Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

Bild:
<< vorherige Seite

Lebe wohl, meine Theuere! -- Nie vergess' ich dein edles Herz,
dein schönes treues Auge, und die Minuten der heiligsten Liebe.

Richter
501. An Ahlefeldt.
5
Mein guter Hans! Heute --

Mein guter Hans! Heute den 11 Aug. sez' ich die Schreiberei vom
10. Jun. fort. Aber warum fängst du nichts an, keine Antwort auf
meine? Zur häslichen Länge des Postkurses seze nicht noch die des
Schweigens. Du hast mir tausend Dinge und noch überdem allerlei10
von meinem Logis -- von der Bernhard -- von dem melodischen
air a trois notes (so nenn' ich die drei Herzensschwestern, die du zu
grüssen hast) -- und von unserer Zukunft -- und deiner Gegenwart --
und von Henriette, die auch grüsse, zu melden. Matzdorf hast du zu
melden, daß ich leider das "Register, Götter" betitelt, an dem mir15
viel liegt, nicht bei den Stiefeln gefunden; und daß ich ihn und die[388]
guten Seinigen grüsse.

Weimar belastet mich und ich schmachte nach mittelmärkischer Luft,
die so schöne Lippen bewegen.

Beantworte nebst diesem Blat auch das vorige und zögere nicht20
Jahrhunderte lang. Unsere wechselseitigen Erzählungen wachsen an
und wir beide brauchen Gegenwart.

An meinem Fenster redet jezt eine Aeolsharfe, die der Finger der
Natur anschlägt, der sich in wilden und leisen Wellen herumtummelt.
Der unartikulierte Wind hat nun eine artikulierte Sprache und bringt25
mir die Worte des Naturgeistes.

Lebe froh, mein Theuerer! Liebe mich und schreibe mir!

Richter
502. An Christian Otto.
30

Dein Avertissement eines künftigen Briefs erhielt ich. Künftig
brauche, bitt' ich dich, das Recht des R[eichs]hofraths, deine Briefe
nicht zu frankieren; ich fodere es. -- Gegenwärtige an C. send' ich
dir zur schnellesten Zurükkehr. Ofner ist kein Herz als meines dir. --

Lebe wohl, meine Theuere! — Nie vergess’ ich dein edles Herz,
dein schönes treues Auge, und die Minuten der heiligsten Liebe.

Richter
501. An Ahlefeldt.
5
Mein guter Hans! Heute —

Mein guter Hans! Heute den 11 Aug. ſez’ ich die Schreiberei vom
10. Jun. fort. Aber warum fängſt du nichts an, keine Antwort auf
meine? Zur häslichen Länge des Poſtkurſes ſeze nicht noch die des
Schweigens. Du haſt mir tauſend Dinge und noch überdem allerlei10
von meinem Logis — von der Bernhard — von dem melodiſchen
air à trois notes (ſo nenn’ ich die drei Herzensſchweſtern, die du zu
grüſſen haſt) — und von unſerer Zukunft — und deiner Gegenwart —
und von Henriette, die auch grüſſe, zu melden. Matzdorf haſt du zu
melden, daß ich leider das „Regiſter, Götter“ betitelt, an dem mir15
viel liegt, nicht bei den Stiefeln gefunden; und daß ich ihn und die[388]
guten Seinigen grüſſe.

Weimar belaſtet mich und ich ſchmachte nach mittelmärkiſcher Luft,
die ſo ſchöne Lippen bewegen.

Beantworte nebſt dieſem Blat auch das vorige und zögere nicht20
Jahrhunderte lang. Unſere wechſelſeitigen Erzählungen wachſen an
und wir beide brauchen Gegenwart.

An meinem Fenſter redet jezt eine Aeolsharfe, die der Finger der
Natur anſchlägt, der ſich in wilden und leiſen Wellen herumtummelt.
Der unartikulierte Wind hat nun eine artikulierte Sprache und bringt25
mir die Worte des Naturgeiſtes.

Lebe froh, mein Theuerer! Liebe mich und ſchreibe mir!

Richter
502. An Chriſtian Otto.
30

Dein Avertiſſement eines künftigen Briefs erhielt ich. Künftig
brauche, bitt’ ich dich, das Recht des R[eichs]hofraths, deine Briefe
nicht zu frankieren; ich fodere es. — Gegenwärtige an C. ſend’ ich
dir zur ſchnelleſten Zurükkehr. Ofner iſt kein Herz als meines dir. —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <pb facs="#f0381" n="361"/>
        <p> <hi rendition="#aq">Lebe wohl, meine Theuere! &#x2014; Nie vergess&#x2019; ich dein edles Herz,<lb/>
dein schönes treues Auge, und die Minuten der heiligsten Liebe.</hi> </p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right"> <hi rendition="#aq">Richter</hi> </hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>501. An <hi rendition="#g">Ahlefeldt.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">W[eimar] d. 10 Jun. [<hi rendition="#i">verb. in</hi> 11 Aug.]</hi> 1800.</hi> </dateline>
        <lb n="5"/>
        <salute>Mein guter Hans! Heute &#x2014;</salute><lb/>
        <p>Mein guter Hans! Heute den 11 Aug. &#x017F;ez&#x2019; ich die Schreiberei vom<lb/>
10. Jun. fort. Aber warum fäng&#x017F;t du nichts an, keine Antwort auf<lb/>
meine? Zur häslichen Länge des Po&#x017F;tkur&#x017F;es &#x017F;eze nicht noch die des<lb/>
Schweigens. Du ha&#x017F;t mir tau&#x017F;end Dinge und noch überdem allerlei<lb n="10"/>
von meinem Logis &#x2014; von der <hi rendition="#aq">Bernhard</hi> &#x2014; von dem melodi&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#aq">air à <hi rendition="#g">trois</hi> notes</hi> (&#x017F;o nenn&#x2019; ich die drei Herzens&#x017F;chwe&#x017F;tern, die du zu<lb/>
grü&#x017F;&#x017F;en ha&#x017F;t) &#x2014; und von un&#x017F;erer Zukunft &#x2014; und deiner Gegenwart &#x2014;<lb/>
und von <hi rendition="#aq">Henriette,</hi> die auch grü&#x017F;&#x017F;e, zu melden. Matzdorf ha&#x017F;t du zu<lb/>
melden, daß ich leider das &#x201E;Regi&#x017F;ter, Götter&#x201C; betitelt, an dem mir<lb n="15"/>
viel liegt, nicht bei den Stiefeln gefunden; und daß ich ihn und die<note place="right"><ref target="1922_Bd3_388">[388]</ref></note><lb/>
guten Seinigen grü&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Weimar</hi> bela&#x017F;tet mich und ich &#x017F;chmachte nach mittelmärki&#x017F;cher Luft,<lb/>
die &#x017F;o &#x017F;chöne Lippen bewegen.</p><lb/>
        <p>Beantworte neb&#x017F;t die&#x017F;em Blat auch das vorige und zögere nicht<lb n="20"/>
Jahrhunderte lang. Un&#x017F;ere wech&#x017F;el&#x017F;eitigen Erzählungen wach&#x017F;en an<lb/>
und wir beide brauchen Gegenwart.</p><lb/>
        <p>An meinem Fen&#x017F;ter redet jezt eine Aeolsharfe, die der Finger der<lb/>
Natur an&#x017F;chlägt, der &#x017F;ich in wilden und lei&#x017F;en Wellen herumtummelt.<lb/>
Der unartikulierte Wind hat nun eine artikulierte Sprache und bringt<lb n="25"/>
mir die Worte des Naturgei&#x017F;tes.</p><lb/>
        <p>Lebe froh, mein Theuerer! Liebe mich und &#x017F;chreibe mir!</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Richter</hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>502. An <hi rendition="#g">Chri&#x017F;tian Otto.</hi></head><lb/>
        <byline> <hi rendition="#aq">Citissime.</hi> </byline>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Weimar d. 11 Aug.</hi> 1800.</hi> </dateline>
        <lb n="30"/>
        <p>Dein Averti&#x017F;&#x017F;ement eines künftigen Briefs erhielt ich. Künftig<lb/>
brauche, bitt&#x2019; ich dich, das Recht des R[eichs]hofraths, deine Briefe<lb/><hi rendition="#g">nicht</hi> zu frankieren; ich fodere es. &#x2014; Gegenwärtige an <hi rendition="#aq">C.</hi> &#x017F;end&#x2019; ich<lb/>
dir zur &#x017F;chnelle&#x017F;ten Zurükkehr. Ofner i&#x017F;t kein Herz als meines dir. &#x2014;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[361/0381] Lebe wohl, meine Theuere! — Nie vergess’ ich dein edles Herz, dein schönes treues Auge, und die Minuten der heiligsten Liebe. Richter 501. An Ahlefeldt. W[eimar] d. 10 Jun. [verb. in 11 Aug.] 1800. 5 Mein guter Hans! Heute — Mein guter Hans! Heute den 11 Aug. ſez’ ich die Schreiberei vom 10. Jun. fort. Aber warum fängſt du nichts an, keine Antwort auf meine? Zur häslichen Länge des Poſtkurſes ſeze nicht noch die des Schweigens. Du haſt mir tauſend Dinge und noch überdem allerlei 10 von meinem Logis — von der Bernhard — von dem melodiſchen air à trois notes (ſo nenn’ ich die drei Herzensſchweſtern, die du zu grüſſen haſt) — und von unſerer Zukunft — und deiner Gegenwart — und von Henriette, die auch grüſſe, zu melden. Matzdorf haſt du zu melden, daß ich leider das „Regiſter, Götter“ betitelt, an dem mir 15 viel liegt, nicht bei den Stiefeln gefunden; und daß ich ihn und die guten Seinigen grüſſe. [388] Weimar belaſtet mich und ich ſchmachte nach mittelmärkiſcher Luft, die ſo ſchöne Lippen bewegen. Beantworte nebſt dieſem Blat auch das vorige und zögere nicht 20 Jahrhunderte lang. Unſere wechſelſeitigen Erzählungen wachſen an und wir beide brauchen Gegenwart. An meinem Fenſter redet jezt eine Aeolsharfe, die der Finger der Natur anſchlägt, der ſich in wilden und leiſen Wellen herumtummelt. Der unartikulierte Wind hat nun eine artikulierte Sprache und bringt 25 mir die Worte des Naturgeiſtes. Lebe froh, mein Theuerer! Liebe mich und ſchreibe mir! Richter 502. An Chriſtian Otto. Citissime.Weimar d. 11 Aug. 1800. 30 Dein Avertiſſement eines künftigen Briefs erhielt ich. Künftig brauche, bitt’ ich dich, das Recht des R[eichs]hofraths, deine Briefe nicht zu frankieren; ich fodere es. — Gegenwärtige an C. ſend’ ich dir zur ſchnelleſten Zurükkehr. Ofner iſt kein Herz als meines dir. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/381
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/381>, abgerufen am 23.11.2024.