leichter Phantasie, Wiz und Scharfsin; -- und darum bin ich so froh, daß sie bei Ihnen früher kam; und geben Sie dieser seltenen Freundin immer Miethe und Kost.
Müllers Briefe hatt' ich gelesen; um die Rezension der meinigen und die der Metakritik bitt' ich Sie, weil jene so gut sein sol und diese5 so schlecht. Hier machen wir mehr Bücher und Rezensionen als wir haben.
Hab' ich Ihnen schon geschrieben, daß ich über Fichte, den ich nun studiert, eine widerlegende Satire "Clavis Fichtiana seu Leib- geberiana" im Akzessitbändgen des Titans gebe? -- Lesen Sie doch10 des herlichen Neebs "Vernunft gegen Vernunft" den mir Jacobi empfohlen. -- Kotzebue giebt jezt Trauerspiele in Jamben*) und besser als er sonst schreibt und besser als Schiller in der Leichtigkeit; wiewohl beiden die Shakespear[sche] Genialität fehlt.
Schreiben Sie mir erstlich 30 oder 40 Bogen und dan auch etwas15 von Ihren leipz[iger] Freunden, Pr[ofessor] Herman, Ihrem Bruder pppppp.
Lesen und studieren Sie auch Jacobi's "Spinoza".
Treten Sie froh in ein längeres Jahrhundert als das vorige für Sie war. Ich liebe Sie innig, wenn ich auch schweige.20
Richter
*366. An Amöne Herold.
Weimar d. 23 Dez. 1799.
Ihr Blat, Liebe, redete mich mit lauter Engelsstimmen der Tugend und der Liebe an, und ich möchte zuweilen von Ihren eignen Tönen25 etwas borgen können, um Sie damit anzusprechen.
Das folgende Jahr, Gute, bringe Ihnen nichts wie Freude und Glük.
Mein Blat begrüsse Sie unter der Triumphpforte des neuen Jahres, das für Sie ein neues, nicht im gewöhnlichen Sin, und das30 schönste bringt. Und indem es meinen ewig geliebten Otto in dasselbe einführt, so schwimme ich in einem Meere von Wonne.
[288]Ihr Glük, Amöne, ruht durch meinen edeln Freund auf den festesten Säulen durch seinen hohen moralischen Werth, seine feinen, reichen
*) Gustav Wasa.35
leichter Phantaſie, Wiz und Scharfſin; — und darum bin ich ſo froh, daß ſie bei Ihnen früher kam; und geben Sie dieſer ſeltenen Freundin immer Miethe und Koſt.
Müllers Briefe hatt’ ich geleſen; um die Rezenſion der meinigen und die der Metakritik bitt’ ich Sie, weil jene ſo gut ſein ſol und dieſe5 ſo ſchlecht. Hier machen wir mehr Bücher und Rezenſionen als wir haben.
Hab’ ich Ihnen ſchon geſchrieben, daß ich über Fichte, den ich nun ſtudiert, eine widerlegende Satire „Clavis Fichtiana seu Leib- geberiana“ im Akzeſſitbändgen des Titans gebe? — Leſen Sie doch10 des herlichen Neebs „Vernunft gegen Vernunft“ den mir Jacobi empfohlen. — Kotzebue giebt jezt Trauerſpiele in Jamben*) und beſſer als er ſonſt ſchreibt und beſſer als Schiller in der Leichtigkeit; wiewohl beiden die Shakespear[sche] Genialität fehlt.
Schreiben Sie mir erſtlich 30 oder 40 Bogen und dan auch etwas15 von Ihren leipz[iger] Freunden, Pr[ofessor] Herman, Ihrem Bruder pppppp.
Leſen und ſtudieren Sie auch Jacobi’s „Spinoza“.
Treten Sie froh in ein längeres Jahrhundert als das vorige für Sie war. Ich liebe Sie innig, wenn ich auch ſchweige.20
Richter
*366. An Amöne Herold.
Weimar d. 23 Dez. 1799.
Ihr Blat, Liebe, redete mich mit lauter Engelsſtimmen der Tugend und der Liebe an, und ich möchte zuweilen von Ihren eignen Tönen25 etwas borgen können, um Sie damit anzuſprechen.
Das folgende Jahr, Gute, bringe Ihnen nichts wie Freude und Glük.
Mein Blat begrüſſe Sie unter der Triumphpforte des neuen Jahres, das für Sie ein neues, nicht im gewöhnlichen Sin, und das30 ſchönſte bringt. Und indem es meinen ewig geliebten Otto in daſſelbe einführt, ſo ſchwimme ich in einem Meere von Wonne.
[288]Ihr Glük, Amöne, ruht durch meinen edeln Freund auf den feſteſten Säulen durch ſeinen hohen moraliſchen Werth, ſeine feinen, reichen
*) Guſtav Waſa.35
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leichter Phantaſie, Wiz und Scharfſin; — und darum bin ich ſo froh,
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immer Miethe und Koſt.
Müllers Briefe hatt’ ich geleſen; um die Rezenſion der meinigen
und die der Metakritik bitt’ ich Sie, weil jene ſo gut ſein ſol und dieſe 5
ſo ſchlecht. Hier machen wir mehr Bücher und Rezenſionen als wir
haben.
Hab’ ich Ihnen ſchon geſchrieben, daß ich über Fichte, den ich nun
ſtudiert, eine widerlegende Satire „Clavis Fichtiana seu Leib-
geberiana“ im Akzeſſitbändgen des Titans gebe? — Leſen Sie doch 10
des herlichen Neebs „Vernunft gegen Vernunft“ den mir Jacobi
empfohlen. — Kotzebue giebt jezt Trauerſpiele in Jamben *) und beſſer
als er ſonſt ſchreibt und beſſer als Schiller in der Leichtigkeit; wiewohl
beiden die Shakespear[sche] Genialität fehlt.
Schreiben Sie mir erſtlich 30 oder 40 Bogen und dan auch etwas 15
von Ihren leipz[iger] Freunden, Pr[ofessor] Herman, Ihrem Bruder
pppppp.
Leſen und ſtudieren Sie auch Jacobi’s „Spinoza“.
Treten Sie froh in ein längeres Jahrhundert als das vorige für
Sie war. Ich liebe Sie innig, wenn ich auch ſchweige. 20
Richter
*366. An Amöne Herold.
Weimar d. 23 Dez. 1799.
Ihr Blat, Liebe, redete mich mit lauter Engelsſtimmen der Tugend
und der Liebe an, und ich möchte zuweilen von Ihren eignen Tönen 25
etwas borgen können, um Sie damit anzuſprechen.
Das folgende Jahr, Gute, bringe Ihnen nichts wie Freude und
Glük.
Mein Blat begrüſſe Sie unter der Triumphpforte des neuen
Jahres, das für Sie ein neues, nicht im gewöhnlichen Sin, und das 30
ſchönſte bringt. Und indem es meinen ewig geliebten Otto in daſſelbe
einführt, ſo ſchwimme ich in einem Meere von Wonne.
Ihr Glük, Amöne, ruht durch meinen edeln Freund auf den feſteſten
Säulen durch ſeinen hohen moraliſchen Werth, ſeine feinen, reichen
[288]
*) Guſtav Waſa. 35
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/280>, abgerufen am 26.06.2024.
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