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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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ichs an, wie sie mehr as und viel und das, was ich verlangte. Sie geht
schon seit ichs im Frühling sagte, früh zu Bette (Sonst blieb sie an den
Büchern bis um 1, 2 Uhr; und kehrte um 5 Uhr Morg. zurük; dieses
und die Todesfälle erschütterten ihren an sich gesunden Bau; in einem
1/4 Jahre kan er ganz fest wieder stehen)5

Seit meinem Frühlingspredigen liebt sie die Wirthschaft mehr; er-
zogen sind sie alle im Hause dazu. Nur Gründe der Pflicht oder der
Liebe sind zu ihren Änderungen nöthig. Der Grundton, aus dem sie
den ganzen Tag spielt, ist -- ewige Heiterkeit und Scherz; die un-
erwartet in einem so weichen Herzen wohnen. Momentanes Aufwallen10
giebt sie für ihren Fehler an. Da sie wie A[möne] etwas zurükhaltendes
gegen vornehme fremde, und etwas Kurzabthuendes gegen gemeine
Leute hat: so scheint sie stolzer als sie ist. Die Gute sagt immer, sie sei
kühn (nämlich eine Hermine sein zu wollen); sie wäre aber für den
J. P. gut genug, geschweige für den R. 25 J[ahre] wurde sie am Son-15
abend, wo ich abreisete. Auf ihren Muth, künftig durch alle adeliche
Verhaue durchzudringen, kan ich bauen; die feine Mutter erräth gewis
alles; und da sie schweigt, bejaht sie. -- Ich darf dir alles sagen und
geben; du köntest der Lieben durch 3 Worte 3 Himmel geben. Durch die
Konjektural Biographie wurdest du ihr am nächsten gebracht. -- Ihre20
Farbe ist weis und blasroth, die Stirn poetisch- und weiblich-rund, die
Augenbraunen stark (zu sehr fast) die Augen schwarz, die Nase das
Gegentheil einer kleinlichen und kurzen, die Lippen originel beschnitten,
das Kin kräftig erhoben; kurz alles deutet auf Bestimtheit; troz der
Schönheit -- Von den [Haaren] lege eine Probe bei, so mir wieder[264]25
zurükerbitte. -- Ich zeige vor ihr -- Gott weis wie, wenns nicht
das 35te Jahr tut -- eine regierende Festigkeit, und geniesse die jezigen
Stunden nicht auf Kosten künftiger Jahre. -- Und so bekam mein
Leben seinen Zirkel, seinen Zauberkreis.



Die kleine Auguste hängt herzlich an mir; sie wolte mich unterwegs30
zum Vater oder Pflegevater kreieren; ich sezte mich aber in einen
Bruder um, der mehr davon hat. Ernsthaft! Ich nenne sie hier bei
Herder etc. meine Schwester. Unsere Reise war himlisch. Alle lieben
sie, von der Knebel an bis zu Herder. Sie ist originel und ein Drittel
13 Jahre alt und zwei Drittel 17. Sie trat in meiner Stube ab -- der35

16 Jean Paul Briefe. III.

ichs an, wie ſie mehr as und viel und das, was ich verlangte. Sie geht
ſchon ſeit ichs im Frühling ſagte, früh zu Bette (Sonſt blieb ſie an den
Büchern bis um 1, 2 Uhr; und kehrte um 5 Uhr Morg. zurük; dieſes
und die Todesfälle erſchütterten ihren an ſich geſunden Bau; in einem
¼ Jahre kan er ganz feſt wieder ſtehen)5

Seit meinem Frühlingspredigen liebt ſie die Wirthſchaft mehr; er-
zogen ſind ſie alle im Hauſe dazu. Nur Gründe der Pflicht oder der
Liebe ſind zu ihren Änderungen nöthig. Der Grundton, aus dem ſie
den ganzen Tag ſpielt, iſt — ewige Heiterkeit und Scherz; die un-
erwartet in einem ſo weichen Herzen wohnen. Momentanes Aufwallen10
giebt ſie für ihren Fehler an. Da ſie wie A[möne] etwas zurükhaltendes
gegen vornehme 〈fremde〉, und etwas Kurzabthuendes gegen gemeine
Leute hat: ſo ſcheint ſie ſtolzer als ſie iſt. Die Gute ſagt immer, ſie ſei
kühn (nämlich eine Hermine ſein zu wollen); ſie wäre aber für den
J. P. gut genug, geſchweige für den R. 25 J[ahre] wurde ſie am Son-15
abend, wo ich abreiſete. Auf ihren Muth, künftig durch alle adeliche
Verhaue durchzudringen, kan ich bauen; die feine Mutter erräth gewis
alles; und da ſie ſchweigt, bejaht ſie. — Ich darf dir alles ſagen und
geben; du könteſt der Lieben durch 3 Worte 3 Himmel geben. Durch die
Konjektural Biographie wurdeſt du ihr am nächſten gebracht. — Ihre20
Farbe iſt weis und blasroth, die Stirn poetiſch- und weiblich-rund, die
Augenbraunen ſtark (zu ſehr faſt) die Augen ſchwarz, die Naſe das
Gegentheil einer kleinlichen und kurzen, die Lippen originel beſchnitten,
das Kin kräftig erhoben; kurz alles deutet auf Beſtimtheit; troz der
Schönheit — Von den [Haaren] lege eine Probe bei, ſo mir wieder[264]25
zurükerbitte. — Ich zeige vor ihr — Gott weis wie, wenns nicht
das 35te Jahr tut — eine regierende Feſtigkeit, und genieſſe die jezigen
Stunden nicht auf Koſten künftiger Jahre. — Und ſo bekam mein
Leben ſeinen Zirkel, ſeinen Zauberkreis.



Die kleine Auguſte hängt herzlich an mir; ſie wolte mich unterwegs30
zum Vater oder Pflegevater kreieren; ich ſezte mich aber in einen
Bruder um, der mehr davon hat. Ernſthaft! Ich nenne ſie hier bei
Herder ꝛc. meine Schweſter. Unſere Reiſe war himliſch. Alle lieben
ſie, von der Knebel an bis zu Herder. Sie iſt originel und ein Drittel
13 Jahre alt und zwei Drittel 17. Sie trat in meiner Stube ab — der35

16 Jean Paul Briefe. III.
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[241/0257] ichs an, wie ſie mehr as und viel und das, was ich verlangte. Sie geht ſchon ſeit ichs im Frühling ſagte, früh zu Bette (Sonſt blieb ſie an den Büchern bis um 1, 2 Uhr; und kehrte um 5 Uhr Morg. zurük; dieſes und die Todesfälle erſchütterten ihren an ſich geſunden Bau; in einem ¼ Jahre kan er ganz feſt wieder ſtehen) 5 Seit meinem Frühlingspredigen liebt ſie die Wirthſchaft mehr; er- zogen ſind ſie alle im Hauſe dazu. Nur Gründe der Pflicht oder der Liebe ſind zu ihren Änderungen nöthig. Der Grundton, aus dem ſie den ganzen Tag ſpielt, iſt — ewige Heiterkeit und Scherz; die un- erwartet in einem ſo weichen Herzen wohnen. Momentanes Aufwallen 10 giebt ſie für ihren Fehler an. Da ſie wie A[möne] etwas zurükhaltendes gegen vornehme 〈fremde〉, und etwas Kurzabthuendes gegen gemeine Leute hat: ſo ſcheint ſie ſtolzer als ſie iſt. Die Gute ſagt immer, ſie ſei kühn (nämlich eine Hermine ſein zu wollen); ſie wäre aber für den J. P. gut genug, geſchweige für den R. 25 J[ahre] wurde ſie am Son- 15 abend, wo ich abreiſete. Auf ihren Muth, künftig durch alle adeliche Verhaue durchzudringen, kan ich bauen; die feine Mutter erräth gewis alles; und da ſie ſchweigt, bejaht ſie. — Ich darf dir alles ſagen und geben; du könteſt der Lieben durch 3 Worte 3 Himmel geben. Durch die Konjektural Biographie wurdeſt du ihr am nächſten gebracht. — Ihre 20 Farbe iſt weis und blasroth, die Stirn poetiſch- und weiblich-rund, die Augenbraunen ſtark (zu ſehr faſt) die Augen ſchwarz, die Naſe das Gegentheil einer kleinlichen und kurzen, die Lippen originel beſchnitten, das Kin kräftig erhoben; kurz alles deutet auf Beſtimtheit; troz der Schönheit — Von den [Haaren] lege eine Probe bei, ſo mir wieder 25 zurükerbitte. — Ich zeige vor ihr — Gott weis wie, wenns nicht das 35te Jahr tut — eine regierende Feſtigkeit, und genieſſe die jezigen Stunden nicht auf Koſten künftiger Jahre. — Und ſo bekam mein Leben ſeinen Zirkel, ſeinen Zauberkreis. [264] Die kleine Auguſte hängt herzlich an mir; ſie wolte mich unterwegs 30 zum Vater oder Pflegevater kreieren; ich ſezte mich aber in einen Bruder um, der mehr davon hat. Ernſthaft! Ich nenne ſie hier bei Herder ꝛc. meine Schweſter. Unſere Reiſe war himliſch. Alle lieben ſie, von der Knebel an bis zu Herder. Sie iſt originel und ein Drittel 13 Jahre alt und zwei Drittel 17. Sie trat in meiner Stube ab — der 35 16 Jean Paul Briefe. III.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/257>, abgerufen am 22.11.2024.