als durch Raum beschreiben könte -- und endlich Ihr edles Schonen Jacobis.
Inzwischen hab' ich in den meisten folgenden Anmerkungen gegen Sie durchaus Recht; denn sie betreffen den -- Sezer oder dessen Vortheil, nämlich Schreibfehler.5
[Hier folgen kleine stilistische oder sachliche Anmerkungen]
-- S. 190. Die Schreibtafel komt mir entbehrlich und zugleich schwerfällig vor, da man nie in Gesprächen einander nachschreibt, -- ausgenommen bei Ihnen Böttiger in seine innere tabula rasa für die Weltkunde.10
S. 231. Theanos Frage fiel mir schon vor vielen Jahren auf. Sie sind ein durch und durch heiliger Autor wie vielleicht keiner und der niedrigste Lüstling vergisset in Ihrer Athmosphäre den Doppelsin. Die Frage macht erst aufmerksam, und noch dazu ist alles Kommende so jungfräulich, daß sie fast prüde scheint.15
Weiter hab' ich nichts zu bringen als dieses Infinitesimaltheilgen; aber verschmähen Sie es nicht blos nicht, Geliebtester, sondern ver- geben Sie es auch. Jede Zeile und jedes Wort an Sie komt aus einer Seele, die Sie liebt wie sie noch keinen geliebt. -- Ich wohnte in der vorigen Woche oft in Ihrer; ich las -- weil ich im Frühling eigentlich20 nach Hippokrene dürste -- Ihre Volkslieder wieder, die mich immer mit einer auflösenden Wehmuth erfüllen und überwältigen wie weiter kein Gedicht. --
Der Algütige führe Ihnen stets Ihr heutiges Thema zu, Freude!
Richter25
263. An J. Fr. Reichardt in Giebichenstein.
[Kopie][Weimar, 15. Mai 1799]
Am ausgehöhlten wankenden Rand eines steilrechten Abgrunds stehen. Kraft, durchzuschauen und durchzuhandeln.
[212]264. An Wieland in Osmannstädt30
[Kopie][Weimar, 18. Mai 1799]
Ein metereologischer [!] diseur de bonne avanture, daß der Him- mel 4 Wochen in einem fort lächeln werde.
als durch Raum beſchreiben könte — und endlich Ihr edles Schonen Jacobis.
Inzwiſchen hab’ ich in den meiſten folgenden Anmerkungen gegen Sie durchaus Recht; denn ſie betreffen den — Sezer oder deſſen Vortheil, nämlich Schreibfehler.5
[Hier folgen kleine stilistische oder sachliche Anmerkungen]
— S. 190. Die Schreibtafel komt mir entbehrlich und zugleich ſchwerfällig vor, da man nie in Geſprächen einander nachſchreibt, — ausgenommen bei Ihnen Böttiger in ſeine innere tabula rasa für die Weltkunde.10
S. 231. Theanos Frage fiel mir ſchon vor vielen Jahren auf. Sie ſind ein durch und durch heiliger Autor wie vielleicht keiner und der niedrigſte Lüſtling vergiſſet in Ihrer Athmoſphäre den Doppelſin. Die Frage macht erſt aufmerkſam, und noch dazu iſt alles Kommende ſo jungfräulich, daß ſie faſt prüde ſcheint.15
Weiter hab’ ich nichts zu bringen als dieſes Infiniteſimaltheilgen; aber verſchmähen Sie es nicht blos nicht, Geliebteſter, ſondern ver- geben Sie es auch. Jede Zeile und jedes Wort an Sie komt aus einer Seele, die Sie liebt wie ſie noch keinen geliebt. — Ich wohnte in der vorigen Woche oft in Ihrer; ich las — weil ich im Frühling eigentlich20 nach Hippokrene dürſte — Ihre Volkslieder wieder, die mich immer mit einer auflöſenden Wehmuth erfüllen und überwältigen wie weiter kein Gedicht. —
Der Algütige führe Ihnen ſtets Ihr heutiges Thema zu, Freude!
Richter25
263. An J. Fr. Reichardt in Giebichenſtein.
[Kopie][Weimar, 15. Mai 1799]
Am ausgehöhlten wankenden Rand eines ſteilrechten Abgrunds ſtehen. Kraft, durchzuſchauen und durchzuhandeln.
[212]264. An Wieland in Osmannſtädt30
[Kopie][Weimar, 18. Mai 1799]
Ein metereologiſcher [!] diseur de bonne avanture, daß der Him- mel 4 Wochen in einem fort lächeln werde.
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[192/0207]
als durch Raum beſchreiben könte — und endlich Ihr edles Schonen
Jacobis.
Inzwiſchen hab’ ich in den meiſten folgenden Anmerkungen gegen
Sie durchaus Recht; denn ſie betreffen den — Sezer oder deſſen
Vortheil, nämlich Schreibfehler. 5
— S. 190. Die Schreibtafel komt mir entbehrlich und zugleich
ſchwerfällig vor, da man nie in Geſprächen einander nachſchreibt,
— ausgenommen bei Ihnen Böttiger in ſeine innere tabula rasa für
die Weltkunde. 10
S. 231. Theanos Frage fiel mir ſchon vor vielen Jahren auf. Sie
ſind ein durch und durch heiliger Autor wie vielleicht keiner und der
niedrigſte Lüſtling vergiſſet in Ihrer Athmoſphäre den Doppelſin. Die
Frage macht erſt aufmerkſam, und noch dazu iſt alles Kommende ſo
jungfräulich, daß ſie faſt prüde ſcheint. 15
Weiter hab’ ich nichts zu bringen als dieſes Infiniteſimaltheilgen;
aber verſchmähen Sie es nicht blos nicht, Geliebteſter, ſondern ver-
geben Sie es auch. Jede Zeile und jedes Wort an Sie komt aus einer
Seele, die Sie liebt wie ſie noch keinen geliebt. — Ich wohnte in der
vorigen Woche oft in Ihrer; ich las — weil ich im Frühling eigentlich 20
nach Hippokrene dürſte — Ihre Volkslieder wieder, die mich immer
mit einer auflöſenden Wehmuth erfüllen und überwältigen wie weiter
kein Gedicht. —
Der Algütige führe Ihnen ſtets Ihr heutiges Thema zu, Freude!
Richter 25
263. An J. Fr. Reichardt in Giebichenſtein.
[Weimar, 15. Mai 1799]
Am ausgehöhlten wankenden Rand eines ſteilrechten Abgrunds
ſtehen. Kraft, durchzuſchauen und durchzuhandeln.
264. An Wieland in Osmannſtädt 30
[Weimar, 18. Mai 1799]
Ein metereologiſcher [!] diseur de bonne avanture, daß der Him-
mel 4 Wochen in einem fort lächeln werde.
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
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Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/207>, abgerufen am 27.07.2024.
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