Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.des Verhängnisses eben so viel für mich gearbeitet als für C. Aus die- In Ilmenau wiederfuhr mir in wenig Tagen mehr schmerzliches Jezt treib' ich mich wieder mit aus[ge]leertem dürftigen Herzen in Möge während meiner Abwesenheit das Schiksal Ihre Kalligone15 Richter 466. An Christian Otto. Weimar d. 16. Mai 1800.Morgen geh ich nach Leipzig und dan nach Berlin. Himmel! ich20 des Verhängniſſes eben ſo viel für mich gearbeitet als für C. Aus die- In Ilmenau wiederfuhr mir in wenig Tagen mehr ſchmerzliches Jezt treib’ ich mich wieder mit aus[ge]leertem dürftigen Herzen in Möge während meiner Abweſenheit das Schikſal Ihre Kalligone15 Richter 466. An Chriſtian Otto. Weimar d. 16. Mai 1800.Morgen geh ich nach Leipzig und dan nach Berlin. Himmel! ich20 <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0352" n="332"/> des Verhängniſſes eben ſo viel <hi rendition="#g">für</hi> mich gearbeitet als <hi rendition="#g">für</hi> <hi rendition="#aq">C.</hi> Aus die-<lb/> ſem einzigen Umſtande ſehen Sie, daß mein Betragen in <hi rendition="#aq">Ilmenau</hi><lb/> ein ganz anderes von <hi rendition="#aq">C.</hi> und <hi rendition="#aq">B.</hi> vorausſezte als man vorausſezte. Ich<lb/> verſchone Sie mündlich und ſchriftlich mit der Annäherung zu dieſer<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd3_358">[358]</ref></note>Sphinx, deren Krallen Ihnen die Wunden gab[en], die Sie mir und<lb n="5"/> <hi rendition="#aq">C.</hi> nehmen wolten.</p><lb/> <p>In <hi rendition="#aq">Ilmenau</hi> wiederfuhr mir in wenig Tagen mehr ſchmerzliches<lb/> Unrecht als in vielen Jahren überal. Aber Ihre edle Seele konte nie<lb/> eine Minute lang von der meinigen verkant oder misverſtanden<lb/> werden. Sie könten mir leichter mein ganzes Glük und Ihre Freund-<lb n="10"/> ſchaft nehmen, als nur das Geringſte von meinem liebenden Glauben<lb/> und meiner Verehrung für Sie.</p><lb/> <p>Jezt treib’ ich mich wieder mit aus[ge]leertem dürftigen Herzen in<lb/> das weite Weltmeer hinein und ruhe nur auf den Wogen.</p><lb/> <p>Möge während meiner Abweſenheit das Schikſal Ihre Kalligone<lb n="15"/> ſein und Ihrer Seele unter den Menſchen und Stunden das Schöne<lb/> zuführen, das ihr gehört! —</p> <closer> <salute> <hi rendition="#sameLine"> <hi rendition="#right">Richter</hi> </hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>466. An <hi rendition="#g">Chriſtian Otto.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Weimar</hi> d. 16. Mai 1800.</hi> </dateline><lb/> <p>Morgen geh ich nach <hi rendition="#aq">Leipzig</hi> und dan nach <hi rendition="#aq">Berlin.</hi> Himmel! ich<lb n="20"/> müſte in einen Dintenteich eintunken, um dir das Nöthigſte ganz kurz<lb/> zu ſagen. Mit <hi rendition="#g">gerührter Freude</hi> las ich gerade am Abend, wo ich<lb/> mit den <hi rendition="#aq">Herders</hi> von <hi rendition="#aq">Ilmenau</hi> und der Zuſammenkunft mit <hi rendition="#aq">C.</hi> zu-<lb/> rükkam, das ſchöne Glük deines guten Bruders; recht innigſt bewegt’<lb/> es mich, ob gleich der ſcharfe Stein auf dieſem ſchönen Wege lag, daß<lb n="25"/> du dabei faſt verliereſt. Das ſol nicht ſein. Wil denn das Schikſal alles<lb/> dein Ergeben und deine Klugheit und deinen Werth mit gar nichts be-<lb/> lohnen? O lieber Otto! — Aber es wird, es mus ſchon die Nemeſis<lb/> ſchicken mit ihrer Wage, um dich — aber mit und zu etwas beſſerem<lb/> als man ſonſt die ſächſiſchen Kurfürſten — darauf auszuwägen.<lb n="30"/> — An deinem Namenstag war mein Herz in <hi rendition="#aq">Wonsiedel</hi> — wohin ich<lb/> mich unausſprechlich ſehne — und ſah Euch gute Menſchen auch als<lb/> glükliche und dankte dem Himmel, daß er blau dazu war. Schreibe mir<lb/> ja deinen Ehrentag; ich wil ihn ſtil in meiner Bruſt mit feiern, ob ich<lb/> gleich eine zu überflieſſende habe, als daß ich ſie in einen ſolchen Tag<lb n="35"/> hineintragen dürfte. —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [332/0352]
des Verhängniſſes eben ſo viel für mich gearbeitet als für C. Aus die-
ſem einzigen Umſtande ſehen Sie, daß mein Betragen in Ilmenau
ein ganz anderes von C. und B. vorausſezte als man vorausſezte. Ich
verſchone Sie mündlich und ſchriftlich mit der Annäherung zu dieſer
Sphinx, deren Krallen Ihnen die Wunden gab[en], die Sie mir und 5
C. nehmen wolten.
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In Ilmenau wiederfuhr mir in wenig Tagen mehr ſchmerzliches
Unrecht als in vielen Jahren überal. Aber Ihre edle Seele konte nie
eine Minute lang von der meinigen verkant oder misverſtanden
werden. Sie könten mir leichter mein ganzes Glük und Ihre Freund- 10
ſchaft nehmen, als nur das Geringſte von meinem liebenden Glauben
und meiner Verehrung für Sie.
Jezt treib’ ich mich wieder mit aus[ge]leertem dürftigen Herzen in
das weite Weltmeer hinein und ruhe nur auf den Wogen.
Möge während meiner Abweſenheit das Schikſal Ihre Kalligone 15
ſein und Ihrer Seele unter den Menſchen und Stunden das Schöne
zuführen, das ihr gehört! —
Richter
466. An Chriſtian Otto.
Weimar d. 16. Mai 1800.
Morgen geh ich nach Leipzig und dan nach Berlin. Himmel! ich 20
müſte in einen Dintenteich eintunken, um dir das Nöthigſte ganz kurz
zu ſagen. Mit gerührter Freude las ich gerade am Abend, wo ich
mit den Herders von Ilmenau und der Zuſammenkunft mit C. zu-
rükkam, das ſchöne Glük deines guten Bruders; recht innigſt bewegt’
es mich, ob gleich der ſcharfe Stein auf dieſem ſchönen Wege lag, daß 25
du dabei faſt verliereſt. Das ſol nicht ſein. Wil denn das Schikſal alles
dein Ergeben und deine Klugheit und deinen Werth mit gar nichts be-
lohnen? O lieber Otto! — Aber es wird, es mus ſchon die Nemeſis
ſchicken mit ihrer Wage, um dich — aber mit und zu etwas beſſerem
als man ſonſt die ſächſiſchen Kurfürſten — darauf auszuwägen. 30
— An deinem Namenstag war mein Herz in Wonsiedel — wohin ich
mich unausſprechlich ſehne — und ſah Euch gute Menſchen auch als
glükliche und dankte dem Himmel, daß er blau dazu war. Schreibe mir
ja deinen Ehrentag; ich wil ihn ſtil in meiner Bruſt mit feiern, ob ich
gleich eine zu überflieſſende habe, als daß ich ſie in einen ſolchen Tag 35
hineintragen dürfte. —
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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