dan sol das erste, was wir uns anschaffen, du sein auf mehrere Wochen. Neben dieser Seele wird dich bei meiner eine freiere Luft anwehen; beim Himmel, sie ist von der poetischen Hermine blos in der Festigkeit verschieden, die diese mehr haben solte. Lies besonders die mit be- zeichneten Briefe; doch kanst du aus ihren nicht immer meine ziehen,5 da sie mich zuweilen anders auslegt. Herder ist, seit meinen kurzen und Augustens längern Schilderungen von ihr, und seit der Lesung der Geschichte ihres Vaters, ihr Sonnen-, Mond- und Sternen- Anbeter. Ich erschrecke, wenn ich jezt zu den ausgebranten Ehe- Kratern hinübersehe, in die ich so oft zu fallen im Begrif war, wenn10 keine fremde Hand mich gehalten hätte. In Jena, in Leipzig, Eisenach, Gotha (denn ich habe dir nicht alles schreiben können) Hof*) etc. hieng alles nur an einem Haar, so hieng ich selber im Haar als elender Schneusvogel. In ihr schlingen sich so vielerlei moralische Staubfäden und Farben zusammen, wovon du keine einzige nehmen kanst, ohne den15 Kunstgärtner -- mich -- zu verderben. -- Der Tieffurter hab' ich nicht das leiseste Zeichen der Neigung gegeben, weil ich selber noch auf diese meine warten muste; ich erschien -- das war alles. Von meiner Hofnung auf Unterordnung sprich nicht viel; gerade sie, die den Autor nicht ganz faste und liebte, hätte den Menschen von einer20 Hand in die andere geworfen, indes meine C. durch eine zu liebende Verschmelzung beider dem Man
[269]d. 4.
dessen Szepter ohnehin lang genug ist, noch den Schaft des Autors dazu giebt... So darf ich nicht fortfahren; ich habe keine Zeit,25 deren Mangel du wohl oft für den der Gründe und Wider- legungen genommen hast. -- Auguste hab' ich von der Pensions- Direktrice weg- und auf ein Jahr zu Herders gethan, die sie unendlich lieben. -- Der Pegasus und die Nachtigal haben oft zu kleinliche politische Rüksichten; und nicht Muth genug; das sah ich neulich beim30 Geburtstags Lever des h. Geistes; ich habe den meisten hier, aber auch weiter nichts, keine Pension und Frau. -- Mir unerwartet, macht mich meine durch C. befriedigte Seele härter urthelnd über alle Weiber. -- "Jugendliche Wünsche" gewisse hat freilich der Teufel geholt, aber schon vor 7 Jahren; andere leben mit mir fort bis ans35
*) schreibe mir die jezigen Verhältnisse der armen andern C.
dan ſol das erſte, was wir uns anſchaffen, du ſein auf mehrere Wochen. Neben dieſer Seele wird dich bei meiner eine freiere Luft anwehen; beim Himmel, ſie iſt von der poetiſchen Hermine blos in der Feſtigkeit verſchieden, die dieſe mehr haben ſolte. Lies beſonders die mit be- zeichneten Briefe; doch kanſt du aus ihren nicht immer meine ziehen,5 da ſie mich zuweilen anders auslegt. Herder iſt, ſeit meinen kurzen und Augustens längern Schilderungen von ihr, und ſeit der Leſung der Geſchichte ihres Vaters, ihr Sonnen-, Mond- und Sternen- Anbeter. Ich erſchrecke, wenn ich jezt zu den ausgebranten Ehe- Kratern hinüberſehe, in die ich ſo oft zu fallen im Begrif war, wenn10 keine fremde Hand mich gehalten hätte. In Jena, in Leipzig, Eiſenach, Gotha (denn ich habe dir nicht alles ſchreiben können) Hof*) ꝛc. hieng alles nur an einem Haar, ſo hieng ich ſelber im Haar als elender Schneusvogel. In ihr ſchlingen ſich ſo vielerlei moraliſche Staubfäden und Farben zuſammen, wovon du keine einzige nehmen kanſt, ohne den15 Kunſtgärtner — mich — zu verderben. — Der Tieffurter hab’ ich nicht das leiſeſte Zeichen der Neigung gegeben, weil ich ſelber noch auf dieſe 〈meine〉 warten muſte; ich erſchien — das war alles. Von meiner Hofnung auf Unterordnung ſprich nicht viel; gerade ſie, die den Autor nicht ganz faſte und liebte, hätte den Menſchen von einer20 Hand in die andere geworfen, indes meine C. durch eine zu liebende Verſchmelzung beider dem Man
[269]d. 4.
deſſen Szepter ohnehin lang genug iſt, noch den Schaft des Autors dazu giebt... So darf ich nicht fortfahren; ich habe keine Zeit,25 deren Mangel du wohl oft für den der Gründe und Wider- legungen genommen haſt. — Auguste hab’ ich von der Penſions- Direktrice weg- und auf ein Jahr zu Herders gethan, die ſie unendlich lieben. — Der Pegaſus und die Nachtigal haben oft zu kleinliche politiſche Rükſichten; und nicht Muth genug; das ſah ich neulich beim30 Geburtstags Lever des h. Geiſtes; ich habe den meiſten hier, aber auch weiter nichts, keine Penſion und Frau. — Mir unerwartet, macht mich meine durch C. befriedigte Seele härter urthelnd über alle Weiber. — „Jugendliche Wünſche“ gewiſſe hat freilich der Teufel geholt, aber ſchon vor 7 Jahren; andere leben mit mir fort bis ans35
*) ſchreibe mir die jezigen Verhältniſſe der armen andern C.
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dan ſol das erſte, was wir uns anſchaffen, du ſein auf mehrere Wochen.
Neben dieſer Seele wird dich bei meiner eine freiere Luft anwehen;
beim Himmel, ſie iſt von der poetiſchen Hermine blos in der Feſtigkeit
verſchieden, die dieſe mehr haben ſolte. Lies beſonders die mit be-
zeichneten Briefe; doch kanſt du aus ihren nicht immer meine ziehen, 5
da ſie mich zuweilen anders auslegt. Herder iſt, ſeit meinen kurzen
und Augustens längern Schilderungen von ihr, und ſeit der Leſung
der Geſchichte ihres Vaters, ihr Sonnen-, Mond- und Sternen-
Anbeter. Ich erſchrecke, wenn ich jezt zu den ausgebranten Ehe-
Kratern hinüberſehe, in die ich ſo oft zu fallen im Begrif war, wenn 10
keine fremde Hand mich gehalten hätte. In Jena, in Leipzig, Eiſenach,
Gotha (denn ich habe dir nicht alles ſchreiben können) Hof *) ꝛc. hieng
alles nur an einem Haar, ſo hieng ich ſelber im Haar als elender
Schneusvogel. In ihr ſchlingen ſich ſo vielerlei moraliſche Staubfäden
und Farben zuſammen, wovon du keine einzige nehmen kanſt, ohne den 15
Kunſtgärtner — mich — zu verderben. — Der Tieffurter hab’ ich
nicht das leiſeſte Zeichen der Neigung gegeben, weil ich ſelber noch auf
dieſe 〈meine〉 warten muſte; ich erſchien — das war alles. Von
meiner Hofnung auf Unterordnung ſprich nicht viel; gerade ſie, die
den Autor nicht ganz faſte und liebte, hätte den Menſchen von einer 20
Hand in die andere geworfen, indes meine C. durch eine zu liebende
Verſchmelzung beider dem Man
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deſſen Szepter ohnehin lang genug iſt, noch den Schaft des Autors
dazu giebt... So darf ich nicht fortfahren; ich habe keine Zeit, 25
deren Mangel du wohl oft für den der Gründe und Wider-
legungen genommen haſt. — Auguste hab’ ich von der Penſions-
Direktrice weg- und auf ein Jahr zu Herders gethan, die ſie unendlich
lieben. — Der Pegaſus und die Nachtigal haben oft zu kleinliche
politiſche Rükſichten; und nicht Muth genug; das ſah ich neulich beim 30
Geburtstags Lever des h. Geiſtes; ich habe den meiſten hier, aber
auch weiter nichts, keine Penſion und Frau. — Mir unerwartet, macht
mich meine durch C. befriedigte Seele härter urthelnd über alle
Weiber. — „Jugendliche Wünſche“ gewiſſe hat freilich der Teufel
geholt, aber ſchon vor 7 Jahren; andere leben mit mir fort bis ans 35
*) ſchreibe mir die jezigen Verhältniſſe der armen andern C.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/262>, abgerufen am 22.11.2024.
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