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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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Oertel war einige Tage hier. -- Wenn du wieder bei den Meiers
einen angestrengten Versuch der detromperie machst, Alter: so ge-
denke meiner bestens, nämlich des, daß ich aller bestens gedenke und
mich nach den warmen Herzen mit meinem sehne. -- Sobald ich von
meiner Cidevant-Braut meine Briefe wiederhabe: solst du aus5
diesen die volendete Rechtfertigung meines Betragens lesen. -- Dein
Köhler-Rok wird hier nicht verschwendet, sondern selten angethan; er
mus für Königinnen, höchstens Fürstinnen aufgehoben werden, ob er
mich gleich wie ein schwarzes Kästgen den Diamant, so ungemein
hebt. --10

Deine Reichardschen Lieder die ich selber habe, sing' ich jezt (wenn
Krächzen so zu nennen ist) mit süssen Erinnerungen deiner Töne. --
Lebe wohl, mein Theuerster! Wir werden uns immer lieben. Ich habe
bei keinem Freunde -- höchstens Otto ausgenommen -- diese Leichtig-
keit des Zusammenseins gefunden als bei dir. Lebe seelig!15

J. P. F. Richter
488. An Knebel in Ilmenau.

Mein theuerer Freund! Eben komm' ich von Ihrer lieben Frau, die
mir die schöne Hofnung Ihrer Erscheinung bei uns, gegeben. Der Tag,20
wo ich Sie und die Ihrigen und Herders auf einmal in Weimar sehe,
wird dieser Stadt -- die längst bei mir dekrepitiert und abgeknistert
hat -- wieder den Silberglanz umthun, in dem sie vor mir bei dem[380]
ersten Anblik stand. Ich bitte Sie daher, mir den Tag Ihrer Ankunft
zu schreiben, damit ich nicht verreiset sei.25

Die Berliner Reise gab mir viele Freuden und Freunde; man gab
mir Schauspiele, Klubs, Herzen und alles und ich glaubte nicht so
geliebt zu sein. Ich ziehe daher im Herbste für den ganzen Winter aus
diesem Isolierschemel nach Berlin.

Aber, Bester, wie konten Sie Eine Minute lang mein Schweigen --30
unter der Reise -- für eine innere Erkältung nehmen? Eine gegen Sie,
mit dem ich über alles so einig bin, komt in meinen Aequator nie.

Ihr Urtheil über den Titan -- das eines Mannes, der der Haus-
freund der Alten ist -- erfreuet mich sehr. Ich komme wieder mit
meinem alten Wunsche einer Rezension. Beim Himmel! wenn mich35

23 Jean Paul Briefe. III.

Oertel war einige Tage hier. — Wenn du wieder bei den Meiers
einen angeſtrengten Verſuch der détromperie machſt, Alter: ſo ge-
denke meiner beſtens, nämlich des, daß ich aller beſtens gedenke und
mich nach den warmen Herzen mit meinem ſehne. — Sobald ich von
meiner Cidevant-Braut meine Briefe wiederhabe: ſolſt du aus5
dieſen die volendete Rechtfertigung meines Betragens leſen. — Dein
Köhler-Rok wird hier nicht verſchwendet, ſondern ſelten angethan; er
mus für Königinnen, höchſtens Fürſtinnen aufgehoben werden, ob er
mich gleich wie ein ſchwarzes Käſtgen den Diamant, ſo ungemein
hebt. —10

Deine Reichardſchen Lieder die ich ſelber habe, ſing’ ich jezt (wenn
Krächzen ſo zu nennen iſt) mit ſüſſen Erinnerungen deiner Töne. —
Lebe wohl, mein Theuerſter! Wir werden uns immer lieben. Ich habe
bei keinem Freunde — höchſtens Otto ausgenommen — dieſe Leichtig-
keit des Zuſammenſeins gefunden als bei dir. Lebe ſeelig!15

J. P. F. Richter
488. An Knebel in Ilmenau.

Mein theuerer Freund! Eben komm’ ich von Ihrer lieben Frau, die
mir die ſchöne Hofnung Ihrer Erſcheinung bei uns, gegeben. Der Tag,20
wo ich Sie und die Ihrigen und Herders auf einmal in Weimar ſehe,
wird dieſer Stadt — die längſt bei mir dekrepitiert und abgekniſtert
hat — wieder den Silberglanz umthun, in dem ſie vor mir bei dem[380]
erſten Anblik ſtand. Ich bitte Sie daher, mir den Tag Ihrer Ankunft
zu ſchreiben, damit ich nicht verreiſet ſei.25

Die Berliner Reiſe gab mir viele Freuden und Freunde; man gab
mir Schauſpiele, Klubs, Herzen und alles und ich glaubte nicht ſo
geliebt zu ſein. Ich ziehe daher im Herbſte für den ganzen Winter aus
dieſem Iſolierſchemel nach Berlin.

Aber, Beſter, wie konten Sie Eine Minute lang mein Schweigen —30
unter der Reiſe — für eine innere Erkältung nehmen? Eine gegen Sie,
mit dem ich über alles ſo einig bin, komt in meinen Aequator nie.

Ihr Urtheil über den Titan — das eines Mannes, der der Haus-
freund der Alten iſt — erfreuet mich ſehr. Ich komme wieder mit
meinem alten Wunſche einer Rezenſion. Beim Himmel! wenn mich35

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[353/0373] Oertel war einige Tage hier. — Wenn du wieder bei den Meiers einen angeſtrengten Verſuch der détromperie machſt, Alter: ſo ge- denke meiner beſtens, nämlich des, daß ich aller beſtens gedenke und mich nach den warmen Herzen mit meinem ſehne. — Sobald ich von meiner Cidevant-Braut meine Briefe wiederhabe: ſolſt du aus 5 dieſen die volendete Rechtfertigung meines Betragens leſen. — Dein Köhler-Rok wird hier nicht verſchwendet, ſondern ſelten angethan; er mus für Königinnen, höchſtens Fürſtinnen aufgehoben werden, ob er mich gleich wie ein ſchwarzes Käſtgen den Diamant, ſo ungemein hebt. — 10 Deine Reichardſchen Lieder die ich ſelber habe, ſing’ ich jezt (wenn Krächzen ſo zu nennen iſt) mit ſüſſen Erinnerungen deiner Töne. — Lebe wohl, mein Theuerſter! Wir werden uns immer lieben. Ich habe bei keinem Freunde — höchſtens Otto ausgenommen — dieſe Leichtig- keit des Zuſammenſeins gefunden als bei dir. Lebe ſeelig! 15 J. P. F. Richter 488. An Knebel in Ilmenau. Weimar d. 14 July 1800. Mein theuerer Freund! Eben komm’ ich von Ihrer lieben Frau, die mir die ſchöne Hofnung Ihrer Erſcheinung bei uns, gegeben. Der Tag, 20 wo ich Sie und die Ihrigen und Herders auf einmal in Weimar ſehe, wird dieſer Stadt — die längſt bei mir dekrepitiert und abgekniſtert hat — wieder den Silberglanz umthun, in dem ſie vor mir bei dem erſten Anblik ſtand. Ich bitte Sie daher, mir den Tag Ihrer Ankunft zu ſchreiben, damit ich nicht verreiſet ſei. 25 [380] Die Berliner Reiſe gab mir viele Freuden und Freunde; man gab mir Schauſpiele, Klubs, Herzen und alles und ich glaubte nicht ſo geliebt zu ſein. Ich ziehe daher im Herbſte für den ganzen Winter aus dieſem Iſolierſchemel nach Berlin. Aber, Beſter, wie konten Sie Eine Minute lang mein Schweigen — 30 unter der Reiſe — für eine innere Erkältung nehmen? Eine gegen Sie, mit dem ich über alles ſo einig bin, komt in meinen Aequator nie. Ihr Urtheil über den Titan — das eines Mannes, der der Haus- freund der Alten iſt — erfreuet mich ſehr. Ich komme wieder mit meinem alten Wunſche einer Rezenſion. Beim Himmel! wenn mich 35 23 Jean Paul Briefe. III.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/373>, abgerufen am 22.11.2024.