Matzdorf -- ich hab' ihm vor deinen Briefen meinen Zorn vorgehalten und ihm den Druk der Subskribenten verboten -- der Schelm ent- schuldigte sich ziemlich und that so kläglich daß ichs ihm wieder erlaubte. Die Frau schikte mir einen Ring. Erst im Mai geh ich nach Berlin.
-- Es fuhr jezt schon das alte rauhe Gefühl in mir über den Wust5 empor, den ich dir zu schreiben habe bis morgen: als ich mich linderte durch den neuen Vorsaz, daß es erst nach 8 Tagen abgehen sol; jezt geniess' ich das Schreiben wieder. Von meiner C. wil ich einige Tage später reden, wo dir vermuthlich schon neue Entwiklungen zu geben sind. Den Wust weis ich voraus, weil ich immer mit einem Wort in10 jeder Woche das notiere was ich dir zu notieren habe. Mach' es auch so und schreibe mir viel höfer Gacetten; sonst erfahr ich nichts, da meine lezte und reichste Korrespondentin fort ist.
Meine Seele regt sich sanft in Wünschen für diese Gute. Möge sie recht glüklich sein in meinem Geburtsort und jeden Tag mehr verdient15 werden von W[ernlein]! -- Sie hat eine zarte feste Weiblichkeit, und einen Werth, der eine 10jährige Beobachtung vertrug; und vielleicht ausser einigen Lenetten-Launen keinen Fehler. Du hättest dich an ihrem Tagebuch erquicken sollen wie ich. -- Sie sol mir ja bald schreiben.
[311]Bei der herlichen Herder wolt ich noch sagen, daß mein An-20 spacher Bruder schon zum 2ten mal an sie geschrieben, daß sie ihm 1 Ld'or geschikt -- die Schlechten! Ja sie wolte mehr für ihn zusammen- machen. Er wil Apotheken-Schulden haben.
Und doch gieng bisher oft das wehmüthige Gefühl mit mir herum, daß ich dem andern in Hof gar nichts gäbe. Wär' er nur etwas besser25 und köntest du mir es schreiben: ich schikte dem Unglüklichen etwas. O ich hab ihn recht geliebt -- und bei Gott jeden, und mein Herz (wenn auch nicht mein Kopf) kan nichts dafür, wo ichs nicht mehr kan.
An der 2ten Edizion des Quintus wird gedrukt. -- Bei der Edizion meiner opera omnia werd' ich nach dem Geschrei aller dieser Spiz-30 buben nicht viel fragen. Ich bin in meinem Innern dadurch gerecht- fertigt, daß ich dum war und nie die Zahl der abzudruckenden Exemplare bestimte, worauf alles ankomt und dessen Unterlassung die 2ten Auflagen verschiebt. --
Bayreuther Bier gebe mir Bayreuth. Sechs und sechzig hiesige35 Groschen Postgeld kosteten mich 32 gothaische Maas Waizenbier, das man mir zu[ge]sandt; die Maas selber kostet an Ort und Stelle
Matzdorf — ich hab’ ihm vor deinen Briefen meinen Zorn vorgehalten und ihm den Druk der Subſkribenten verboten — der Schelm ent- ſchuldigte ſich ziemlich und that ſo kläglich daß ichs ihm wieder erlaubte. Die Frau ſchikte mir einen Ring. Erſt im Mai geh ich nach Berlin.
— Es fuhr jezt ſchon das alte rauhe Gefühl in mir über den Wuſt5 empor, den ich dir zu ſchreiben habe bis morgen: als ich mich linderte durch den neuen Vorſaz, daß es erſt nach 8 Tagen abgehen ſol; jezt genieſſ’ ich das Schreiben wieder. Von meiner C. wil ich einige Tage ſpäter reden, wo dir vermuthlich ſchon neue Entwiklungen zu geben ſind. Den Wuſt weis ich voraus, weil ich immer mit einem Wort in10 jeder Woche das notiere was ich dir zu notieren habe. Mach’ es auch ſo und ſchreibe mir viel höfer Gacetten; ſonſt erfahr ich nichts, da meine lezte und reichſte Korreſpondentin fort iſt.
Meine Seele regt ſich ſanft in Wünſchen für dieſe Gute. Möge ſie recht glüklich ſein in meinem Geburtsort und jeden Tag mehr verdient15 werden von W[ernlein]! — Sie hat eine zarte feſte Weiblichkeit, und einen Werth, der eine 10jährige Beobachtung vertrug; und vielleicht auſſer einigen Lenetten-Launen keinen Fehler. Du hätteſt dich an ihrem Tagebuch erquicken ſollen wie ich. — Sie ſol mir ja bald ſchreiben.
[311]Bei der herlichen Herder wolt ich noch ſagen, daß mein An-20 ſpacher Bruder ſchon zum 2ten mal an ſie geſchrieben, daß ſie ihm 1 Ld’or geſchikt — die Schlechten! Ja ſie wolte mehr für ihn zuſammen- machen. Er wil Apotheken-Schulden haben.
Und doch gieng bisher oft das wehmüthige Gefühl mit mir herum, daß ich dem andern in Hof gar nichts gäbe. Wär’ er nur etwas beſſer25 und könteſt du mir es ſchreiben: ich ſchikte dem Unglüklichen etwas. O ich hab ihn recht geliebt — und bei Gott jeden, und mein Herz (wenn auch nicht mein Kopf) kan nichts dafür, wo ichs nicht mehr kan.
An der 2ten Edizion des Quintus wird gedrukt. — Bei der Edizion meiner opera omnia werd’ ich nach dem Geſchrei aller dieſer Spiz-30 buben nicht viel fragen. Ich bin in meinem Innern dadurch gerecht- fertigt, daß ich dum war und nie die Zahl der abzudruckenden Exemplare beſtimte, worauf alles ankomt und deſſen Unterlaſſung die 2ten Auflagen verſchiebt. —
Bayreuther Bier gebe mir Bayreuth. Sechs und ſechzig hieſige35 Groſchen Poſtgeld koſteten mich 32 gothaiſche Maas Waizenbier, das man mir zu[ge]ſandt; die Maas ſelber koſtet an Ort und Stelle
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Matzdorf — ich hab’ ihm vor deinen Briefen meinen Zorn vorgehalten
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ſchuldigte ſich ziemlich und that ſo kläglich daß ichs ihm wieder erlaubte.
Die Frau ſchikte mir einen Ring. Erſt im Mai geh ich nach Berlin.
— Es fuhr jezt ſchon das alte rauhe Gefühl in mir über den Wuſt 5
empor, den ich dir zu ſchreiben habe bis morgen: als ich mich linderte
durch den neuen Vorſaz, daß es erſt nach 8 Tagen abgehen ſol; jezt
genieſſ’ ich das Schreiben wieder. Von meiner C. wil ich einige Tage
ſpäter reden, wo dir vermuthlich ſchon neue Entwiklungen zu geben
ſind. Den Wuſt weis ich voraus, weil ich immer mit einem Wort in 10
jeder Woche das notiere was ich dir zu notieren habe. Mach’ es auch
ſo und ſchreibe mir viel höfer Gacetten; ſonſt erfahr ich nichts, da
meine lezte und reichſte Korreſpondentin fort iſt.
Meine Seele regt ſich ſanft in Wünſchen für dieſe Gute. Möge ſie
recht glüklich ſein in meinem Geburtsort und jeden Tag mehr verdient 15
werden von W[ernlein]! — Sie hat eine zarte feſte Weiblichkeit, und
einen Werth, der eine 10jährige Beobachtung vertrug; und vielleicht
auſſer einigen Lenetten-Launen keinen Fehler. Du hätteſt dich an ihrem
Tagebuch erquicken ſollen wie ich. — Sie ſol mir ja bald ſchreiben.
Bei der herlichen Herder wolt ich noch ſagen, daß mein An- 20
ſpacher Bruder ſchon zum 2ten mal an ſie geſchrieben, daß ſie ihm
1 Ld’or geſchikt — die Schlechten! Ja ſie wolte mehr für ihn zuſammen-
machen. Er wil Apotheken-Schulden haben.
[311]
Und doch gieng bisher oft das wehmüthige Gefühl mit mir herum,
daß ich dem andern in Hof gar nichts gäbe. Wär’ er nur etwas beſſer 25
und könteſt du mir es ſchreiben: ich ſchikte dem Unglüklichen etwas. O
ich hab ihn recht geliebt — und bei Gott jeden, und mein Herz (wenn
auch nicht mein Kopf) kan nichts dafür, wo ichs nicht mehr kan.
An der 2ten Edizion des Quintus wird gedrukt. — Bei der Edizion
meiner opera omnia werd’ ich nach dem Geſchrei aller dieſer Spiz- 30
buben nicht viel fragen. Ich bin in meinem Innern dadurch gerecht-
fertigt, daß ich dum war und nie die Zahl der abzudruckenden
Exemplare beſtimte, worauf alles ankomt und deſſen Unterlaſſung die
2ten Auflagen verſchiebt. —
Bayreuther Bier gebe mir Bayreuth. Sechs und ſechzig hieſige 35
Groſchen Poſtgeld koſteten mich 32 gothaiſche Maas Waizenbier,
das man mir zu[ge]ſandt; die Maas ſelber koſtet an Ort und Stelle
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/302>, abgerufen am 28.07.2024.
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