[gestrichen: On badine, on plaisante, on rit quelquefois, on se[252] delasse, mais sans vous lasser]
Meine Frau liebt und invitiert und grüsset Sie. Der Spiz II ver- spricht -- weiter weis er Politesse nicht zu treiben -- Sie nicht bei dem Arm zu nehmen mit dem Gebis.5
382. An Henriette Schwendler in Meiningen.
[Kopie][Koburg, 21. Juni 1803]
Säusak -- Käse -- etc. Schinken (mein voriger war nur geräuchertes Fleisch dagegen) und Hofnungen haben wir hier viel besser, auch die Urtheile, als in M[einingen], besonders über Kretschman, der mit10 noch 5 Philosophen für den Herbst [?] eine beste Geselschaft ausmacht. Ich bin im Himmel, obgleich oben am Himmel die Hölle hängt.
383. An Präsident Heim in Meiningen.
Citissime
Coburg. d. 21 Jun. 1803.
Mein unvergeslicher Präsident und Siesten-Gast! -- Indem15 ich meine Dinten-Flasche über dieses Papier halte und stürze: kan kein Tropfe heraus, blos weil sie ganz -- vol ist. Ich wolte, ich hätte weniger zu sagen, so könt' ich mehr sagen. Unsere Freude und Lage mögen Sie aus meiner Caroline Brief an die Schwendler ersehen.
Das einzige was ich Ihnen zu sagen, Papier und Zeit habe, ist,20 daß Kretschman nicht des Teufels lebendig ist, sondern ein herlicher Kopf -- ein rein durchschreitender energischer (Präsidenten-)Karakter -- ein von den Besten geachteter Man -- das Land, nicht den Thron bauender Man -- der Antichrist des Schlend[r]iannischen Antichrists, der kekste Feind der Justiz-, Kammer-, und Hof-Wöchnerei und Spiz-25 büberei -- und ein Man, der dadurch in kurzer Zeit vor ganz Deutsch- land aus einem Unglükskometen zu einem Weisen- und Glüksstern werden wird, daß er seine ganze Organisazion und alle Angriffe derselben und alle fürstlichen etc. Briefe drucken lässet. Wenn Sie das Werk lesen, werden Sie vorn Ihren Namen hineinschreiben und30 dabei sezen: sic pagina jungit amicos.
Leben Sie wohl, mein alter, junger, verehrungswürdiger Präsi-[253] dent! Schreiben Sie bald und jede Nachbarschaft Ihres Herzens sei von uns beiden herzlich gegrüsset!
Richter35
15 Jean Paul Briefe. IV.
[gestrichen: On badine, on plaisante, on rit quelquefois, on se[252] délasse, mais sans vous lasser]
Meine Frau liebt und invitiert und grüſſet Sie. Der Spiz II ver- ſpricht — weiter weis er Politeſſe nicht zu treiben — Sie nicht bei dem Arm zu nehmen mit dem Gebis.5
382. An Henriette Schwendler in Meiningen.
[Kopie][Koburg, 21. Juni 1803]
Säuſak — Käſe — ꝛc. Schinken (mein voriger war nur geräuchertes Fleiſch dagegen) und Hofnungen haben wir hier viel beſſer, auch die Urtheile, als in M[einingen], beſonders über Kretschman, der mit10 noch 5 Philoſophen für den Herbſt [?] eine beſte Geſelſchaft ausmacht. Ich bin im Himmel, obgleich oben am Himmel die Hölle hängt.
383. An Präſident Heim in Meiningen.
Citissime
Coburg. d. 21 Jun. 1803.
Mein unvergeslicher Präſident und Siésten-Gaſt! — Indem15 ich meine Dinten-Flaſche über dieſes Papier halte und ſtürze: kan kein Tropfe heraus, blos weil ſie ganz — vol iſt. Ich wolte, ich hätte weniger zu ſagen, ſo könt’ ich mehr ſagen. Unſere Freude und Lage mögen Sie aus meiner Caroline Brief an die Schwendler erſehen.
Das einzige was ich Ihnen zu ſagen, Papier und Zeit habe, iſt,20 daß Kretschman nicht des Teufels lebendig iſt, ſondern ein herlicher Kopf — ein rein durchſchreitender energiſcher (Präſidenten-)Karakter — ein von den Beſten geachteter Man — das Land, nicht den Thron bauender Man — der Antichriſt des Schlend[r]ianniſchen Antichriſts, der kekſte Feind der Juſtiz-, Kammer-, und Hof-Wöchnerei und Spiz-25 büberei — und ein Man, der dadurch in kurzer Zeit vor ganz Deutſch- land aus einem Unglükskometen zu einem Weiſen- und Glüksſtern werden wird, daß er ſeine ganze Organiſazion und alle Angriffe derſelben und alle fürſtlichen ꝛc. Briefe drucken läſſet. Wenn Sie das Werk leſen, werden Sie vorn Ihren Namen hineinſchreiben und30 dabei ſezen: sic pagina jungit amicos.
Leben Sie wohl, mein alter, junger, verehrungswürdiger Präſi-[253] dent! Schreiben Sie bald und jede Nachbarſchaft Ihres Herzens ſei von uns beiden herzlich gegrüſſet!
Richter35
15 Jean Paul Briefe. IV.
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Meine Frau liebt und invitiert und grüſſet Sie. Der Spiz II ver-
ſpricht — weiter weis er Politeſſe nicht zu treiben — Sie nicht bei
dem Arm zu nehmen mit dem Gebis. 5
382. An Henriette Schwendler in Meiningen.
[Koburg, 21. Juni 1803]
Säuſak — Käſe — ꝛc. Schinken (mein voriger war nur geräuchertes
Fleiſch dagegen) und Hofnungen haben wir hier viel beſſer, auch die
Urtheile, als in M[einingen], beſonders über Kretschman, der mit 10
noch 5 Philoſophen für den Herbſt [?] eine beſte Geſelſchaft ausmacht.
Ich bin im Himmel, obgleich oben am Himmel die Hölle hängt.
383. An Präſident Heim in Meiningen.
CitissimeCoburg. d. 21 Jun. 1803.
Mein unvergeslicher Präſident und Siésten-Gaſt! — Indem 15
ich meine Dinten-Flaſche über dieſes Papier halte und ſtürze: kan
kein Tropfe heraus, blos weil ſie ganz — vol iſt. Ich wolte, ich hätte
weniger zu ſagen, ſo könt’ ich mehr ſagen. Unſere Freude und Lage
mögen Sie aus meiner Caroline Brief an die Schwendler erſehen.
Das einzige was ich Ihnen zu ſagen, Papier und Zeit habe, iſt, 20
daß Kretschman nicht des Teufels lebendig iſt, ſondern ein herlicher
Kopf — ein rein durchſchreitender energiſcher (Präſidenten-)Karakter
— ein von den Beſten geachteter Man — das Land, nicht den Thron
bauender Man — der Antichriſt des Schlend[r]ianniſchen Antichriſts,
der kekſte Feind der Juſtiz-, Kammer-, und Hof-Wöchnerei und Spiz- 25
büberei — und ein Man, der dadurch in kurzer Zeit vor ganz Deutſch-
land aus einem Unglükskometen zu einem Weiſen- und Glüksſtern
werden wird, daß er ſeine ganze Organiſazion und alle Angriffe
derſelben und alle fürſtlichen ꝛc. Briefe drucken läſſet. Wenn Sie
das Werk leſen, werden Sie vorn Ihren Namen hineinſchreiben und 30
dabei ſezen: sic pagina jungit amicos.
Leben Sie wohl, mein alter, junger, verehrungswürdiger Präſi-
dent! Schreiben Sie bald und jede Nachbarſchaft Ihres Herzens ſei
von uns beiden herzlich gegrüſſet!
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15 Jean Paul Briefe. IV.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/233>, abgerufen am 16.07.2024.
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