
Frauen und an Weinen —

20

Bitte wenigſtens Emanuel (der Schnelle wegen) mir zu ſchreiben,
wie es in Bayreuth ſteht mit der 1) Bücher-Ebbe und Fluth und
Journaliſtikum 2) Klubbs 3) Adel 4) überhaupt welche bedeutende
Männer und Weiber zu treffen ſind 5) und ob anfangs Auguſts ein
ſchönes Logis (theuer ſei es immer d. h. 70, 80, 90 fl. rh.) zu bekom-25
men, das in der Vorſtadt und gegen das Freie liegt wie deines. Ich
werde dir mündlich erzählen, wie ſehr auch meine anfangs ratifizierten
Rechnungen auf den Fürſtenhof ſich wieder auslöſchten. Dumm iſts,
mit Frau und Küche zu wandern; und dumm wars, daß ich ſonſt als
geflügelter garçon nicht mehrere Städte durchzog.30

Einen Auszug aus dem römiſchen Bullarium in 4 Bänden (be-
titelt: römiſche Religions Kaſſe) könnteſt du hier käuflich haben. —
Die Geſchichte der Konklave von Clemens V bis Innocens XII fand
ich neulich ohne näheren Titel in den mélanges d’histoire par ꝛc.
Marville geprieſen angeführt und gewiß für dich tauglich. —35

*) Der bürgerliche iſt mit weniger Ausnahme zu öde.
19 Jean Paul Briefe. IV.
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[289/0301] ich aus dem Hauſe. Das Schickſal — das weis ich ſtets voraus — trifft immer ſo mit meinen Gründen zuſammen, daß es mir, wenn ich noch ſchwanke, die nöthigſten dazu leiht. Nach Bayreuth wünſcht’ ich und C. nun — und ich für C. beſonders — 1) weil hier unſer Um- gang nur adelicher *) war, der aber zur rechten Gemeinſchaft des 5 Lebens und Treibens zu wenig hilft — In Meiningen war beides beſſer und näher, als in hieſ[iger] größeren Stadt. Freilich mit einigen Menſchen ſo recht verwickelt zu ſein — hin und her zu ge- nießen — alles zu theilen, ſogar die Luſt — alles zu erzählen, ſogar die Noth — kurz ein Höfer-Beiſammenleben iſt etwas, was man ewig 10 vermißt außer dem bürgerlichen Geburts-Kreiſe. Amoene und C. würden ſich ſehr lieben und ſuchen, das weiß ich. [321] Etwas würd’ ich reell entrathen durch Mangel an Hofweſen, das weiß ich auch. Von längſt geſättigter, (ſchon litterariſch-ſatter) Eitel- keit iſt nicht die Rede; aber das leichtere Beiſammenſein (denn vor 15 keinem Fürſten bin ich verlegen, aber bei einem Höf[er] Konrektor ꝛc. giebts gêne) — das Sein im Mittelpunkt des Hörſaals politiſcher und eleganter, artiſtiſcher Neuigkeiten — die anderweitige Luſt an Frauen und an Weinen — d. 28 Apr. 20 Bitte wenigſtens Emanuel (der Schnelle wegen) mir zu ſchreiben, wie es in Bayreuth ſteht mit der 1) Bücher-Ebbe und Fluth und Journaliſtikum 2) Klubbs 3) Adel 4) überhaupt welche bedeutende Männer und Weiber zu treffen ſind 5) und ob anfangs Auguſts ein ſchönes Logis (theuer ſei es immer d. h. 70, 80, 90 fl. rh.) zu bekom- 25 men, das in der Vorſtadt und gegen das Freie liegt wie deines. Ich werde dir mündlich erzählen, wie ſehr auch meine anfangs ratifizierten Rechnungen auf den Fürſtenhof ſich wieder auslöſchten. Dumm iſts, mit Frau und Küche zu wandern; und dumm wars, daß ich ſonſt als geflügelter garçon nicht mehrere Städte durchzog. 30 Einen Auszug aus dem römiſchen Bullarium in 4 Bänden (be- titelt: römiſche Religions Kaſſe) könnteſt du hier käuflich haben. — Die Geſchichte der Konklave von Clemens V bis Innocens XII fand ich neulich ohne näheren Titel in den mélanges d’histoire par ꝛc. Marville geprieſen angeführt und gewiß für dich tauglich. — 35 *) Der bürgerliche iſt mit weniger Ausnahme zu öde. 19 Jean Paul Briefe. IV.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/301>, abgerufen am 25.11.2024.