Dieses Blat heute Donnerstags zwischen 4 und 5 Uhr auf dem Wachstuchtisch im Dachstübgen gefunden und geschrieben, sei ein5 Zeichen, daß der Abwesende Ihnen zweimal nahe war oder ist.
Richter
392. An Christian Otto.
Coburg d. 19. Jul. 1803 [Dienstag].
Als wenn Kretschman wüste, welche Frage ich dir zu beantworten10 habe, lies er uns schon Sontags Mittags und Abends bei sich essen. Ein Departementsrath steht offen -- Landes-Landwirthschaft ist sein Kreis -- nur arbeitet er mehr in einem Arbeitshaus als Arbeitsbeutel. "Von Morgen bis in die Nacht" sagte Kretschman, der am herlichen Polizeidirektor Ortlof kein Bücherschreiben leiden15 wil aus Zeit-Mangel. Hier kent er keinen Spas, nur Gesez. Daher fragt' ich ihn nach keinen Intraden; zumal da ich doch weis, daß er sie alle sehr gros gemacht. Auskommen würdest du wohl mit ihm; denn troz allem Anfahren nimt er freudig jede Vernunft an. Er richtet mit der eisernen Elle, womit er selber gemessen sein wil; und20 fodert z. B. unter dem Donnern über restierende Berichte ein gleiches [258]über restierende Reskripte. Also sag' ich dir den Verlust deiner jezigen litterarischen und a[ndern] Musse Freiheit und Arbeit voraus -- nun wähle.
Das Übrige in deinem Briefe kan gemächlich in einem zweiten be-25 antwortet werden. Leb wohl!
R.
393. An Emanuel.
Coburg 19. Jul. 1803.
Mein mir immer lieberer Emanuel, mit dem ich sogar auszu-30 kommen mich getrauete, wenn ich mich mit ihm hätte kopulieren lassen! -- Meine Reise vor diesen Göttertagen, an welchen herliche Sachen bei Ihnen zu machen wären, würde mich reuen, wenn ich nicht Jetten auf ihrer begegnet wäre. -- Mein alter Herzog in M[einingen] wolte mich gerade den Tag nach der Abreise nach35
391. An Thieriot.
[Bayreuth, 14. Juli 1803]
Lieber Thieriot,
Dieſes Blat heute Donnerſtags zwiſchen 4 und 5 Uhr auf dem Wachstuchtiſch im Dachſtübgen gefunden und geſchrieben, ſei ein5 Zeichen, daß der Abweſende Ihnen zweimal nahe war oder iſt.
Richter
392. An Chriſtian Otto.
Coburg d. 19. Jul. 1803 [Dienstag].
Als wenn Kretschman wüſte, welche Frage ich dir zu beantworten10 habe, lies er uns ſchon Sontags Mittags und Abends bei ſich eſſen. Ein Departementsrath ſteht offen — Landes-Landwirthſchaft iſt ſein Kreis — nur arbeitet er mehr in einem Arbeitshaus als Arbeitsbeutel. „Von Morgen bis in die Nacht“ ſagte Kretschman, der am herlichen Polizeidirektor Ortlof kein Bücherſchreiben leiden15 wil aus Zeit-Mangel. Hier kent er keinen Spas, nur Geſez. Daher fragt’ ich ihn nach keinen Intraden; zumal da ich doch weis, daß er ſie alle ſehr gros gemacht. Auskommen würdeſt du wohl mit ihm; denn troz allem Anfahren nimt er freudig jede Vernunft an. Er richtet mit der eiſernen Elle, womit er ſelber gemeſſen ſein wil; und20 fodert z. B. unter dem Donnern über reſtierende Berichte ein gleiches [258]über reſtierende Reſkripte. Alſo ſag’ ich dir den Verluſt deiner jezigen litterariſchen und a[ndern] Muſſe 〈Freiheit〉 und Arbeit voraus — nun wähle.
Das Übrige in deinem Briefe kan gemächlich in einem zweiten be-25 antwortet werden. Leb wohl!
R.
393. An Emanuel.
Coburg 19. Jul. 1803.
Mein mir immer lieberer Emanuel, mit dem ich ſogar auszu-30 kommen mich getrauete, wenn ich mich mit ihm hätte kopulieren laſſen! — Meine Reiſe vor dieſen Göttertagen, an welchen herliche Sachen bei Ihnen zu machen wären, würde mich reuen, wenn ich nicht Jetten auf ihrer begegnet wäre. — Mein alter Herzog in M[einingen] wolte mich gerade den Tag nach der Abreiſe nach35
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[230/0238]
391. An Thieriot.
[Bayreuth, 14. Juli 1803]
Lieber Thieriot,
Dieſes Blat heute Donnerſtags zwiſchen 4 und 5 Uhr auf dem
Wachstuchtiſch im Dachſtübgen gefunden und geſchrieben, ſei ein 5
Zeichen, daß der Abweſende Ihnen zweimal nahe war oder iſt.
Richter
392. An Chriſtian Otto.
Coburg d. 19. Jul. 1803 [Dienstag].
Als wenn Kretschman wüſte, welche Frage ich dir zu beantworten 10
habe, lies er uns ſchon Sontags Mittags und Abends bei ſich eſſen.
Ein Departementsrath ſteht offen — Landes-Landwirthſchaft
iſt ſein Kreis — nur arbeitet er mehr in einem Arbeitshaus als
Arbeitsbeutel. „Von Morgen bis in die Nacht“ ſagte Kretschman,
der am herlichen Polizeidirektor Ortlof kein Bücherſchreiben leiden 15
wil aus Zeit-Mangel. Hier kent er keinen Spas, nur Geſez. Daher
fragt’ ich ihn nach keinen Intraden; zumal da ich doch weis, daß er
ſie alle ſehr gros gemacht. Auskommen würdeſt du wohl mit ihm;
denn troz allem Anfahren nimt er freudig jede Vernunft an. Er
richtet mit der eiſernen Elle, womit er ſelber gemeſſen ſein wil; und 20
fodert z. B. unter dem Donnern über reſtierende Berichte ein gleiches
über reſtierende Reſkripte. Alſo ſag’ ich dir den Verluſt deiner jezigen
litterariſchen und a[ndern] Muſſe 〈Freiheit〉 und Arbeit voraus — nun
wähle.
[258]
Das Übrige in deinem Briefe kan gemächlich in einem zweiten be- 25
antwortet werden. Leb wohl!
R.
393. An Emanuel.
Coburg 19. Jul. 1803.
Mein mir immer lieberer Emanuel, mit dem ich ſogar auszu- 30
kommen mich getrauete, wenn ich mich mit ihm hätte kopulieren
laſſen! — Meine Reiſe vor dieſen Göttertagen, an welchen herliche
Sachen bei Ihnen zu machen wären, würde mich reuen, wenn ich
nicht Jetten auf ihrer begegnet wäre. — Mein alter Herzog in
M[einingen] wolte mich gerade den Tag nach der Abreiſe nach 35
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/238>, abgerufen am 16.07.2024.
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