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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

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Bei Gott, ich folge nie dieser Fahne und möchte sie lieber zerreissen
und verbrennen; ich werde daher nirgends in der Poesie (wenn ich
einmal darüber schreibe) schonen oder lästern oder angehören. -- Ich
wolte, du hättest einen klügern Menschen als den Schlabrendorf über
mich gehört, der mich noch dazu hasset, weil ich gegen ihn für seine5
vorige Frau war.

-- Heinrich, nim Laudanum, ich bitte dich! Habe Dank für deine
Belehrung über den St. Martin; ich widerrufe sehr gern. Leider hab
ich von ihm nichts gelesen als Asmus Vorrede und hatte unschuldig
den dummen Bode-Nikolai unter meinen Exzerpten. -- Über Schillers10
Jungfrau? Sie ist sein Bestes, seine h. Jungfrau. Aber in der Ge-
schichte selber ist sie doch grösser. Gegen Schiller, den deutschen Young,
hab' ich viel; gegen diesen brittischen Prosa-Glanz.

Lebe wohl, mein Geliebter! Du komst und kanst nie aus meiner[189]
Seele, deine Lehren und meine Hofnungen sind die Wurzeln, womit15
du mein Herz fässest. Hätt' ich dich einmal gesehen, dan könt' ichs
leiden, daß ich oder du stürben. Einmal an deiner Brust zu sein, so
viel tausend Worte von dir zu hören, die ich so brauche, das ist mein
Wunsch und Glük, aber meine Hofnung nicht. Schreibe bald, Hein-
rich!20

Richter

Wenn du nicht bald schreiben kanst: köntest du mir nicht dafür alte
halbleserliche Mspte von dir schicken? Ich bitte dich.

Deine Stolbergsbriefe gab im vorvorigen Winter der Kapel-
meister Reichard in Berlin herum und man las sie sehr billigend. --25
Die von J. Müller hab ich längst genossen. Nur weicht die Gottheit
des Jünglings vom Man.

Meine götliche Frau sol an dich wenigstens überschreiben.

300. An Emanuel.
30

Lieber Alter! Seit gestern Abends schwimm' ich im Meer des Ver-
gnügens oder Biers; der Einspänner holte mirs für 4. Laubtl., nach-
dem ich vorher einen Schub-Kärner -- weil Ihr erster mir nur 2 Fäs-
gen versprach -- umsonst mit seiner Frau für 3 fl. darnach gesandt.
Kostbar ist es, mein Herbst-Trost, mein Magen-Balsam, mein Pallia-35

Bei Gott, ich folge nie dieſer Fahne und möchte ſie lieber zerreiſſen
und verbrennen; ich werde daher nirgends in der Poeſie (wenn ich
einmal darüber ſchreibe) ſchonen oder läſtern oder angehören. — Ich
wolte, du hätteſt einen klügern Menſchen als den Schlabrendorf über
mich gehört, der mich noch dazu haſſet, weil ich gegen ihn für ſeine5
vorige Frau war.

— Heinrich, nim Laudanum, ich bitte dich! Habe Dank für deine
Belehrung über den St. Martin; ich widerrufe ſehr gern. Leider hab
ich von ihm nichts geleſen als Asmus Vorrede und hatte unſchuldig
den dummen Bode-Nikolai unter meinen Exzerpten. — Über Schillers10
Jungfrau? Sie iſt ſein Beſtes, ſeine h. Jungfrau. Aber in der Ge-
ſchichte ſelber iſt ſie doch gröſſer. Gegen Schiller, den deutſchen Young,
hab’ ich viel; gegen dieſen brittiſchen Proſa-Glanz.

Lebe wohl, mein Geliebter! Du komſt und kanſt nie aus meiner[189]
Seele, deine Lehren und meine Hofnungen ſind die Wurzeln, womit15
du mein Herz fäſſeſt. Hätt’ ich dich einmal geſehen, dan könt’ ichs
leiden, daß ich oder du ſtürben. Einmal an deiner Bruſt zu ſein, ſo
viel tauſend Worte von dir zu hören, die ich ſo brauche, das iſt mein
Wunſch und Glük, aber meine Hofnung nicht. Schreibe bald, Hein-
rich!20

Richter

Wenn du nicht bald ſchreiben kanſt: könteſt du mir nicht dafür alte
halbleſerliche Mſpte von dir ſchicken? Ich bitte dich.

Deine Stolbergsbriefe gab im vorvorigen Winter der Kapel-
meiſter Reichard in Berlin herum und man las ſie ſehr billigend. —25
Die von J. Müller hab ich längſt genoſſen. Nur weicht die Gottheit
des Jünglings vom Man.

Meine götliche Frau ſol an dich wenigſtens überſchreiben.

300. An Emanuel.
30

Lieber Alter! Seit geſtern Abends ſchwimm’ ich im Meer des Ver-
gnügens oder Biers; der Einſpänner holte mirs für 4. Laubtl., nach-
dem ich vorher einen Schub-Kärner — weil Ihr erſter mir nur 2 Fäs-
gen verſprach — umſonſt mit ſeiner Frau für 3 fl. darnach geſandt.
Koſtbar iſt es, mein Herbſt-Troſt, mein Magen-Balſam, mein Pallia-35

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[169/0176] Bei Gott, ich folge nie dieſer Fahne und möchte ſie lieber zerreiſſen und verbrennen; ich werde daher nirgends in der Poeſie (wenn ich einmal darüber ſchreibe) ſchonen oder läſtern oder angehören. — Ich wolte, du hätteſt einen klügern Menſchen als den Schlabrendorf über mich gehört, der mich noch dazu haſſet, weil ich gegen ihn für ſeine 5 vorige Frau war. — Heinrich, nim Laudanum, ich bitte dich! Habe Dank für deine Belehrung über den St. Martin; ich widerrufe ſehr gern. Leider hab ich von ihm nichts geleſen als Asmus Vorrede und hatte unſchuldig den dummen Bode-Nikolai unter meinen Exzerpten. — Über Schillers 10 Jungfrau? Sie iſt ſein Beſtes, ſeine h. Jungfrau. Aber in der Ge- ſchichte ſelber iſt ſie doch gröſſer. Gegen Schiller, den deutſchen Young, hab’ ich viel; gegen dieſen brittiſchen Proſa-Glanz. Lebe wohl, mein Geliebter! Du komſt und kanſt nie aus meiner Seele, deine Lehren und meine Hofnungen ſind die Wurzeln, womit 15 du mein Herz fäſſeſt. Hätt’ ich dich einmal geſehen, dan könt’ ichs leiden, daß ich oder du ſtürben. Einmal an deiner Bruſt zu ſein, ſo viel tauſend Worte von dir zu hören, die ich ſo brauche, das iſt mein Wunſch und Glük, aber meine Hofnung nicht. Schreibe bald, Hein- rich! 20 [189]Richter Wenn du nicht bald ſchreiben kanſt: könteſt du mir nicht dafür alte halbleſerliche Mſpte von dir ſchicken? Ich bitte dich. Deine Stolbergsbriefe gab im vorvorigen Winter der Kapel- meiſter Reichard in Berlin herum und man las ſie ſehr billigend. — 25 Die von J. Müller hab ich längſt genoſſen. Nur weicht die Gottheit des Jünglings vom Man. Meine götliche Frau ſol an dich wenigſtens überſchreiben. 300. An Emanuel. Meiningen 17. Aug. 1802. 30 Lieber Alter! Seit geſtern Abends ſchwimm’ ich im Meer des Ver- gnügens oder Biers; der Einſpänner holte mirs für 4. Laubtl., nach- dem ich vorher einen Schub-Kärner — weil Ihr erſter mir nur 2 Fäs- gen verſprach — umſonſt mit ſeiner Frau für 3 fl. darnach geſandt. Koſtbar iſt es, mein Herbſt-Troſt, mein Magen-Balſam, mein Pallia- 35

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/176>, abgerufen am 24.11.2024.