Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.328. An Böttiger. [Weimar, 14. Okt. 1799]Ich grüsse Sie wieder, lieber Böttiger und danke für die L[itte-[259] 329. An Christian Otto. Hildburghausen d. 7 Oct. 99 [Montag].Den Dienstag fuhr ich mit Herder nach Ilmenau und gieng den Die C[aroline] v. F[euchtersleben] kenn' ich jezt tiefer; noch in 328. An Böttiger. [Weimar, 14. Okt. 1799]Ich grüſſe Sie wieder, lieber Böttiger und danke für die L[itte-[259] 329. An Chriſtian Otto. Hildburghausen d. 7 Oct. 99 [Montag].Den Dienſtag fuhr ich mit Herder nach Ilmenau und gieng den Die C[aroline] v. F[euchtersleben] kenn’ ich jezt tiefer; noch in <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0252" n="237"/> <div type="letter" n="1"> <head>328. An <hi rendition="#g">Böttiger.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right">[Weimar, 14. Okt. 1799]</hi> </dateline><lb/> <p>Ich grüſſe Sie wieder, lieber Böttiger und danke für die <hi rendition="#aq">L[itte-<note place="right"><ref target="1922_Bd3_259">[259]</ref></note><lb/> ratur] Zeitung,</hi> die vielleicht lange bei mir lag. Ich werde Sie bald<lb/> ſehen.<lb n="5"/> </p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>329. An <hi rendition="#g">Chriſtian Otto.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Hildburghausen d. 7 Oct.</hi> 99 [Montag].</hi> </dateline><lb/> <p>Den Dienſtag fuhr ich mit <hi rendition="#aq">Herder</hi> nach <hi rendition="#aq">Ilmenau</hi> und gieng den<lb/> Mitwoch hieher. Der Himmel hat ſich wieder in ſeine dicke Florkappe<lb/> geſtekt, wie immer auf meinen Reiſen. Ich wuſte gern voraus daß der<lb n="10"/> Hof in <hi rendition="#aq">Seidenstadt</hi> war, (ein Jagdſchlos) wo ich heute auf eine<lb/> Nacht hinfahre. Die ſchöne Herzogin war gerade bei meinem Ein-<lb/> fluge hier; und lies mich ſogleich auf ein Paar Minuten vor dem Ein-<lb/> ſteigen kommen. Auſſer einer Geliebten weis ich nichts ſchöners als<lb/> dieſe ſüſſe Geſtalt. Hätt’ ich nur Zeit und Wetter, eine Woche lang<lb n="15"/> blieb ich unter ihrem Dache.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#aq">C[aroline] v. F[euchtersleben]</hi> kenn’ ich jezt tiefer; noch in<lb/> keiner weiblichen Seele fand ich dieſe hohe, ſtrenge, unnachlaſſende,<lb/> religiöſe Moralität, die unerſchütterlich und unbeſtechlich bis in die<lb/> kleinſten Zweige treibt. — Bei ihrer moraliſchen Zartheit fühlt man,<lb n="20"/> daß man leider in <hi rendition="#aq">Weimar</hi> lange geweſen. Sie würde, wenn ich mit<lb/> ihr verbunden wäre, mein ganzes Weſen bis auf den kleinſten Flecken<lb/> ausreinigen. Sie lieſet nicht, wie Mädgen, blos um ein ſentimen-<lb/> taliſches Manna auf der Zunge zerflieſſen zu laſſen: ſondern um auch<lb/> zu lernen, z. B. Geſchichte und Naturgeſchichte; ſie hat faſt ein vol-<lb n="25"/> ſtändiges <hi rendition="#aq">Herbarium,</hi> und eine Suite von ſinreichen Blumen-Zu-<lb/> ſammenlegungen. Rührend-aufmerkſam hörte ſie zu, da ich mit andern<lb/> von der Erziehung ſprach. Dich liebt ſie innig ſo wie <hi rendition="#aq">Herdern;</hi> dein<lb/> Siegel hat ſie erfreuet und ſie zerbrach nichts daran. Sie macht Verſe<lb/> wie du aus dem Vorigen und Beiliegenden ſiehſt; daher kan ſie die<lb n="30"/> Satire über die weiblichen Verſe in <hi rendition="#aq">J. P.</hi> Briefen, nicht vergeſſen, ſie<lb/> ſei wahr, aber zu bitter, ſagt ſie. Sie trinkt jezt Wein unter dem<lb/> Mittagseſſen weil ich ihrs gerathen habe; zum Glük iſt ihr Arzt ein<lb/><hi rendition="#aq">Brownianer.</hi> Sie hält jeden Vorſaz, z. B. alle Tage ins Freie in den<lb/> Garten zu gehen — „jezt da ich Geſundheit habe, wil ich auch gar<lb n="35"/> Abhärtung“ ach die Gute, hätte ſie nur jene. — Mit gröſſerer Macht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [237/0252]
328. An Böttiger.
[Weimar, 14. Okt. 1799]
Ich grüſſe Sie wieder, lieber Böttiger und danke für die L[itte-
ratur] Zeitung, die vielleicht lange bei mir lag. Ich werde Sie bald
ſehen. 5
329. An Chriſtian Otto.
Hildburghausen d. 7 Oct. 99 [Montag].
Den Dienſtag fuhr ich mit Herder nach Ilmenau und gieng den
Mitwoch hieher. Der Himmel hat ſich wieder in ſeine dicke Florkappe
geſtekt, wie immer auf meinen Reiſen. Ich wuſte gern voraus daß der 10
Hof in Seidenstadt war, (ein Jagdſchlos) wo ich heute auf eine
Nacht hinfahre. Die ſchöne Herzogin war gerade bei meinem Ein-
fluge hier; und lies mich ſogleich auf ein Paar Minuten vor dem Ein-
ſteigen kommen. Auſſer einer Geliebten weis ich nichts ſchöners als
dieſe ſüſſe Geſtalt. Hätt’ ich nur Zeit und Wetter, eine Woche lang 15
blieb ich unter ihrem Dache.
Die C[aroline] v. F[euchtersleben] kenn’ ich jezt tiefer; noch in
keiner weiblichen Seele fand ich dieſe hohe, ſtrenge, unnachlaſſende,
religiöſe Moralität, die unerſchütterlich und unbeſtechlich bis in die
kleinſten Zweige treibt. — Bei ihrer moraliſchen Zartheit fühlt man, 20
daß man leider in Weimar lange geweſen. Sie würde, wenn ich mit
ihr verbunden wäre, mein ganzes Weſen bis auf den kleinſten Flecken
ausreinigen. Sie lieſet nicht, wie Mädgen, blos um ein ſentimen-
taliſches Manna auf der Zunge zerflieſſen zu laſſen: ſondern um auch
zu lernen, z. B. Geſchichte und Naturgeſchichte; ſie hat faſt ein vol- 25
ſtändiges Herbarium, und eine Suite von ſinreichen Blumen-Zu-
ſammenlegungen. Rührend-aufmerkſam hörte ſie zu, da ich mit andern
von der Erziehung ſprach. Dich liebt ſie innig ſo wie Herdern; dein
Siegel hat ſie erfreuet und ſie zerbrach nichts daran. Sie macht Verſe
wie du aus dem Vorigen und Beiliegenden ſiehſt; daher kan ſie die 30
Satire über die weiblichen Verſe in J. P. Briefen, nicht vergeſſen, ſie
ſei wahr, aber zu bitter, ſagt ſie. Sie trinkt jezt Wein unter dem
Mittagseſſen weil ich ihrs gerathen habe; zum Glük iſt ihr Arzt ein
Brownianer. Sie hält jeden Vorſaz, z. B. alle Tage ins Freie in den
Garten zu gehen — „jezt da ich Geſundheit habe, wil ich auch gar 35
Abhärtung“ ach die Gute, hätte ſie nur jene. — Mit gröſſerer Macht
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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