nur dabei anzufangen, daß der Herzog freilich anfangs nicht wolte, da es Wechmar, der Onkel der Gräfin, ihm vorstelte; daher mir der Präsident Heim rieth, mich keinem refus auszusezen; allein aus Liebe zur Gräfin bracht' ichs sogar dahin, daß der Herzog selber -- und ich -- dabei war in des Hofpredigers Zimmer, welches wohl Schwend-5 ler, sein geheimer Sekretair, der sie bekam, nie gedacht hätte. Es ist ein kalter, junger, schöner rechtschaffener Mensch; hat aber nicht viel. Über diese Ehe wäre viel zu sagen; jezt aber sage noch niemand etwas, ausser Emanuel. -- Heute isset die Kalb bei mir; ihr Wesen gefället mir noch sehr wie meiner C. -- Rezensiere ja. -- Ich be-10 schwöre dich (ich erscheine dir sonst), daß du nach meinem Tode über mich derb und frei schreibst, nicht verdamt-kleinstädisch-zart und delikat über alles. O ich bitte dich; und mache diese Stelle zum Motto deines Aufsazes. --
Die Briefe der Klenke lass' ich so -- liegen. Ich hälf' ihr so gern,15 aber die Wahrheit und das Publikum lassen mich nicht. -- Vale.
239. An Matzdorff.
[Kopie][Meiningen, 9. Febr. 1802]
Die Kette, an der der elektrische Funke meiner Kraft laufen sol. -- Mein Dintenfas ist meine Glüksurne und so oft ich eintunke, zieh' ich20 einen Himmel heraus. -- Auf dem neuen Wagengestirn des Friedens geht alles leichter.
240. An Buchhändler Campe in Hamburg.
[Kopie][Meiningen, 9. Febr. 1802]
Das album des Schwarzen.25
241. An Perthes.
[Kopie][Meiningen, 9. Febr. 1802]
2 C[en]tn[er] Vikt[ualien] zu beinahe 30 Malzeiten trägt mir die [151]kleine Psyche ins Haus, die ich wie eine noach[itische] Taube aus- fliegen lies, um die Wasser der künftigen Welt [zu] sehen. -- Im30 europäischen Sodom -- London ist das Gomorha -- dauert kein deutscher Loth aus.
nur dabei anzufangen, daß der Herzog freilich anfangs nicht wolte, da es Wechmar, der Onkel der Gräfin, ihm vorſtelte; daher mir der Präſident Heim rieth, mich keinem réfus auszuſezen; allein aus Liebe zur Gräfin bracht’ ichs ſogar dahin, daß der Herzog ſelber — und ich — dabei war in des Hofpredigers Zimmer, welches wohl Schwend-5 ler, ſein geheimer Sekretair, der ſie bekam, nie gedacht hätte. Es iſt ein kalter, junger, ſchöner rechtſchaffener Menſch; hat aber nicht viel. Über dieſe Ehe wäre viel zu ſagen; jezt aber ſage noch niemand etwas, auſſer Emanuel. — Heute iſſet die Kalb bei mir; ihr Weſen gefället mir noch ſehr wie meiner C. — Rezenſiere ja. — Ich be-10 ſchwöre dich (ich erſcheine dir ſonſt), daß du nach meinem Tode über mich derb und frei ſchreibſt, nicht verdamt-kleinſtädiſch-zart und delikat über alles. O ich bitte dich; und mache dieſe Stelle zum Motto deines Aufſazes. —
Die Briefe der Klenke laſſ’ ich ſo — liegen. Ich hälf’ ihr ſo gern,15 aber die Wahrheit und das Publikum laſſen mich nicht. — Vale.
239. An Matzdorff.
[Kopie][Meiningen, 9. Febr. 1802]
Die Kette, an der der elektriſche Funke meiner Kraft laufen ſol. — Mein Dintenfas iſt meine Glüksurne und ſo oft ich eintunke, zieh’ ich20 einen Himmel heraus. — Auf dem neuen Wagengeſtirn des Friedens geht alles leichter.
240. An Buchhändler Campe in Hamburg.
[Kopie][Meiningen, 9. Febr. 1802]
Das album des Schwarzen.25
241. An Perthes.
[Kopie][Meiningen, 9. Febr. 1802]
2 C[en]tn[er] Vikt[ualien] zu beinahe 30 Malzeiten trägt mir die [151]kleine Pſyche ins Haus, die ich wie eine noach[itiſche] Taube aus- fliegen lies, um die Waſſer der künftigen Welt [zu] ſehen. — Im30 europäiſchen Sodom — London iſt das Gomorha — dauert kein deutſcher Loth aus.
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Präſident Heim rieth, mich keinem réfus auszuſezen; allein aus Liebe
zur Gräfin bracht’ ichs ſogar dahin, daß der Herzog ſelber — und
ich — dabei war in des Hofpredigers Zimmer, welches wohl Schwend- 5
ler, ſein geheimer Sekretair, der ſie bekam, nie gedacht hätte. Es iſt
ein kalter, junger, ſchöner rechtſchaffener Menſch; hat aber nicht viel.
Über dieſe Ehe wäre viel zu ſagen; jezt aber ſage noch niemand
etwas, auſſer Emanuel. — Heute iſſet die Kalb bei mir; ihr Weſen
gefället mir noch ſehr wie meiner C. — Rezenſiere ja. — Ich be- 10
ſchwöre dich (ich erſcheine dir ſonſt), daß du nach meinem Tode über
mich derb und frei ſchreibſt, nicht verdamt-kleinſtädiſch-zart und
delikat über alles. O ich bitte dich; und mache dieſe Stelle zum Motto
deines Aufſazes. —
Die Briefe der Klenke laſſ’ ich ſo — liegen. Ich hälf’ ihr ſo gern, 15
aber die Wahrheit und das Publikum laſſen mich nicht. — Vale.
239. An Matzdorff.
[Meiningen, 9. Febr. 1802]
Die Kette, an der der elektriſche Funke meiner Kraft laufen ſol. —
Mein Dintenfas iſt meine Glüksurne und ſo oft ich eintunke, zieh’ ich 20
einen Himmel heraus. — Auf dem neuen Wagengeſtirn des Friedens
geht alles leichter.
240. An Buchhändler Campe in Hamburg.
[Meiningen, 9. Febr. 1802]
Das album des Schwarzen. 25
241. An Perthes.
[Meiningen, 9. Febr. 1802]
2 C[en]tn[er] Vikt[ualien] zu beinahe 30 Malzeiten trägt mir die
kleine Pſyche ins Haus, die ich wie eine noach[itiſche] Taube aus-
fliegen lies, um die Waſſer der künftigen Welt [zu] ſehen. — Im 30
europäiſchen Sodom — London iſt das Gomorha — dauert kein
deutſcher Loth aus.
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/141>, abgerufen am 16.02.2025.
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