Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.[338]11. Du mishandelst deinen so schönen, feinen Brief, dem ich nur eine Übertreibung der Wendungen schuld gab. In denen an mich sündigst du nicht; in denen an fremde Personen immer bis zum Schein der Eitelkeit, wenns nicht eine ist. Schicke mir nur Briefe z. B. an Oertel, ich wil exzerpieren; erlaube mirs, einen zu verlangen.5 12. Komme mir mit diesem mörderischen Parallelismus nicht mehr, den sogar in Hof niemand macht, das beschwör' ich. Man wolte eine Konsulesse weniger haben, das wars. -- In Bayreuth wird dein Geist unter Menschen, die Kentnisse haben und achten, aufleben und man wird dich bald belohnen; den Titular-Titel würde dir ein ertrozter10 haben ersparen können. 13. Mit der Boxberg hat die gute Bek, die froh und uneigennüzig und leichtsinnig ist wie ein Mädgen, nichts gemein. 14. Geht schwerlich. -- Ich hasse jezt die Kotzebuische Sentimentali- tät, wichtige Aktus noch durch zufällige Tage zu erhöhen, wie z. B.15 die Liebmannin. Bei Gott! ein Hochzeittag ist für sich genug; und alles Würzende darf höchstens der Zufal zuwerfen. 15. Du bekomst nichts; deine Freude wäre da gestört; und ich denke doch immer beim Arbeiten an und für dich. Ich hatte überhaupt blos einen geheimen Plan auf mich, -- mich nämlich zu nöthigen, den Plan20 recht auseinanderzuwickeln. Denn ein Fremder kan einem vieljährigen Nachdenken doch wenig helfen mit einem vielstündigen. Damits nur fortkomt, wil ich fliegen, nicht gehen. Gleim schikte mir in einer königl. Verschreibung auf die ostpreussi- *) Aber ich verstehe den langweiligen Schuldschein nicht, weis nicht wenn und35
wo Zinsen zu erheben und was ich mit ihm thue. [338]11. Du mishandelſt deinen ſo ſchönen, feinen Brief, dem ich nur eine Übertreibung der Wendungen ſchuld gab. In denen an mich ſündigſt du nicht; in denen an fremde Perſonen immer bis zum Schein der Eitelkeit, wenns nicht eine iſt. Schicke mir nur Briefe z. B. an Oertel, ich wil exzerpieren; erlaube mirs, einen zu verlangen.5 12. Komme mir mit dieſem mörderiſchen Paralleliſmus nicht mehr, den ſogar in Hof niemand macht, das beſchwör’ ich. Man wolte eine Konſuleſſe weniger haben, das wars. — In Bayreuth wird dein Geiſt unter Menſchen, die Kentniſſe haben und achten, aufleben und man wird dich bald belohnen; den Titular-Titel würde dir ein ertrozter10 haben erſparen können. 13. Mit der Boxberg hat die gute Bek, die froh und uneigennüzig und leichtſinnig iſt wie ein Mädgen, nichts gemein. 14. Geht ſchwerlich. — Ich haſſe jezt die Kotzebuiſche Sentimentali- tät, wichtige Aktus noch durch zufällige Tage zu erhöhen, wie z. B.15 die Liebmannin. Bei Gott! ein Hochzeittag iſt für ſich genug; und alles Würzende darf höchſtens der Zufal zuwerfen. 15. Du bekomſt nichts; deine Freude wäre da geſtört; und ich denke doch immer beim Arbeiten an und für dich. Ich hatte überhaupt blos einen geheimen Plan auf mich, — mich nämlich zu nöthigen, den Plan20 recht auseinanderzuwickeln. Denn ein Fremder kan einem vieljährigen Nachdenken doch wenig helfen mit einem vielſtündigen. Damits nur fortkomt, wil ich fliegen, nicht gehen. Gleim ſchikte mir in einer königl. Verſchreibung auf die oſtpreuſſi- *) Aber ich verſtehe den langweiligen Schuldſchein nicht, weis nicht wenn und35
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11. Du mishandelſt deinen ſo ſchönen, feinen Brief, dem ich nur
eine Übertreibung der Wendungen ſchuld gab. In denen an mich
ſündigſt du nicht; in denen an fremde Perſonen immer bis zum Schein
der Eitelkeit, wenns nicht eine iſt. Schicke mir nur Briefe z. B. an
Oertel, ich wil exzerpieren; erlaube mirs, einen zu verlangen. 5
12. Komme mir mit dieſem mörderiſchen Paralleliſmus nicht mehr,
den ſogar in Hof niemand macht, das beſchwör’ ich. Man wolte eine
Konſuleſſe weniger haben, das wars. — In Bayreuth wird dein Geiſt
unter Menſchen, die Kentniſſe haben und achten, aufleben und man
wird dich bald belohnen; den Titular-Titel würde dir ein ertrozter 10
haben erſparen können.
13. Mit der Boxberg hat die gute Bek, die froh und uneigennüzig
und leichtſinnig iſt wie ein Mädgen, nichts gemein.
14. Geht ſchwerlich. — Ich haſſe jezt die Kotzebuiſche Sentimentali-
tät, wichtige Aktus noch durch zufällige Tage zu erhöhen, wie z. B. 15
die Liebmannin. Bei Gott! ein Hochzeittag iſt für ſich genug; und
alles Würzende darf höchſtens der Zufal zuwerfen.
15. Du bekomſt nichts; deine Freude wäre da geſtört; und ich denke
doch immer beim Arbeiten an und für dich. Ich hatte überhaupt blos
einen geheimen Plan auf mich, — mich nämlich zu nöthigen, den Plan 20
recht auseinanderzuwickeln. Denn ein Fremder kan einem vieljährigen
Nachdenken doch wenig helfen mit einem vielſtündigen.
Damits nur fortkomt, wil ich fliegen, nicht gehen.
Gleim ſchikte mir in einer königl. Verſchreibung auf die oſtpreuſſi-
ſchen Provinzen 500 fl. Ausſteuer. Man kan nichts ſagen als im edlern 25
Sin: er iſt ein Deutſcher. *) Soviel Weichheit, Flamme und Originali-
tät! — Karolinens Brief an dich wird dir die zarte aber jungfräulich-
ſcheue Seele zeigen. Auſſer der Spangenberg hatte keine noch das
Maas des Schiklichen ſo fein; — ſo daß du oft mehr als ich ihr an-
paſteſt, wiewohl ich mich (zuweilen) blos darüber wegſeze ohne es zu 30
entbehren. — Unter allen Werbetrommeln zu einer Vierteljahrs-
ſchrift hat die von Wilmans in Bremen die beſte Haut und Tönung;
er ſchrieb vorn herein die gewöhnlichen Schmeicheleien, die ſo wenig
rühren, bis er beifügte, ich möcht’ es für einen geringen Beweis ſeiner
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*) Aber ich verſtehe den langweiligen Schuldſchein nicht, weis nicht wenn und 35
wo Zinſen zu erheben und was ich mit ihm thue.
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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