der bayreuther Zeitung bekant sein -- der (erinner' ich mich recht) in Leipzig oder Paris oder Fontainebleau gegigen, nach Bayreuth die Post genommen von Bamberg aus. Der Man gefält mir und im Alter kan er passabel werden. Soviel ist gewis und dabei schön, daß er in einem gewissen Hause -- worin Gegenwärtiger gleichfals wohnt5 -- einen Abtrit hat weissen lassen (an Stellen, die nicht geweisset waren) und dabei 2 Fensterlein einsezen gegen Zugluft, weil der Virtuose Arzt ist und vielleicht mehr davon weis, wie sehr alles Schädliche schadet, als mancher einfältige Simpel, der den Henker davon versteht, was gesund ist. Doch hatte bisher der Man mit10 keinem Gedärm zu thun als was aufgeschraubt ist, und wenn andere schlechtere Aerzte durch Leeren desselben leben, so fült er vielmehr seines dadurch, daß er fremdes nur von aussen behandelt. --
Mein Alter, kan ich nicht in 14 Tagen Johanniter Bier haben? Ich weis wohl, daß ich alle Fässer auf 1 mal mit 1 Fuhrman schicke. --15 Die Schleier meiner C. anlangend, so weis ich, daß ich Sie das nächstemal nicht von mir lasse, bis Sie alle alte Hosen und Röcke von mir angezogen und mitgenommen, und wärs auch nur des Spasses halber, daß Sie mir nachher zu meinem Erstaunen dieselben Sachen als ganz neu zufertigen und schenken, was wahrhaftig mehr20 als zuviel ist. [Schluß fehlt]
[273] *414. An Josephine von Sydow.
Coburg d. 16 Oct. 1803.
Geliebte Freundin! Mit banger Sehnsucht und heller Freude empfieng ich Ihr Blat. Längst hätte ich an Sie geschrieben, hätt'25 ich nicht falsche Nachrichten über Ihren Aufenthalt, sogar über Ihr Verhältnis erhalten. Ich glaubte Sie in Frankreich. Ich bin der Alte und der Neue gegen Sie; wir kennen gegen einander keine Zeit, denn was Zeit kent, geht durch Zeit unter. Gute Josephine, ich sehne mich nach Ihnen, nach Ihrer Stimme, nach30 Ihrem Blik, nach der ganzen Seeligkeit unserer geflügelten Abendsekunden. Sie werden nie vergessen, weil Sie nie ver- wechselt werden. Ihr deutsches Auge und Herz, Ihr vaterländi- sches Feuer, und Ihr italienisches dazu, bemächtigen sich leicht des fremden und man wünscht weiter nichts als Postpferde nach35 Berlin.
der bayreuther Zeitung bekant ſein — der (erinner’ ich mich recht) in Leipzig oder Paris oder Fontainebleau gegigen, nach Bayreuth die Poſt genommen von Bamberg aus. Der Man gefält mir und im Alter kan er paſſabel werden. Soviel iſt gewis und dabei ſchön, daß er in einem gewiſſen Hauſe — worin Gegenwärtiger gleichfals wohnt5 — einen Abtrit hat weiſſen laſſen (an Stellen, die nicht geweiſſet waren) und dabei 2 Fenſterlein einſezen gegen Zugluft, weil der Virtuoſe Arzt iſt und vielleicht mehr davon weis, wie ſehr alles Schädliche ſchadet, als mancher einfältige Simpel, der den Henker davon verſteht, was geſund iſt. Doch hatte bisher der Man mit10 keinem Gedärm zu thun als was aufgeſchraubt iſt, und wenn andere ſchlechtere Aerzte durch Leeren deſſelben leben, ſo fült er vielmehr ſeines dadurch, daß er fremdes nur von auſſen behandelt. —
Mein Alter, kan ich nicht in 14 Tagen Johanniter Bier haben? Ich weis wohl, daß ich alle Fäſſer auf 1 mal mit 1 Fuhrman ſchicke. —15 Die Schleier meiner C. anlangend, ſo weis ich, daß ich Sie das nächſtemal nicht von mir laſſe, bis Sie alle alte Hoſen und Röcke von mir angezogen und mitgenommen, und wärs auch nur des Spaſſes halber, daß Sie mir nachher zu meinem Erſtaunen dieſelben Sachen als ganz neu zufertigen und ſchenken, was wahrhaftig mehr20 als zuviel iſt. [Schluß fehlt]
[273] *414. An Joſephine von Sydow.
Coburg d. 16 Oct. 1803.
Geliebte Freundin! Mit banger Sehnsucht und heller Freude empfieng ich Ihr Blat. Längst hätte ich an Sie geschrieben, hätt’25 ich nicht falsche Nachrichten über Ihren Aufenthalt, sogar über Ihr Verhältnis erhalten. Ich glaubte Sie in Frankreich. Ich bin der Alte und der Neue gegen Sie; wir kennen gegen einander keine Zeit, denn was Zeit kent, geht durch Zeit unter. Gute Josephine, ich sehne mich nach Ihnen, nach Ihrer Stimme, nach30 Ihrem Blik, nach der ganzen Seeligkeit unserer geflügelten Abendsekunden. Sie werden nie vergessen, weil Sie nie ver- wechselt werden. Ihr deutsches Auge und Herz, Ihr vaterländi- sches Feuer, und Ihr italienisches dazu, bemächtigen sich leicht des fremden und man wünscht weiter nichts als Postpferde nach35 Berlin.
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der bayreuther Zeitung bekant ſein — der (erinner’ ich mich recht)
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Alter kan er paſſabel werden. Soviel iſt gewis und dabei ſchön, daß
er in einem gewiſſen Hauſe — worin Gegenwärtiger gleichfals wohnt 5
— einen Abtrit hat weiſſen laſſen (an Stellen, die nicht geweiſſet
waren) und dabei 2 Fenſterlein einſezen gegen Zugluft, weil der
Virtuoſe Arzt iſt und vielleicht mehr davon weis, wie ſehr alles
Schädliche ſchadet, als mancher einfältige Simpel, der den Henker
davon verſteht, was geſund iſt. Doch hatte bisher der Man mit 10
keinem Gedärm zu thun als was aufgeſchraubt iſt, und wenn andere
ſchlechtere Aerzte durch Leeren deſſelben leben, ſo fült er vielmehr
ſeines dadurch, daß er fremdes nur von auſſen behandelt. —
Mein Alter, kan ich nicht in 14 Tagen Johanniter Bier haben?
Ich weis wohl, daß ich alle Fäſſer auf 1 mal mit 1 Fuhrman ſchicke. — 15
Die Schleier meiner C. anlangend, ſo weis ich, daß ich Sie das
nächſtemal nicht von mir laſſe, bis Sie alle alte Hoſen und Röcke
von mir angezogen und mitgenommen, und wärs auch nur des
Spaſſes halber, daß Sie mir nachher zu meinem Erſtaunen dieſelben
Sachen als ganz neu zufertigen und ſchenken, was wahrhaftig mehr 20
als zuviel iſt. [Schluß fehlt]
*414. An Joſephine von Sydow.
Coburg d. 16 Oct. 1803.
Geliebte Freundin! Mit banger Sehnsucht und heller Freude
empfieng ich Ihr Blat. Längst hätte ich an Sie geschrieben, hätt’ 25
ich nicht falsche Nachrichten über Ihren Aufenthalt, sogar über
Ihr Verhältnis erhalten. Ich glaubte Sie in Frankreich. Ich bin
der Alte und der Neue gegen Sie; wir kennen gegen einander
keine Zeit, denn was Zeit kent, geht durch Zeit unter. Gute
Josephine, ich sehne mich nach Ihnen, nach Ihrer Stimme, nach 30
Ihrem Blik, nach der ganzen Seeligkeit unserer geflügelten
Abendsekunden. Sie werden nie vergessen, weil Sie nie ver-
wechselt werden. Ihr deutsches Auge und Herz, Ihr vaterländi-
sches Feuer, und Ihr italienisches dazu, bemächtigen sich leicht
des fremden und man wünscht weiter nichts als Postpferde nach 35
Berlin.
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/256>, abgerufen am 16.02.2025.
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