Verehrte, die ich nie vergesse, wie ich mich auch ändere gegen andere!
R.
319. An Emanuel.
Eilig
Weimar d. 28 Sept. 99.
Nur ein Wort, Emanuel! Der kürzere Herder ist der Oekonom, der5 längere der Kaufman. Jener verhüllet mehr Kentnisse und Talente (wie Ihnen seine Abhandlungen zeigen werden) als seine Blödigkeit entschleiern kan. Alle Herderschen Kinder sind edel, rein und ohne Falsch. -- Sie können nicht errathen, welche fest verkettete Fenster- laden Sie im Lebenskerker der gequäälten verfinsterten Eltern auf-10 reissen durch Ihre helfende Hand; aber Sie können es hören wenn Sie hieher kommen.
Unser Gespräch über -- Sie auf dem Wege nach Münchberg bleibt lange in meiner Seele; aber, Guter, Sie sind moralisch-hypochon- drisch. Ein Wesen, das jezt gut ist und sein wil wie Sie, ist jezt glük-15 lich; die Vergangenheit ist Kinderei; und ich bin überzeugt, daß wenn Sie mich und Herder vor die moralische Quelle Ihrer Leiden (denn nur eine solche ist wichtig) führen würden, wir beide Sie für hypochon- drisch halten würden.
[254]Grüssen Sie wieder die Voigt. -- Leben Sie wohl, mein Geliebter!20 Das nächste mal zieh ich das helle magische Bayreuth dem dunstigen schweren Hof vor. -- Und quäle du dein schönes Herz nicht mit ver- geblicher Berechnung des Unmöglichen, mein Guter!
Richter
Das Johannisbier. -- --!25
320. An Christian Otto.
Weimar d. 28 Sept. 99.
Der längere Herder vor dir ist ein Kaufman und komt aus Ham- burg; der kürzere ist der Oekonom. Schreibe für beide an Amoene, damit Herold ihnen seine[n] merkant[ilischen] Apparat vorzeigt. Der30 Vater dankt dir voraus. -- Der Oekonom verstekt hinter dem Schleier seiner Blödigkeit Talente und Kentnisse.
In der Danna [?] blieb ich eine Nacht, in Schleiz eine, in Jena eine. Häslich warfen sich die Wolken auf meinen ofnen Postwagen (ein bedekter war nicht zu bekommen). Indes bracht' ich mehr Gesundheit35
Verehrte, die ich nie vergesse, wie ich mich auch ändere gegen andere!
R.
319. An Emanuel.
Eilig
Weimar d. 28 Sept. 99.
Nur ein Wort, Emanuel! Der kürzere Herder iſt der Oekonom, der5 längere der Kaufman. Jener verhüllet mehr Kentniſſe und Talente (wie Ihnen ſeine Abhandlungen zeigen werden) als ſeine Blödigkeit entſchleiern kan. Alle Herderschen Kinder ſind edel, rein und ohne Falſch. — Sie können nicht errathen, welche feſt verkettete Fenſter- laden Sie im Lebenskerker der gequäälten verfinſterten Eltern auf-10 reiſſen durch Ihre helfende Hand; aber Sie können es hören wenn Sie hieher kommen.
Unſer Geſpräch über — Sie auf dem Wege nach Münchberg bleibt lange in meiner Seele; aber, Guter, Sie ſind moraliſch-hypochon- driſch. Ein Weſen, das jezt gut iſt und ſein wil wie Sie, iſt jezt glük-15 lich; die Vergangenheit iſt Kinderei; und ich bin überzeugt, daß wenn Sie mich und Herder vor die moraliſche Quelle Ihrer Leiden (denn nur eine ſolche iſt wichtig) führen würden, wir beide Sie für hypochon- driſch halten würden.
[254]Grüſſen Sie wieder die Voigt. — Leben Sie wohl, mein Geliebter!20 Das nächſte mal zieh ich das helle magiſche Bayreuth dem dunſtigen ſchweren Hof vor. — Und quäle du dein ſchönes Herz nicht mit ver- geblicher Berechnung des Unmöglichen, mein Guter!
Richter
Das Johannisbier. — —!25
320. An Chriſtian Otto.
Weimar d. 28 Sept. 99.
Der längere Herder vor dir iſt ein Kaufman und komt aus Ham- burg; der kürzere iſt der Oekonom. Schreibe für beide an Amoene, damit Herold ihnen ſeine[n] merkant[iliſchen] Apparat vorzeigt. Der30 Vater dankt dir voraus. — Der Oekonom verſtekt hinter dem Schleier ſeiner Blödigkeit Talente und Kentniſſe.
In der Danna [?] blieb ich eine Nacht, in Schleiz eine, in Jena eine. Häslich warfen ſich die Wolken auf meinen ofnen Poſtwagen (ein bedekter war nicht zu bekommen). Indes bracht’ ich mehr Geſundheit35
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Verehrte, die ich nie vergesse, wie ich mich auch ändere gegen
andere!
R.
319. An Emanuel.
EiligWeimar d. 28 Sept. 99.
Nur ein Wort, Emanuel! Der kürzere Herder iſt der Oekonom, der 5
längere der Kaufman. Jener verhüllet mehr Kentniſſe und Talente
(wie Ihnen ſeine Abhandlungen zeigen werden) als ſeine Blödigkeit
entſchleiern kan. Alle Herderschen Kinder ſind edel, rein und ohne
Falſch. — Sie können nicht errathen, welche feſt verkettete Fenſter-
laden Sie im Lebenskerker der gequäälten verfinſterten Eltern auf- 10
reiſſen durch Ihre helfende Hand; aber Sie können es hören wenn Sie
hieher kommen.
Unſer Geſpräch über — Sie auf dem Wege nach Münchberg bleibt
lange in meiner Seele; aber, Guter, Sie ſind moraliſch-hypochon-
driſch. Ein Weſen, das jezt gut iſt und ſein wil wie Sie, iſt jezt glük- 15
lich; die Vergangenheit iſt Kinderei; und ich bin überzeugt, daß wenn
Sie mich und Herder vor die moraliſche Quelle Ihrer Leiden (denn
nur eine ſolche iſt wichtig) führen würden, wir beide Sie für hypochon-
driſch halten würden.
Grüſſen Sie wieder die Voigt. — Leben Sie wohl, mein Geliebter! 20
Das nächſte mal zieh ich das helle magiſche Bayreuth dem dunſtigen
ſchweren Hof vor. — Und quäle du dein ſchönes Herz nicht mit ver-
geblicher Berechnung des Unmöglichen, mein Guter!
[254]
Richter
Das Johannisbier. — —! 25
320. An Chriſtian Otto.
Weimar d. 28 Sept. 99.
Der längere Herder vor dir iſt ein Kaufman und komt aus Ham-
burg; der kürzere iſt der Oekonom. Schreibe für beide an Amoene,
damit Herold ihnen ſeine[n] merkant[iliſchen] Apparat vorzeigt. Der 30
Vater dankt dir voraus. — Der Oekonom verſtekt hinter dem Schleier
ſeiner Blödigkeit Talente und Kentniſſe.
In der Danna [?] blieb ich eine Nacht, in Schleiz eine, in Jena eine.
Häslich warfen ſich die Wolken auf meinen ofnen Poſtwagen (ein
bedekter war nicht zu bekommen). Indes bracht’ ich mehr Geſundheit 35
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/247>, abgerufen am 16.02.2025.
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