Matin bei dem Bedienten Händrichs -- 2) und eine Glasbouteille[110] und 3) einen Stok bei dem Kämmerier fodern lassen, um es auf Ihren Wagen zu werfen 4) und daß Sie gütig dem Kämmerier, der meinen Mantelsak dem nächsten Pferde oder Menschenrücken aufpacken sol, seine Zimmermiethe, die ich ihm heute nicht unter das Dekbette5 schieben wolte, auf dasselbe legen lassen, und 5) dem Kelner eine Wenigkeit abreichen und 6) daß Sie zwei Briefe von Caroline an mich, die mich dort wahrscheinlich suchen, in Ihre Tasche stecken und 7. daß Sie so viele Bitten vergeben.
Jezt am Schreibetisch fassen mich auf einmal die unsichtbaren10 Ketten der Musen wieder an, die mich auf keinen Berg hinauflassen als auf den Musenberg; so gern ich auch den himlischen Himmel und die erhabene Liebensteiner Erde neben Ihnen und den zwei schönen und leidenden Schwestern-Augenpaaren geniessen möchte, die ich recht warm grüsse.15
Meine Caroline grüsset und wünschet Sie herzlich. Unser Wieder- sehen war unsere zweite Kopulazion. Bleiben Sie froh unter den Guten, so wie Sie gut bleiben unter den Frohen! --
Richter
176. An Emanuel.20
Meiningen d. 15. Aug. 1801.
Mein bester E- und Immanuel! Zuerst bitt' ich Sie als meinen Kriegs- und Friedenszahlmeister, meinem Rendanten -- der mir nichts rentdiert -- 20 fl. rh. zu schicken, die er dem bayreuth. Assistierten geschenkt. Meine Rechnung mus gros sein. Sehen wir25 uns -- hier oder dort -- so wird sie berichtigt. Können Sie mit keiner königl. Verschreibung auf die ostpreuss. Provinzen a 500 fl. etwas machen? Die coupons werden in Kassel gezahlt. --
Unsere doppelten Reisen haben das Übel, daß jeder mit seiner in die andere zu treffen fürchtet. Das mus aber so vermieden werden,30 daß Sie mir -- da ich kan wenn ich wil -- schreiben, wenn Sie kommen und schreiben, wenn Sie überhaupt zu Hause sind. Denn 8 Tage wäre mein längstes Bleiben und wäre auch ein langes, da[111] ich in B[ayreuth] kein Verlaufen in 100 Gassen und 1000 Stuben zu befürchten habe. Die Ehe überwächset mich immer einsamer mit35 ihrem Blütengesträuch. Sonst ertrug ich die gesellige Leere -- die
7 Jean Paul Briefe. IV.
Matin bei dem Bedienten Händrichs — 2) und eine Glasbouteille[110] und 3) einen Stok bei dem Kämmerier fodern laſſen, um es auf Ihren Wagen zu werfen 4) und daß Sie gütig dem Kämmerier, der meinen Mantelſak dem nächſten Pferde oder Menſchenrücken aufpacken ſol, ſeine Zimmermiethe, die ich ihm heute nicht unter das Dekbette5 ſchieben wolte, auf daſſelbe legen laſſen, und 5) dem Kelner eine Wenigkeit abreichen und 6) daß Sie zwei Briefe von Caroline an mich, die mich dort wahrſcheinlich ſuchen, in Ihre Taſche ſtecken und 7. daß Sie ſo viele Bitten vergeben.
Jezt am Schreibetiſch faſſen mich auf einmal die unſichtbaren10 Ketten der Muſen wieder an, die mich auf keinen Berg hinauflaſſen als auf den Muſenberg; ſo gern ich auch den himliſchen Himmel und die erhabene Liebenſteiner Erde neben Ihnen und den zwei ſchönen und leidenden Schweſtern-Augenpaaren genieſſen möchte, die ich recht warm grüſſe.15
Meine Caroline grüſſet und wünſchet Sie herzlich. Unſer Wieder- ſehen war unſere zweite Kopulazion. Bleiben Sie froh unter den Guten, ſo wie Sie gut bleiben unter den Frohen! —
Richter
176. An Emanuel.20
Meiningen d. 15. Aug. 1801.
Mein beſter E- und Immanuel! Zuerſt bitt’ ich Sie als meinen Kriegs- und Friedenszahlmeiſter, meinem Rendanten — der mir nichts rent〈d〉iert — 20 fl. rh. zu ſchicken, die er dem bayreuth. Aſſiſtierten geſchenkt. Meine Rechnung mus gros ſein. Sehen wir25 uns — hier oder dort — ſo wird ſie berichtigt. Können Sie mit keiner königl. Verſchreibung auf die oſtpreuſſ. Provinzen à 500 fl. etwas machen? Die coupons werden in Kaſſel gezahlt. —
Unſere doppelten Reiſen haben das Übel, daß jeder mit ſeiner in die andere zu treffen fürchtet. Das mus aber ſo vermieden werden,30 daß Sie mir — da ich kan wenn ich wil — ſchreiben, wenn Sie kommen und ſchreiben, wenn Sie überhaupt zu Hauſe ſind. Denn 8 Tage wäre mein längſtes Bleiben und wäre auch ein langes, da[111] ich in B[ayreuth] kein Verlaufen in 100 Gaſſen und 1000 Stuben zu befürchten habe. Die Ehe überwächſet mich immer einſamer mit35 ihrem Blütengeſträuch. Sonſt ertrug ich die geſellige Leere — die
7 Jean Paul Briefe. IV.
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Matin bei dem Bedienten Händrichs — 2) und eine Glasbouteille
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Wagen zu werfen 4) und daß Sie gütig dem Kämmerier, der meinen
Mantelſak dem nächſten Pferde oder Menſchenrücken aufpacken ſol,
ſeine Zimmermiethe, die ich ihm heute nicht unter das Dekbette 5
ſchieben wolte, auf daſſelbe legen laſſen, und 5) dem Kelner eine
Wenigkeit abreichen und 6) daß Sie zwei Briefe von Caroline an
mich, die mich dort wahrſcheinlich ſuchen, in Ihre Taſche ſtecken und
7. daß Sie ſo viele Bitten vergeben.
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Jezt am Schreibetiſch faſſen mich auf einmal die unſichtbaren 10
Ketten der Muſen wieder an, die mich auf keinen Berg hinauflaſſen
als auf den Muſenberg; ſo gern ich auch den himliſchen Himmel und
die erhabene Liebenſteiner Erde neben Ihnen und den zwei ſchönen
und leidenden Schweſtern-Augenpaaren genieſſen möchte, die ich
recht warm grüſſe. 15
Meine Caroline grüſſet und wünſchet Sie herzlich. Unſer Wieder-
ſehen war unſere zweite Kopulazion. Bleiben Sie froh unter den
Guten, ſo wie Sie gut bleiben unter den Frohen! —
Richter
176. An Emanuel. 20
Meiningen d. 15. Aug. 1801.
Mein beſter E- und Immanuel! Zuerſt bitt’ ich Sie als meinen
Kriegs- und Friedenszahlmeiſter, meinem Rendanten — der mir
nichts rent〈d〉iert — 20 fl. rh. zu ſchicken, die er dem bayreuth.
Aſſiſtierten geſchenkt. Meine Rechnung mus gros ſein. Sehen wir 25
uns — hier oder dort — ſo wird ſie berichtigt. Können Sie mit keiner
königl. Verſchreibung auf die oſtpreuſſ. Provinzen à 500 fl. etwas
machen? Die coupons werden in Kaſſel gezahlt. —
Unſere doppelten Reiſen haben das Übel, daß jeder mit ſeiner in
die andere zu treffen fürchtet. Das mus aber ſo vermieden werden, 30
daß Sie mir — da ich kan wenn ich wil — ſchreiben, wenn Sie
kommen und ſchreiben, wenn Sie überhaupt zu Hauſe ſind. Denn
8 Tage wäre mein längſtes Bleiben und wäre auch ein langes, da
ich in B[ayreuth] kein Verlaufen in 100 Gaſſen und 1000 Stuben zu
befürchten habe. Die Ehe überwächſet mich immer einſamer mit 35
ihrem Blütengeſträuch. Sonſt ertrug ich die geſellige Leere — die
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7 Jean Paul Briefe. IV.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/103>, abgerufen am 16.02.2025.
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