Schlecht die H[erde]r*) (hab auch mein Geld noch nicht) -- und noch
Schlechter dein A[lbrecht], der dir deine 50 Ltl. raubt. Bei Gott! welche Streiche auch ein brennender Kopf anstelle; die eines gefrierenden Herzens sind doch schlechter. --
Fast alles wohnet 1/2, 3/4 Stunden weit von mir. Vorgestern war5 Nachts Feuer; man regt sich nicht im Bette, und wär' es in derselben Gasse. -- Deine Schreiberei über den Titan hat mich wenig ergözt. Wankt dein Urtheil so durch ein fremdes? Seit ich in Weimar war und hörte daß Herder das schlecht findet, was Goethe und Schiller[12] gut und umgekehrt -- S. Exempel unten**): so frag' ich nach keinem10 einzigen Urtheil über mich, obwohl nach dem der gebildeten Majori- tät. Jacobi ist als Kunstrichter nie ratifiziert. Seine Individualität plagt ihn zu bitter und von seiner Schwester wie mir Herder und eine trefliche v. Röper sagte, hängt sein Meinen ab. Er verdarb sich den Titan durch die Voraussezung, daß er die Narben des Giftes15 trage, gegen welchen er gerade den Gegengift bereitet. (Baggesen ist tol, weil ich seinen Brief kalt beantwortet) Nie werd ich den Hesperus anders geben; noch weniger den Titan, dessen gröster durch die nothwendige Wahl des vornehmen Standes entsprungner Fehler eben das sogenante Edle, und die Abweichung von meiner20 Siebenkäsischen Manier ist. Hört ich dahin und dorthin und hierhin: Himmel, mein Gefühl und Feuer und alles würde verhunzt. Die neue Sekte ist gerade für mich; Tiek war Sontags bei mir; aus seinem Spas mus ich nichts machen; Bernhardi, der Schlegelianer, ver- theidigt mich gegen Merkel, gegen den ich mündlich so spashaft-25 freundlich bin, daß ers nicht ausdauert -- Bernhardi hat mich eigent- lich studiert; Tiek wolte früher ein Buch über mich schreiben und damit genug.
Leider kan ich dir der Ferne und Gefahr etc. wegen, meinen Mspt- Titan nicht senden. Die Corday hatt' ich nur 1 mal; und die Herzogin30
*) Meinen Grus an den Juden den Einzigen.
**)Fried. Schlegel bei dem ich as, sprach Wieland sogar die Talente ab -- und dem Jacobi reinen philosophischen Sin, mir aber zu -- Schiller findet nichts an Thümmel -- Herder nichts an Schleiermacher und Tiek, Schl[egel] alles -- Herder findet meinen neuen Styl klassisch, Merkel schlecht -- Göthe die matte35 Genoveva gut und den Wallenstein -- Wieland anfangs alles zu gut, dan zu schlecht -- und so geht alles erbärmlich durcheinander.
Schlecht die H[erde]r*) (hab auch mein Geld noch nicht) — und noch
Schlechter dein A[lbrecht], der dir deine 50 Ltl. raubt. Bei Gott! welche Streiche auch ein brennender Kopf anſtelle; die eines gefrierenden Herzens ſind doch ſchlechter. —
Faſt alles wohnet ½, ¾ Stunden weit von mir. Vorgeſtern war5 Nachts Feuer; man regt ſich nicht im Bette, und wär’ es in derſelben Gaſſe. — Deine Schreiberei über den Titan hat mich wenig ergözt. Wankt dein Urtheil ſo durch ein fremdes? Seit ich in Weimar war und hörte daß Herder das ſchlecht findet, was Goethe und Schiller[12] gut und umgekehrt — S. Exempel unten**): ſo frag’ ich nach keinem10 einzigen Urtheil über mich, obwohl nach dem der gebildeten Majori- tät. Jacobi iſt als Kunſtrichter nie ratifiziert. Seine Individualität plagt ihn zu bitter und von ſeiner Schweſter wie mir Herder und eine trefliche v. Röper ſagte, hängt ſein Meinen ab. Er verdarb ſich den Titan durch die Vorausſezung, daß er die Narben des Giftes15 trage, gegen welchen er gerade den Gegengift bereitet. (Baggesen iſt tol, weil ich ſeinen Brief kalt beantwortet) Nie werd ich den Hesperus anders geben; noch weniger den Titan, deſſen gröſter durch die nothwendige Wahl des vornehmen Standes entſprungner Fehler eben das ſogenante Edle, und die Abweichung von meiner20 Siebenkäſiſchen Manier iſt. Hört ich dahin und dorthin und hierhin: Himmel, mein Gefühl und Feuer und alles würde verhunzt. Die neue Sekte iſt gerade für mich; Tiek war Sontags bei mir; aus ſeinem Spas mus ich nichts machen; Bernhardi, der Schlegelianer, ver- theidigt mich gegen Merkel, gegen den ich mündlich ſo ſpashaft-25 freundlich bin, daß ers nicht ausdauert — Bernhardi hat mich eigent- lich ſtudiert; Tiek wolte früher ein Buch über mich ſchreiben und damit genug.
Leider kan ich dir der Ferne und Gefahr ꝛc. wegen, meinen Mſpt- Titan nicht ſenden. Die Corday hatt’ ich nur 1 mal; und die Herzogin30
*) Meinen Grus an den Juden den Einzigen.
**)Fried. Schlegel bei dem ich as, ſprach Wieland ſogar die Talente ab — und dem Jacobi reinen philoſophiſchen Sin, mir aber zu — Schiller findet nichts an Thümmel — Herder nichts an Schleiermacher und Tiek, Schl[egel] alles — Herder findet meinen neuen Styl klaſſiſch, Merkel ſchlecht — Göthe die matte35 Genoveva gut und den Wallenstein — Wieland anfangs alles zu gut, dan zu ſchlecht — und ſo geht alles erbärmlich durcheinander.
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Schlecht die H[erde]r *) (hab auch mein Geld noch nicht) — und noch
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Gott! welche Streiche auch ein brennender Kopf anſtelle; die eines
gefrierenden Herzens ſind doch ſchlechter. —
Faſt alles wohnet ½, ¾ Stunden weit von mir. Vorgeſtern war 5
Nachts Feuer; man regt ſich nicht im Bette, und wär’ es in derſelben
Gaſſe. — Deine Schreiberei über den Titan hat mich wenig ergözt.
Wankt dein Urtheil ſo durch ein fremdes? Seit ich in Weimar war
und hörte daß Herder das ſchlecht findet, was Goethe und Schiller
gut und umgekehrt — S. Exempel unten **): ſo frag’ ich nach keinem 10
einzigen Urtheil über mich, obwohl nach dem der gebildeten Majori-
tät. Jacobi iſt als Kunſtrichter nie ratifiziert. Seine Individualität
plagt ihn zu bitter und von ſeiner Schweſter wie mir Herder und
eine trefliche v. Röper ſagte, hängt ſein Meinen ab. Er verdarb ſich
den Titan durch die Vorausſezung, daß er die Narben des Giftes 15
trage, gegen welchen er gerade den Gegengift bereitet. (Baggesen
iſt tol, weil ich ſeinen Brief kalt beantwortet) Nie werd ich den
Hesperus anders geben; noch weniger den Titan, deſſen gröſter
durch die nothwendige Wahl des vornehmen Standes entſprungner
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Siebenkäſiſchen Manier iſt. Hört ich dahin und dorthin und hierhin:
Himmel, mein Gefühl und Feuer und alles würde verhunzt. Die neue
Sekte iſt gerade für mich; Tiek war Sontags bei mir; aus ſeinem
Spas mus ich nichts machen; Bernhardi, der Schlegelianer, ver-
theidigt mich gegen Merkel, gegen den ich mündlich ſo ſpashaft- 25
freundlich bin, daß ers nicht ausdauert — Bernhardi hat mich eigent-
lich ſtudiert; Tiek wolte früher ein Buch über mich ſchreiben und damit
genug.
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Leider kan ich dir der Ferne und Gefahr ꝛc. wegen, meinen Mſpt-
Titan nicht ſenden. Die Corday hatt’ ich nur 1 mal; und die Herzogin 30
*) Meinen Grus an den Juden den Einzigen.
**) Fried. Schlegel bei dem ich as, ſprach Wieland ſogar die Talente ab —
und dem Jacobi reinen philoſophiſchen Sin, mir aber zu — Schiller findet nichts
an Thümmel — Herder nichts an Schleiermacher und Tiek, Schl[egel] alles —
Herder findet meinen neuen Styl klaſſiſch, Merkel ſchlecht — Göthe die matte 35
Genoveva gut und den Wallenstein — Wieland anfangs alles zu gut, dan zu
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/14>, abgerufen am 16.07.2024.
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