An Ihrem Schabbes komt dieser Ein- und Ausspänner an, um an unserm fortzufahren. Höhn heisset er. Auflade-Geld legt er aus. Solt an den 3 Fässern etwas fehlen, so kont' es in der Eile -- vorgestern5 kam ich von Koburg zurük -- nicht gemacht werden, obwohl in Bay- reuth auf meine Kosten. Heute war aller Teufel auf der Landes- kirmes. Endlich wär' es Zeit zu meinem Bier-conto, nicht zum Zahlen aber zum Machen. Ich ersuche Sie, wenns nöthig ist, um Bier- Konservazions-Reglements; wiewohl das vorige sich gehalten bis10 künftigen Montag in der Güte, aber nicht in der Menge. Täglich nimts verflucht ab.
Nun, Geliebter, ist Zeit zu einem vernünftigen Wort der Antwort. Mit meinem Tauffest gehts wie mit dem Osterfest, das die eine Christensekte um 8 Tage später feiert als die andere. Denn den 17.15 feierten wir es vor, und den 24. Sie es nach, weil ich aus Scherz (und um keinen Genus zu stehlen) um 8 Tage (Sie sollen hier sehen, daß ich wahr bin) gelogen habe. s. v. f. (eigentlich s. f. v.) heisset daher si fabula vera. Aber euere theilnehmende Freude wohnt und lebt in keiner Zeit, sondern in der Ewigkeit des Herzens und alles Guten. --20 Keine Pathin heisset Emma, die leichte Aussprache diktierte den Namen. -- Renate hat über die Erziehung schon jezt Unrecht. Zur rechten gehört ein Vernünftiger und eine Vernünftige zugleich; bei[211] mir ist beides zu haben. Schon jezt sind über das Schreien des Kindes oder dessen Liegenlassen fruchtbare Siege gewonnen, die nur durch25 solche trefliche Eheleute zu erfechten waren. -- Lesen Sie in Gottes Namen Thieriots Brief, der das Verfluchte an sich hatte, daß er mich 67 Kr. Porto kostete. -- 1 K[ron] rtl. ist ausgezahlt an unsere Eleonore*) (eine herliche Iris gegen den vorigen Kloz) und nur 1 an die sage-femme, die in Rüksicht ihres Nuzens femme sage ist. Den30 2ten könten Sie anders verschenken, entweder an Lore oder wohin es sei. Aber Sie befehlen freilich. -- Ihre Briefe werden täglich wiziger, obwohl für andere Leser täglich nächtlicher oder (denn die Antithese ist zu einfältig) schwerer. -- Weiter, Guter, weis ich nichts als das Wenige was ich für Otto aufhebe und dadurch für Sie. (Ihre Reise35
*) ist eine Pfartochter.
328. An Emanuel.
M[einingen] d. 3. Nov. 1802 [Mittwoch].
An Ihrem Schabbes komt dieſer Ein- und Ausſpänner an, um an unſerm fortzufahren. Höhn heiſſet er. Auflade-Geld legt er aus. Solt an den 3 Fäſſern etwas fehlen, ſo kont’ es in der Eile — vorgeſtern5 kam ich von Koburg zurük — nicht gemacht werden, obwohl in Bay- reuth auf meine Koſten. Heute war aller Teufel auf der Landes- kirmes. Endlich wär’ es Zeit zu meinem Bier-conto, nicht zum Zahlen aber zum Machen. Ich erſuche Sie, wenns nöthig iſt, um Bier- Konſervazions-Reglements; wiewohl das vorige ſich gehalten bis10 künftigen Montag in der Güte, aber nicht in der Menge. Täglich nimts verflucht ab.
Nun, Geliebter, iſt Zeit zu einem vernünftigen Wort der Antwort. Mit meinem Tauffeſt gehts wie mit dem Oſterfeſt, das die eine Chriſtenſekte um 8 Tage ſpäter feiert als die andere. Denn den 17.15 feierten wir es vor, und den 24. Sie es nach, weil ich aus Scherz (und um keinen Genus zu ſtehlen) um 8 Tage (Sie ſollen hier ſehen, daß ich wahr bin) gelogen habe. s. v. f. (eigentlich s. f. v.) heiſſet daher si fabula vera. Aber euere theilnehmende Freude wohnt und lebt in keiner Zeit, ſondern in der Ewigkeit des Herzens und alles Guten. —20 Keine Pathin heiſſet Emma, die leichte Ausſprache diktierte den Namen. — Renate hat über die Erziehung ſchon jezt Unrecht. Zur rechten gehört ein Vernünftiger und eine Vernünftige zugleich; bei[211] mir iſt beides zu haben. Schon jezt ſind über das Schreien des Kindes oder deſſen Liegenlaſſen fruchtbare Siege gewonnen, die nur durch25 ſolche trefliche Eheleute zu erfechten waren. — Leſen Sie in Gottes Namen Thieriots Brief, der das Verfluchte an ſich hatte, daß er mich 67 Kr. Porto koſtete. — 1 K[ron] rtl. iſt ausgezahlt an unſere Eleonore*) (eine herliche Iris gegen den vorigen Kloz) und nur 1 an die sage-femme, die in Rükſicht ihres Nuzens femme sage iſt. Den30 2ten könten Sie anders verſchenken, entweder an Lore oder wohin es ſei. Aber Sie befehlen freilich. — Ihre Briefe werden täglich wiziger, obwohl für andere Leſer täglich nächtlicher oder (denn die Antitheſe iſt zu einfältig) ſchwerer. — Weiter, Guter, weis ich nichts als das Wenige was ich für Otto aufhebe und dadurch für Sie. (Ihre Reiſe35
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unſerm fortzufahren. Höhn heiſſet er. Auflade-Geld legt er aus. Solt
an den 3 Fäſſern etwas fehlen, ſo kont’ es in der Eile — vorgeſtern 5
kam ich von Koburg zurük — nicht gemacht werden, obwohl in Bay-
reuth auf meine Koſten. Heute war aller Teufel auf der Landes-
kirmes. Endlich wär’ es Zeit zu meinem Bier-conto, nicht zum Zahlen
aber zum Machen. Ich erſuche Sie, wenns nöthig iſt, um Bier-
Konſervazions-Reglements; wiewohl das vorige ſich gehalten bis 10
künftigen Montag in der Güte, aber nicht in der Menge. Täglich
nimts verflucht ab.
Nun, Geliebter, iſt Zeit zu einem vernünftigen Wort der Antwort.
Mit meinem Tauffeſt gehts wie mit dem Oſterfeſt, das die eine
Chriſtenſekte um 8 Tage ſpäter feiert als die andere. Denn den 17. 15
feierten wir es vor, und den 24. Sie es nach, weil ich aus Scherz (und
um keinen Genus zu ſtehlen) um 8 Tage (Sie ſollen hier ſehen, daß
ich wahr bin) gelogen habe. s. v. f. (eigentlich s. f. v.) heiſſet daher
si fabula vera. Aber euere theilnehmende Freude wohnt und lebt in
keiner Zeit, ſondern in der Ewigkeit des Herzens und alles Guten. — 20
Keine Pathin heiſſet Emma, die leichte Ausſprache diktierte den
Namen. — Renate hat über die Erziehung ſchon jezt Unrecht. Zur
rechten gehört ein Vernünftiger und eine Vernünftige zugleich; bei
mir iſt beides zu haben. Schon jezt ſind über das Schreien des Kindes
oder deſſen Liegenlaſſen fruchtbare Siege gewonnen, die nur durch 25
ſolche trefliche Eheleute zu erfechten waren. — Leſen Sie in Gottes
Namen Thieriots Brief, der das Verfluchte an ſich hatte, daß er
mich 67 Kr. Porto koſtete. — 1 K[ron] rtl. iſt ausgezahlt an unſere
Eleonore *) (eine herliche Iris gegen den vorigen Kloz) und nur 1 an
die sage-femme, die in Rükſicht ihres Nuzens femme sage iſt. Den 30
2ten könten Sie anders verſchenken, entweder an Lore oder wohin es
ſei. Aber Sie befehlen freilich. — Ihre Briefe werden täglich wiziger,
obwohl für andere Leſer täglich nächtlicher oder (denn die Antitheſe
iſt zu einfältig) ſchwerer. — Weiter, Guter, weis ich nichts als das
Wenige was ich für Otto aufhebe und dadurch für Sie. (Ihre Reiſe 35
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*) iſt eine Pfartochter.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/196>, abgerufen am 16.02.2025.
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