Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.Adelbert war sehr gefasset -- wie er denn auch fassend ist -- und legte Wangenheim hat seinen einzigen Sohn verloren und seinen halben Coburg d. 21. Jenn. Es ist meine Pflicht, Sie nicht lange in vergeblicher Mühe oder N. S. Wie die Ministerin meiner Frau sagte, sol der Minister Adelbert war ſehr gefaſſet — wie er denn auch faſſend iſt — und legte Wangenheim hat ſeinen einzigen Sohn verloren und ſeinen halben Coburg d. 21. Jenn. Es iſt meine Pflicht, Sie nicht lange in vergeblicher Mühe oder N. S. Wie die Miniſterin meiner Frau ſagte, ſol der Miniſter <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0282" n="270"/> Adelbert war ſehr gefaſſet — wie er denn auch faſſend iſt — und legte<lb/> auf ſeine Bienen-Wunde den ökonomiſchen Miſt. Als ich ſagte, daß<lb/> blos die 2 weiblichen Seelen gewis am tiefſten gebogen wären: ſo<lb/> fiel er mir bei und erklärte ſich den mehr ſtoiſchen Stand der mänlichen<lb/> daraus, daß dieſe weniger an den Vater gewöhnt geweſen. — Noch<lb n="5"/> einmal geh’ ich nach <hi rendition="#aq">Meiningen</hi> und <hi rendition="#aq">Weimar;</hi> dan nie mehr, nie. Der<lb/> bloſſe <hi rendition="#aq">Rinaldo,</hi> oder der <hi rendition="#aq">D[oktor]</hi> iſt mir jezt lieber, — ja ſchon des<lb/> Groſſen Stube — als der Geſamt-Parnas da. Auch meine Geſund-<lb/> heit muſte ein wenig mittrauern. Was Er als Geiſt mir war, das war<lb/> Er vielleicht niemand ſo; und ein hübſches Stük meines Innern und<lb n="10"/> Lebens wurd’ ihm mit in den Sarg gegeben, und ich kan einmal mein<lb/> Parzial-Grab beſuchen. Himmel! wie ſchön wäre das Leben, wenn die<lb/> Natur die Menſchen nach <hi rendition="#g">Schlägen</hi> fälte, allemal nur einen Pak<lb/> Freunde! In der Ehe iſt es ein bitterer Gedanke, die Gewisheit, den<lb/> höchſten Schmerz einmal entweder zu geben oder zu empfangen. —<lb n="15"/> </p> <p><hi rendition="#aq">Wangenheim</hi> hat ſeinen einzigen Sohn verloren und ſeinen halben<lb/> Vaterhimmel.</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Coburg</hi> d. 21. Jenn.</hi> </dateline><lb/> <p>Es iſt meine Pflicht, Sie nicht lange in vergeblicher Mühe oder<lb/> Sorge zu laſſen, ſondern Sie zu benachrichtigen, daß ich erſtlich nicht<lb n="20"/> recht einen Einſpänner kriegen konte und zweitens wahrſcheinlich noch<lb/> ſchwerer deſſen Her-Fracht und drittens auch keinen Schubkärner von<lb/> mehr als 1 Eimer. Ich warte daher — eh’ ich leztern mit einem<lb/> Ziehſchlitlein ſende — bis einiger Schnee zu lezterem da iſt, um ſo<lb/> mehr, da das <hi rendition="#aq">Kretschm[ansche]</hi> Bier in Rükſicht der Stärke treflich<lb n="25"/> iſt, die mir freilich nie den Geſchmak erſezt. Doch bleibt Ihnen un-<lb/> verwehrt, mir ſo viele Keller zuzuſchicken als Sie zufällig Fuhr-Räder<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd4_302">[302]</ref></note>dazu finden, oder ſo viele aufzuheben als Sie ſchon angeſchaft. Ver-<lb/> geben Sie mir die Noth, in die ich Sie etwa ſolte geſezt haben durch<lb/> meine. Adio, Lieber!<lb n="30"/> </p> <p>N. S. Wie die Miniſterin meiner Frau ſagte, ſol der Miniſter<lb/> über meinen Waſſer-Fal ſehr erſtaunt und in ſich gegangen ſein. Blos<lb/> die Doppel-Sünde — wenn nämlich jemand auf der Straſſe auf beiden<lb/> Seiten ſündigt — ich weis die Sache nicht recht delikat auszudrücken —<lb/> kurz wenn ein Menſch dabei nicht ſteht — das wäre ſeine Geſezes-<lb n="35"/> Meinung, erklärt er jezt das Geſez. Und es kan alſo ſein, daß ich den<lb/> Koburgern wenigſtens auf <hi rendition="#g">der</hi> Seite durch die <hi rendition="#g">meinige,</hi> mehr <hi rendition="#g">Pres-</hi><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [270/0282]
Adelbert war ſehr gefaſſet — wie er denn auch faſſend iſt — und legte
auf ſeine Bienen-Wunde den ökonomiſchen Miſt. Als ich ſagte, daß
blos die 2 weiblichen Seelen gewis am tiefſten gebogen wären: ſo
fiel er mir bei und erklärte ſich den mehr ſtoiſchen Stand der mänlichen
daraus, daß dieſe weniger an den Vater gewöhnt geweſen. — Noch 5
einmal geh’ ich nach Meiningen und Weimar; dan nie mehr, nie. Der
bloſſe Rinaldo, oder der D[oktor] iſt mir jezt lieber, — ja ſchon des
Groſſen Stube — als der Geſamt-Parnas da. Auch meine Geſund-
heit muſte ein wenig mittrauern. Was Er als Geiſt mir war, das war
Er vielleicht niemand ſo; und ein hübſches Stük meines Innern und 10
Lebens wurd’ ihm mit in den Sarg gegeben, und ich kan einmal mein
Parzial-Grab beſuchen. Himmel! wie ſchön wäre das Leben, wenn die
Natur die Menſchen nach Schlägen fälte, allemal nur einen Pak
Freunde! In der Ehe iſt es ein bitterer Gedanke, die Gewisheit, den
höchſten Schmerz einmal entweder zu geben oder zu empfangen. — 15
Wangenheim hat ſeinen einzigen Sohn verloren und ſeinen halben
Vaterhimmel.
Coburg d. 21. Jenn.
Es iſt meine Pflicht, Sie nicht lange in vergeblicher Mühe oder
Sorge zu laſſen, ſondern Sie zu benachrichtigen, daß ich erſtlich nicht 20
recht einen Einſpänner kriegen konte und zweitens wahrſcheinlich noch
ſchwerer deſſen Her-Fracht und drittens auch keinen Schubkärner von
mehr als 1 Eimer. Ich warte daher — eh’ ich leztern mit einem
Ziehſchlitlein ſende — bis einiger Schnee zu lezterem da iſt, um ſo
mehr, da das Kretschm[ansche] Bier in Rükſicht der Stärke treflich 25
iſt, die mir freilich nie den Geſchmak erſezt. Doch bleibt Ihnen un-
verwehrt, mir ſo viele Keller zuzuſchicken als Sie zufällig Fuhr-Räder
dazu finden, oder ſo viele aufzuheben als Sie ſchon angeſchaft. Ver-
geben Sie mir die Noth, in die ich Sie etwa ſolte geſezt haben durch
meine. Adio, Lieber! 30
[302]N. S. Wie die Miniſterin meiner Frau ſagte, ſol der Miniſter
über meinen Waſſer-Fal ſehr erſtaunt und in ſich gegangen ſein. Blos
die Doppel-Sünde — wenn nämlich jemand auf der Straſſe auf beiden
Seiten ſündigt — ich weis die Sache nicht recht delikat auszudrücken —
kurz wenn ein Menſch dabei nicht ſteht — das wäre ſeine Geſezes- 35
Meinung, erklärt er jezt das Geſez. Und es kan alſo ſein, daß ich den
Koburgern wenigſtens auf der Seite durch die meinige, mehr Pres-
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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