Kapitel. Wie ihn der Affe der Fürstin fürchterlich karikieret, so er als Affe den Helden, der sich auch manches Ungethane vorwirft.
Verlegers "Zwingen" und gar zur "Kürze" kenn' und duldet' ich nie.
Aber Albano hat nun auf dem Throne einen Kreis seiner Kräfte5 p. 63. 64. -- kent das geheime Gift seiner Aehnlichkeit (denn Linda spielte seine Rolle gegen Liane nach) und kan nun mit den Wunden, die ihm von den Todten gegeben wurden, nicht sofort ins Kinder-Eden der ersten Liebe hinein, sondern mus die Liebe und die edle Idoine erst in der Ehe kennen lernen: wie kont' ich da die lezten Szenen verlän-10 gern? -- Sapientissimo sat!
Auch ich bete Gustav Adolph an. -- Bouterwek wil ich lesen. -- Zu Ostern geb ich 2 Bände Flegeljahre, worin alles sanft, mild, komisch und ohne Titanismus ist. Im Winter schreib ich endlich meine "Programmen" oder ästhetischen Untersuchungen. -- Mein Kind15 blüht. Im November bekomt es eine Geschwister-Blüte. -- Gott schenke dir andere Tage und Arzeneien. Vergieb mein Schweigen so wie jezt mein Eilen.
J. P. F. Richter
Bouterwek wil ich lesen. Sei mir halb so gut als ich dir. Solte denn20 der Brownianismus an dir allein scheitern?
402. An Emanuel.
Coburg. 14. Sept. [1803]
Eben retournieren wir -- Fr. v. Kalb, ihre Tochter, meine, deren Mutter, Vater und Thieriot -- von der Finkenmühle zu Pferde,25 nachdem man so froh gewesen als man hier papierlich ist. Das Kraushaar ist ungemein zufrieden, mit andern so sehr als mit sich, wie man auch andere so lieben sol als sich (eigentlich mehr als sich). Es kan sein, daß er nach Bamberg geht; aber er ist fein, besonders da er so zu schweigen weis, daß man nicht recht erräth, was er sagen30 wil. --
[267] Lieber Emanuel! Es ist mir als wären Sie gar nicht bei uns ge- wesen, -- die Sehnsucht ist dieselbe -- blos weil Sie nicht Abschied genommen. Es ist zu hart zu scheiden, ohne es zu sagen. Mög' Ihre Wiederkehr bald wiederkehren! -- Bier, Bier, Bier, wie es auch35
Kapitel. Wie ihn der Affe der Fürſtin fürchterlich karikieret, ſo er als Affe den Helden, der ſich auch manches Ungethane vorwirft.
Verlegers „Zwingen“ und gar zur „Kürze“ kenn’ und duldet’ ich nie.
Aber Albano hat nun auf dem Throne einen Kreis ſeiner Kräfte5 p. 63. 64. — kent das geheime Gift ſeiner Aehnlichkeit (denn Linda ſpielte ſeine Rolle gegen Liane nach) und kan nun mit den Wunden, die ihm von den Todten gegeben wurden, nicht ſofort ins Kinder-Eden der erſten Liebe hinein, ſondern mus die Liebe und die edle Idoine erſt in der Ehe kennen lernen: wie kont’ ich da die lezten Szenen verlän-10 gern? — Sapientissimo sat!
Auch ich bete Guſtav Adolph an. — Bouterwek wil ich leſen. — Zu Oſtern geb ich 2 Bände Flegeljahre, worin alles ſanft, mild, komiſch und ohne Titaniſmus iſt. Im Winter ſchreib ich endlich meine „Programmen“ oder äſthetiſchen Unterſuchungen. — Mein Kind15 blüht. Im November bekomt es eine Geſchwiſter-Blüte. — Gott ſchenke dir andere Tage und Arzeneien. Vergieb mein Schweigen ſo wie jezt mein Eilen.
J. P. F. Richter
Bouterwek wil ich leſen. Sei mir halb ſo gut als ich dir. Solte denn20 der Brownianiſmus an dir allein ſcheitern?
402. An Emanuel.
Coburg. 14. Sept. [1803]
Eben retournieren wir — Fr. v. Kalb, ihre Tochter, meine, deren Mutter, Vater und Thieriot — von der Finkenmühle zu Pferde,25 nachdem man ſo froh geweſen als man hier papierlich iſt. Das Kraushaar iſt ungemein zufrieden, mit andern ſo ſehr als mit ſich, wie man auch andere ſo lieben ſol als ſich (eigentlich mehr als ſich). Es kan ſein, daß er nach Bamberg geht; aber er iſt fein, beſonders da er ſo zu ſchweigen weis, daß man nicht recht erräth, was er ſagen30 wil. —
[267] Lieber Emanuel! Es iſt mir als wären Sie gar nicht bei uns ge- weſen, — die Sehnſucht iſt dieſelbe — blos weil Sie nicht Abſchied genommen. Es iſt zu hart zu ſcheiden, ohne es zu ſagen. Mög’ Ihre Wiederkehr bald wiederkehren! — Bier, Bier, Bier, wie es auch35
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Kapitel. Wie ihn der Affe der Fürſtin fürchterlich karikieret, ſo er als
Affe den Helden, der ſich auch manches Ungethane vorwirft.
Verlegers „Zwingen“ und gar zur „Kürze“ kenn’ und duldet’ ich
nie.
Aber Albano hat nun auf dem Throne einen Kreis ſeiner Kräfte 5
p. 63. 64. — kent das geheime Gift ſeiner Aehnlichkeit (denn Linda
ſpielte ſeine Rolle gegen Liane nach) und kan nun mit den Wunden,
die ihm von den Todten gegeben wurden, nicht ſofort ins Kinder-Eden
der erſten Liebe hinein, ſondern mus die Liebe und die edle Idoine erſt
in der Ehe kennen lernen: wie kont’ ich da die lezten Szenen verlän- 10
gern? — Sapientissimo sat!
Auch ich bete Guſtav Adolph an. — Bouterwek wil ich leſen. —
Zu Oſtern geb ich 2 Bände Flegeljahre, worin alles ſanft, mild,
komiſch und ohne Titaniſmus iſt. Im Winter ſchreib ich endlich meine
„Programmen“ oder äſthetiſchen Unterſuchungen. — Mein Kind 15
blüht. Im November bekomt es eine Geſchwiſter-Blüte. — Gott
ſchenke dir andere Tage und Arzeneien. Vergieb mein Schweigen ſo
wie jezt mein Eilen.
J. P. F. Richter
Bouterwek wil ich leſen. Sei mir halb ſo gut als ich dir. Solte denn 20
der Brownianiſmus an dir allein ſcheitern?
402. An Emanuel.
Coburg. 14. Sept. [1803]
Eben retournieren wir — Fr. v. Kalb, ihre Tochter, meine, deren
Mutter, Vater und Thieriot — von der Finkenmühle zu Pferde, 25
nachdem man ſo froh geweſen als man hier papierlich iſt. Das
Kraushaar iſt ungemein zufrieden, mit andern ſo ſehr als mit ſich,
wie man auch andere ſo lieben ſol als ſich (eigentlich mehr als ſich).
Es kan ſein, daß er nach Bamberg geht; aber er iſt fein, beſonders
da er ſo zu ſchweigen weis, daß man nicht recht erräth, was er ſagen 30
wil. —
Lieber Emanuel! Es iſt mir als wären Sie gar nicht bei uns ge-
weſen, — die Sehnſucht iſt dieſelbe — blos weil Sie nicht Abſchied
genommen. Es iſt zu hart zu ſcheiden, ohne es zu ſagen. Mög’ Ihre
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/246>, abgerufen am 16.07.2024.
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