mit grosser zürnender Gleichgültigkeit gegen Weimar und Ihr Urtheil unterschreibend daraus abgezogen. Hier gefället mir, wie gewöhnlich anfangs, immer alles -- ich finde viel schöne Gestalten, durch die ich mir die Köpfe erseze, an die mich der Herdersche gewöhnt -- und so treib' ich mich denn froh und liebend und geliebt von Theetisch zu5 Theetisch, mir den heiligern Durst über die leichtere Erquickung ver- bergend.
d. 21 Okt.
Vergeben Sie diesen unter lauter Arbeiten und Abrufungen leerer gewordnen Brief. Möge der Genius, der in Ihrem Herzen die höhern10 Wünsche schaft, Ihnen die Welt zuführen, auf der sie nicht alle fehl- schlagen! Ich bin Ihr Unveränderter. --
Richter
9. An Karoline Mayer.
[Berlin, 22. Okt. 1800. Mittwoch]15
Mitten im Feuer des Schaffens antwort' ich nur schnel: um Ihrer und der Aehnlichen gewis zu sein, komm' ich Freitags zu Stubenrauch,[10] bei denen Sie unterdessen meine Anmeldung anmelden können. -- Herzlichen Dank für das noch Ungesehene! Sie wissen nicht, wie ich Ihr Herz -- und die Ihrer herlichen Schwestern -- achte und liebe.20
R.
10. An Helmina von Hastfer.
Berlin d. 28 Okt. 1800 [Dienstag].
Liebe Freundin! Gerade jezt um 4 Uhr, wo das Räderwerk Ihres Schiksals auseinandergelegt und neu zusammengesezt werden sol,25 schreib' ich Ihnen mit dem Wunsche, daß das neue Uhrwerk Ihnen künftig nur frohe Stunden zeige. --
Ich und Ahlefeld wollen als Mässige nur Eine von Ihren Gaben annehmen -- nämlich den Thee-Sonabend bei Fr. v. Knebel. Am Donnerstag fehlte zwar nicht der blaue Himmel, aber mir die Musse,30 ihn einzuathmen. Ich flattere eigentlich von der Minerva nur wie ihre Eule, Abends aus.
Grüssen Sie Ihre Frau Mutter; sie solte ein Bändgen Briefe in die Druckerei schicken; man läse sie gewis so gern als man sie jezt empfängt.35
mit groſſer zürnender Gleichgültigkeit gegen Weimar und Ihr Urtheil unterſchreibend daraus abgezogen. Hier gefället mir, wie gewöhnlich anfangs, immer alles — ich finde viel ſchöne Geſtalten, durch die ich mir die Köpfe erſeze, an die mich der Herdersche gewöhnt — und ſo treib’ ich mich denn froh und liebend und geliebt von Theetiſch zu5 Theetiſch, mir den heiligern Durſt über die leichtere Erquickung ver- bergend.
d. 21 Okt.
Vergeben Sie dieſen unter lauter Arbeiten und Abrufungen leerer gewordnen Brief. Möge der Genius, der in Ihrem Herzen die höhern10 Wünſche ſchaft, Ihnen die Welt zuführen, auf der ſie nicht alle fehl- ſchlagen! Ich bin Ihr Unveränderter. —
Richter
9. An Karoline Mayer.
[Berlin, 22. Okt. 1800. Mittwoch]15
Mitten im Feuer des Schaffens antwort’ ich nur ſchnel: um Ihrer und der Aehnlichen gewis zu ſein, komm’ ich Freitags zu Stubenrauch,[10] bei denen Sie unterdeſſen meine Anmeldung anmelden können. — Herzlichen Dank für das noch Ungeſehene! Sie wiſſen nicht, wie ich Ihr Herz — und die Ihrer herlichen Schweſtern — achte und liebe.20
R.
10. An Helmina von Haſtfer.
Berlin d. 28 Okt. 1800 [Dienstag].
Liebe Freundin! Gerade jezt um 4 Uhr, wo das Räderwerk Ihres Schikſals auseinandergelegt und neu zuſammengeſezt werden ſol,25 ſchreib’ ich Ihnen mit dem Wunſche, daß das neue Uhrwerk Ihnen künftig nur frohe Stunden zeige. —
Ich und Ahlefeld wollen als Mäſſige nur Eine von Ihren Gaben annehmen — nämlich den Thee-Sonabend bei Fr. v. Knebel. Am Donnerſtag fehlte zwar nicht der blaue Himmel, aber mir die Muſſe,30 ihn einzuathmen. Ich flattere eigentlich von der Minerva nur wie ihre Eule, Abends aus.
Grüſſen Sie Ihre Frau Mutter; ſie ſolte ein Bändgen Briefe in die Druckerei ſchicken; man läſe ſie gewis ſo gern als man ſie jezt empfängt.35
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mit groſſer zürnender Gleichgültigkeit gegen Weimar und Ihr Urtheil
unterſchreibend daraus abgezogen. Hier gefället mir, wie gewöhnlich
anfangs, immer alles — ich finde viel ſchöne Geſtalten, durch die ich
mir die Köpfe erſeze, an die mich der Herdersche gewöhnt — und ſo
treib’ ich mich denn froh und liebend und geliebt von Theetiſch zu 5
Theetiſch, mir den heiligern Durſt über die leichtere Erquickung ver-
bergend.
d. 21 Okt.
Vergeben Sie dieſen unter lauter Arbeiten und Abrufungen leerer
gewordnen Brief. Möge der Genius, der in Ihrem Herzen die höhern 10
Wünſche ſchaft, Ihnen die Welt zuführen, auf der ſie nicht alle fehl-
ſchlagen! Ich bin Ihr Unveränderter. —
Richter
9. An Karoline Mayer.
[Berlin, 22. Okt. 1800. Mittwoch] 15
Mitten im Feuer des Schaffens antwort’ ich nur ſchnel: um Ihrer
und der Aehnlichen gewis zu ſein, komm’ ich Freitags zu Stubenrauch,
bei denen Sie unterdeſſen meine Anmeldung anmelden können. —
Herzlichen Dank für das noch Ungeſehene! Sie wiſſen nicht, wie ich
Ihr Herz — und die Ihrer herlichen Schweſtern — achte und liebe. 20
[10]R.
10. An Helmina von Haſtfer.
Berlin d. 28 Okt. 1800 [Dienstag].
Liebe Freundin! Gerade jezt um 4 Uhr, wo das Räderwerk Ihres
Schikſals auseinandergelegt und neu zuſammengeſezt werden ſol, 25
ſchreib’ ich Ihnen mit dem Wunſche, daß das neue Uhrwerk Ihnen
künftig nur frohe Stunden zeige. —
Ich und Ahlefeld wollen als Mäſſige nur Eine von Ihren Gaben
annehmen — nämlich den Thee-Sonabend bei Fr. v. Knebel. Am
Donnerſtag fehlte zwar nicht der blaue Himmel, aber mir die Muſſe, 30
ihn einzuathmen. Ich flattere eigentlich von der Minerva nur wie ihre
Eule, Abends aus.
Grüſſen Sie Ihre Frau Mutter; ſie ſolte ein Bändgen Briefe in
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empfängt. 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/12>, abgerufen am 16.02.2025.
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