Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.München gar? -- Wie alle[n] Virtuosen liegt ihm das unverdauete Wangenheim und Kre[t]schman kämpfen jezt den Vernichtungs- Sieht Otto meine Briefe? Oder hört er sie parzial? Ein Hauptman v. Zobel ist nicht hier. 448. An Emanuel. Coburg d. 18. Febr. 1804 [Sonnabend].20Verdamt viel zu schreiben hab' ich, Guter, wie schon aus dem d. 19. Febr. Und gerade heute mus das Meiste gesagt werden; damit Ihre *) Spazier spricht in seiner öffentlichen Kritik meines Kupferstichs etwas von
poetischer Trunkenheit des Auges. Wahr genug! Denn ich lasse sie mir auf der35 Achse durch Fuhrman Weber und andere kommen, laut Rechnung. München gar? — Wie alle[n] Virtuoſen liegt ihm das unverdauete Wangenheim und Kre[t]schman kämpfen jezt den Vernichtungs- Sieht Otto meine Briefe? Oder hört er ſie parzial? Ein Hauptman v. Zobel iſt nicht hier. 448. An Emanuel. Coburg d. 18. Febr. 1804 [Sonnabend].20Verdamt viel zu ſchreiben hab’ ich, Guter, wie ſchon aus dem d. 19. Febr. Und gerade heute mus das Meiſte geſagt werden; damit Ihre *) Spazier ſpricht in ſeiner öffentlichen Kritik meines Kupferſtichs etwas von
poetiſcher Trunkenheit des Auges. Wahr genug! Denn ich laſſe ſie mir auf der35 Achſe durch Fuhrman Weber und andere kommen, laut Rechnung. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0288" n="276"/> München gar? — Wie alle[n] Virtuoſen liegt ihm das unverdauete<lb/> Lob im Magen, weil er das Salz dazu — den Tadel hinter dem Rücken<lb/> — nicht mitbekomt. Sagen, ja kopieren oder geben Sie ihm das alles;<lb/> denn ich lieb’ ihn wie meinen Sohn, ja mehr; und ich weis doch, daß<lb/> er <hi rendition="#b">ſo</hi> in kurzem arm wird. <hi rendition="#g">Rechnen</hi> Sie ihm ſeine Zukunft — d. h.<lb n="5"/> die Sklaverei der Dürftigkeit — recht vor. — Sein Traum an die<lb/> Taxis iſt für ſich wizig und ſchön und treflich; aber wer Franzoſen<lb/> geleſen, Franzoſen und Höfe geſehen und gehört und Fürſten kent,<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd4_308">[308]</ref></note>und vollends die Taxis: findet 1000 Fehler. Inzwiſchen hat ſie ihn<lb/> gewis <hi rendition="#g">entſchuldigt</hi> als einen Virtuoſen, dem man manches nach-<lb n="10"/> zuſehen habe. Guter Emanuel, gute Nacht! Schon hab’ ich 4 □ Seiten<lb/> vol und noch kaum angefangen! Und wenn ſol ich denn endigen?</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">Wangenheim</hi> und <hi rendition="#aq">Kre[t]schman</hi> kämpfen jezt den Vernichtungs-<lb/> Krieg; jener weiſet ein <hi rendition="#aq">Minus</hi> von 170,000 nach; darum iſt doch dieſer<lb/> noch nicht beſiegt oder für mich vergangen noch die Kaſſen leer. Aber<lb n="15"/> <hi rendition="#aq">sub <hi rendition="#g">rosa</hi></hi> <hi rendition="#g">dieſe</hi> Dornen!</p><lb/> <p>Sieht Otto meine Briefe? Oder hört er ſie parzial?</p><lb/> <p>Ein Hauptman v. Zobel iſt nicht hier.</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>448. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Coburg</hi> d. 18. Febr. 1804 [Sonnabend].</hi> </dateline> <lb n="20"/> <p>Verdamt viel zu ſchreiben hab’ ich, Guter, wie ſchon aus dem<lb/> Format erhellet.</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 19. Febr.</hi> </dateline><lb/> <p>Und gerade heute mus das Meiſte geſagt werden; damit Ihre<lb/> Neugierde wegen Morgen um ſo ſtärker aufſtehe; denn morgen iſt<lb n="25"/> der ſcheidende und entſcheidende Tag für ein ganzes Land. Verſchieb’<lb/> ichs, ſo kan ich nicht mit freier prophetiſcher Bruſt dan reden; be-<lb/> ſonders da ich morgen ſelber zuhöre bei der bewuſten Konferenz.<lb/> Dennoch mögen einige Kleinigkeiten, die nicht hieher gehören, lieber<lb/> vorauslaufen, für welche vielleicht die Wichtigkeit der Konferenz<lb n="30"/> ſpäter keinen Raum oder doch Zeitraum verſtattet. — Das Bier iſt<lb/> alſo treflich; die 2 Fäſſergen und 1 Mutterfas ſind, dieſes auf Bouteil-<lb/> len, jene ſonſt abgezogen.<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Spazier</hi> ſpricht in ſeiner öffentlichen Kritik meines Kupferſtichs etwas von<lb/> poetiſcher Trunkenheit des Auges. Wahr genug! Denn ich laſſe ſie mir auf der<lb n="35"/> Achſe durch Fuhrman Weber und andere kommen, laut Rechnung.</note> 6 fl. 56¾ kr. Accis- und Trankſteuer<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [276/0288]
München gar? — Wie alle[n] Virtuoſen liegt ihm das unverdauete
Lob im Magen, weil er das Salz dazu — den Tadel hinter dem Rücken
— nicht mitbekomt. Sagen, ja kopieren oder geben Sie ihm das alles;
denn ich lieb’ ihn wie meinen Sohn, ja mehr; und ich weis doch, daß
er ſo in kurzem arm wird. Rechnen Sie ihm ſeine Zukunft — d. h. 5
die Sklaverei der Dürftigkeit — recht vor. — Sein Traum an die
Taxis iſt für ſich wizig und ſchön und treflich; aber wer Franzoſen
geleſen, Franzoſen und Höfe geſehen und gehört und Fürſten kent,
und vollends die Taxis: findet 1000 Fehler. Inzwiſchen hat ſie ihn
gewis entſchuldigt als einen Virtuoſen, dem man manches nach- 10
zuſehen habe. Guter Emanuel, gute Nacht! Schon hab’ ich 4 □ Seiten
vol und noch kaum angefangen! Und wenn ſol ich denn endigen?
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Wangenheim und Kre[t]schman kämpfen jezt den Vernichtungs-
Krieg; jener weiſet ein Minus von 170,000 nach; darum iſt doch dieſer
noch nicht beſiegt oder für mich vergangen noch die Kaſſen leer. Aber 15
sub rosa dieſe Dornen!
Sieht Otto meine Briefe? Oder hört er ſie parzial?
Ein Hauptman v. Zobel iſt nicht hier.
448. An Emanuel.
Coburg d. 18. Febr. 1804 [Sonnabend]. 20
Verdamt viel zu ſchreiben hab’ ich, Guter, wie ſchon aus dem
Format erhellet.
d. 19. Febr.
Und gerade heute mus das Meiſte geſagt werden; damit Ihre
Neugierde wegen Morgen um ſo ſtärker aufſtehe; denn morgen iſt 25
der ſcheidende und entſcheidende Tag für ein ganzes Land. Verſchieb’
ichs, ſo kan ich nicht mit freier prophetiſcher Bruſt dan reden; be-
ſonders da ich morgen ſelber zuhöre bei der bewuſten Konferenz.
Dennoch mögen einige Kleinigkeiten, die nicht hieher gehören, lieber
vorauslaufen, für welche vielleicht die Wichtigkeit der Konferenz 30
ſpäter keinen Raum oder doch Zeitraum verſtattet. — Das Bier iſt
alſo treflich; die 2 Fäſſergen und 1 Mutterfas ſind, dieſes auf Bouteil-
len, jene ſonſt abgezogen. *) 6 fl. 56¾ kr. Accis- und Trankſteuer
*) Spazier ſpricht in ſeiner öffentlichen Kritik meines Kupferſtichs etwas von
poetiſcher Trunkenheit des Auges. Wahr genug! Denn ich laſſe ſie mir auf der 35
Achſe durch Fuhrman Weber und andere kommen, laut Rechnung.
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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