Mein Brüderlein! Ich höre nichts von dir, aber blos weil du nichts von mir hörest. Ich bin dir die Antwort schuldig und du -- wes- wegen ich immer noch zögerte -- die Nachricht über jenen Königs-5 bergischen Kandidaten, dessen Namen ich nicht einmal mehr weis. Du hast in deinen Glanz-Kreisen zu viele Antworten zu geben, um Fragen zu thun; -- und leztere thust [du] wenigstens nicht in fremdem Namen.
Müller sol leben, denn seine Frau starb!10
Eine ganze Welt von artistischen etc. Neuigkeiten, die mir das Kauffartheischif der Zeitungen spät und schlecht zufährt, köntest du mir durch deine Brieftauben zufliegen lassen, die aber lieber vielleicht nisten als fliegen.
Sage mir nur etwas Gescheutes d. h. Langes d. h. Breites von dir,15 deinen Ausgängen und Eingängen und Hofnungen und Flüchen.
Ich ziehe am 1ten Mai nach Coburg.
Ich bin froh und fet, meine Emma auch, meine C. nur ersteres.
Einmal wenigstens verhoff' ich noch nach Berlin unter dein Dach zu kommen. Die Vergangenheit sol dan mit einem ganzen Frühling20 auf dem Kopfe, blühend wiederkehren und uns ansehen und ich werde zu dir nichts sagen als: Habe Dank und nim eine Frau.
Lebewohl, Alter, aber schreibe früher nach Meiningen als nach Coburg.
R.25
Die Ex-Schlabrendorf ist jezt endlich in ihrem bürgerlichen Kreise eingewohnt und dadurch glüklich und gedenkt deiner mit Liebe, was du, hoff' ich, auch thuest.
355. An Emanuel.
M[einingen] d. 15. März 1803.30
Gestern Mittags -- als ich eben 2 Gläser von der lezten Flasche als Kur- und Esmittel trank (denn Nachmittags war ich längst vor[231] 8 Tagen ans Bamberger zu starke Likörbier gebant und schlief darum schlechter) -- und als ich eben die Röschlaubische Erregungstheorie und von den Inzitamenten las -- kam für 4 elende rtl. Fracht Ihr35
354. An Ahlefeldt.[230]
M[einingen] d. 9. M[ärz] 1803.
Mein Brüderlein! Ich höre nichts von dir, aber blos weil du nichts von mir höreſt. Ich bin dir die Antwort ſchuldig und du — wes- wegen ich immer noch zögerte — die Nachricht über jenen Königs-5 bergiſchen Kandidaten, deſſen Namen ich nicht einmal mehr weis. Du haſt in deinen Glanz-Kreiſen zu viele Antworten zu geben, um Fragen zu thun; — und leztere thuſt [du] wenigſtens nicht in fremdem Namen.
Müller ſol leben, denn ſeine Frau ſtarb!10
Eine ganze Welt von artiſtiſchen ꝛc. Neuigkeiten, die mir das Kauffartheiſchif der Zeitungen ſpät und ſchlecht zufährt, könteſt du mir durch deine Brieftauben zufliegen laſſen, die aber lieber vielleicht niſten als fliegen.
Sage mir nur etwas Geſcheutes d. h. Langes d. h. Breites von dir,15 deinen Ausgängen und Eingängen und Hofnungen und Flüchen.
Ich ziehe am 1ten Mai nach Coburg.
Ich bin froh und fet, meine Emma auch, meine C. nur erſteres.
Einmal wenigſtens verhoff’ ich noch nach Berlin unter dein Dach zu kommen. Die Vergangenheit ſol dan mit einem ganzen Frühling20 auf dem Kopfe, blühend wiederkehren und uns anſehen und ich werde zu dir nichts ſagen als: Habe Dank und nim eine Frau.
Lebewohl, Alter, aber ſchreibe früher nach Meiningen als nach Coburg.
R.25
Die Ex-Schlabrendorf iſt jezt endlich in ihrem bürgerlichen Kreiſe eingewohnt und dadurch glüklich und gedenkt deiner mit Liebe, was du, hoff’ ich, auch thueſt.
355. An Emanuel.
M[einingen] d. 15. März 1803.30
Geſtern Mittags — als ich eben 2 Gläſer von der lezten Flaſche als Kur- und Esmittel trank (denn Nachmittags war ich längſt 〈vor[231] 8 Tagen〉 ans Bamberger zu ſtarke Likörbier gebant und ſchlief darum ſchlechter) — und als ich eben die Röſchlaubiſche Erregungstheorie und von den Inzitamenten las — kam für 4 elende rtl. Fracht Ihr35
<TEI><text><body><pbfacs="#f0214"n="207"/><divtype="letter"n="1"><head>354. An <hirendition="#g">Ahlefeldt.</hi><noteplace="right"><reftarget="1922_Bd4_230">[230]</ref></note></head><lb/><dateline><hirendition="#right"><hirendition="#aq">M[einingen]</hi> d. 9. M[ärz] 1803.</hi></dateline><lb/><p>Mein Brüderlein! Ich höre nichts von dir, aber blos weil du<lb/>
nichts von mir höreſt. Ich bin dir die Antwort ſchuldig und du — wes-<lb/>
wegen ich immer noch zögerte — die Nachricht über jenen Königs-<lbn="5"/>
bergiſchen Kandidaten, deſſen Namen ich nicht einmal mehr weis.<lb/>
Du haſt in deinen Glanz-Kreiſen zu viele Antworten zu geben, um<lb/>
Fragen zu thun; — und leztere thuſt [du] wenigſtens nicht in <hirendition="#g">fremdem</hi><lb/>
Namen.</p><lb/><p><hirendition="#aq">Müller</hi>ſol leben, denn ſeine Frau ſtarb!<lbn="10"/></p><p>Eine ganze Welt von artiſtiſchen ꝛc. Neuigkeiten, die mir das<lb/>
Kauffartheiſchif der Zeitungen ſpät und ſchlecht zufährt, könteſt du<lb/>
mir durch deine Brieftauben zufliegen laſſen, die aber lieber vielleicht<lb/>
niſten als fliegen.</p><lb/><p>Sage mir nur etwas Geſcheutes d. h. Langes d. h. Breites von dir,<lbn="15"/>
deinen Ausgängen und Eingängen und Hofnungen und Flüchen.</p><lb/><p>Ich ziehe am 1<hirendition="#sup">ten</hi> Mai nach <hirendition="#aq">Coburg.</hi></p><lb/><p>Ich bin froh und fet, meine <hirendition="#aq">Emma</hi> auch, meine <hirendition="#aq">C.</hi> nur erſteres.</p><lb/><p>Einmal wenigſtens verhoff’ ich noch nach <hirendition="#aq">Berlin</hi> unter dein Dach<lb/>
zu kommen. Die Vergangenheit ſol dan mit einem ganzen Frühling<lbn="20"/>
auf dem Kopfe, blühend wiederkehren und uns anſehen und ich werde<lb/>
zu dir nichts ſagen als: Habe Dank und nim eine Frau.</p><lb/><p>Lebewohl, Alter, aber ſchreibe früher nach Meiningen als nach<lb/>
Coburg.</p><lb/><closer><salute><hirendition="#right">R.</hi><lbn="25"/></salute></closer><postscript><p>Die <hirendition="#aq">Ex-Schlabrendorf</hi> iſt jezt endlich in ihrem bürgerlichen Kreiſe<lb/>
eingewohnt und dadurch glüklich und gedenkt deiner mit Liebe, was<lb/>
du, hoff’ ich, auch thueſt.</p></postscript></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>355. An <hirendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right"><hirendition="#aq">M[einingen]</hi> d. 15. März 1803.</hi></dateline><lbn="30"/><p>Geſtern Mittags — als ich eben 2 Gläſer von der <hirendition="#g">lezten</hi> Flaſche<lb/>
als Kur- und Esmittel trank (denn Nachmittags war ich längſt 〈vor<noteplace="right"><reftarget="1922_Bd4_231">[231]</ref></note><lb/>
8 Tagen〉 ans Bamberger zu ſtarke Likörbier gebant und ſchlief darum<lb/>ſchlechter) — und als ich eben die Röſchlaubiſche Erregungstheorie<lb/>
und von den Inzitamenten las — kam für 4 elende rtl. Fracht Ihr<lbn="35"/></p></div></body></text></TEI>
[207/0214]
354. An Ahlefeldt.
M[einingen] d. 9. M[ärz] 1803.
Mein Brüderlein! Ich höre nichts von dir, aber blos weil du
nichts von mir höreſt. Ich bin dir die Antwort ſchuldig und du — wes-
wegen ich immer noch zögerte — die Nachricht über jenen Königs- 5
bergiſchen Kandidaten, deſſen Namen ich nicht einmal mehr weis.
Du haſt in deinen Glanz-Kreiſen zu viele Antworten zu geben, um
Fragen zu thun; — und leztere thuſt [du] wenigſtens nicht in fremdem
Namen.
Müller ſol leben, denn ſeine Frau ſtarb! 10
Eine ganze Welt von artiſtiſchen ꝛc. Neuigkeiten, die mir das
Kauffartheiſchif der Zeitungen ſpät und ſchlecht zufährt, könteſt du
mir durch deine Brieftauben zufliegen laſſen, die aber lieber vielleicht
niſten als fliegen.
Sage mir nur etwas Geſcheutes d. h. Langes d. h. Breites von dir, 15
deinen Ausgängen und Eingängen und Hofnungen und Flüchen.
Ich ziehe am 1ten Mai nach Coburg.
Ich bin froh und fet, meine Emma auch, meine C. nur erſteres.
Einmal wenigſtens verhoff’ ich noch nach Berlin unter dein Dach
zu kommen. Die Vergangenheit ſol dan mit einem ganzen Frühling 20
auf dem Kopfe, blühend wiederkehren und uns anſehen und ich werde
zu dir nichts ſagen als: Habe Dank und nim eine Frau.
Lebewohl, Alter, aber ſchreibe früher nach Meiningen als nach
Coburg.
R. 25
Die Ex-Schlabrendorf iſt jezt endlich in ihrem bürgerlichen Kreiſe
eingewohnt und dadurch glüklich und gedenkt deiner mit Liebe, was
du, hoff’ ich, auch thueſt.
355. An Emanuel.
M[einingen] d. 15. März 1803. 30
Geſtern Mittags — als ich eben 2 Gläſer von der lezten Flaſche
als Kur- und Esmittel trank (denn Nachmittags war ich längſt 〈vor
8 Tagen〉 ans Bamberger zu ſtarke Likörbier gebant und ſchlief darum
ſchlechter) — und als ich eben die Röſchlaubiſche Erregungstheorie
und von den Inzitamenten las — kam für 4 elende rtl. Fracht Ihr 35
[231]
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/214>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.