Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.[Der holde Tag, die freudigen Zufälle machten, daß nicht blos der Meine innern Gestalten trösten mich über die äussern, nur ergreifen [207]Göthe und Schiller waren das leztemal ganz frostig gegen mich;5 Samuel gieng zur Messe nach Leipzig, mich wie Gotlieb sich aus- [Lücke] nach Hild[burghausen zu einer] lieben Freundin.15 [Deine lezten Briefe an mich, die in Couverts bestehen, habe richtig Melde mir die Ankunft des Mspt bald. 257. An das Ehepaar Friedlaender in Königsberg.20 Weimar d. 8 Mai 99.In der Sonderbarkeit Ihres Wunsches, liebe Unbekanten, liegt So sehr oft Menschen sich des Antheils am Tode geliebter Seelen [Der holde Tag, die freudigen Zufälle machten, daß nicht blos der Meine innern Geſtalten tröſten mich über die äuſſern, nur ergreifen [207]Göthe und Schiller waren das leztemal ganz froſtig gegen mich;5 Samuel gieng zur Meſſe nach Leipzig, mich wie Gotlieb ſich aus- [Lücke] nach Hild[burghausen zu einer] lieben Freundin.15 [Deine lezten Briefe an mich, die in Couverts beſtehen, habe richtig Melde mir die Ankunft des Mſpt bald. 257. An das Ehepaar Friedlaender in Königsberg.20 Weimar d. 8 Mai 99.In der Sonderbarkeit Ihres Wunſches, liebe Unbekanten, liegt So ſehr oft Menſchen ſich des Antheils am Tode geliebter Seelen <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0203" n="188"/> <p>[Der holde Tag, die freudigen Zufälle machten, daß nicht blos der<lb/> Merkur durch die Sonne gieng, ſondern auch Endes Unterſchriebner.]</p><lb/> <p>Meine innern Geſtalten tröſten mich über die äuſſern, nur ergreifen<lb/> ſie mich ſtärker als dieſe und zu ſtark.</p><lb/> <p><note place="left"><ref target="1922_Bd3_207">[207]</ref></note>Göthe und Schiller waren das leztemal ganz froſtig gegen mich;<lb n="5"/> blos — wie man dort beim Thee ſagte — weil ich an der <hi rendition="#aq">Herderschen</hi><lb/> Metakritik ſchuld ſein und ſogar Hand darin haben ſol und Schiller<lb/> hoft, unſere 〈<hi rendition="#aq">Herder</hi> und meine〉 Freundſchaft werde dadurch brechen.</p><lb/> <p>Samuel gieng zur Meſſe nach Leipzig, mich wie Gotlieb ſich aus-<lb/> drücket, „anzuſchmieren und bei meinen Buchhändlern zu borgen [und]<lb n="10"/> nach Amerika zu gehen.“ 8 Tage vorher <hi rendition="#g">eh</hi> es Gotlieb ſchrieb, ver-<lb/> muthete ichs und ſchrieb daher an Matzdorf ꝛc. Als er bei dieſem<lb/> [<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lücke</hi> Ld’or</hi> wolte: gab ers nicht; [<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lücke</hi>] Morus</hi> ꝛc. Böhm ſchreibt<lb/> mir, er [habe ihm] 5 <hi rendition="#aq">Carolin</hi> zur Reiſe ꝛc. gelaſſen.</p><lb/> <p>[<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lücke</hi></hi>] nach <hi rendition="#aq">Hild[burghausen</hi> zu einer] lieben Freundin.<lb n="15"/> </p> <p>[Deine lezten Briefe an mich, die in Couverts beſtehen, habe richtig<lb/> erhalten, aber es lieſet ſie unterwegs jeder Nar; du ſolteſt die<lb/> Couverts an mich einſchlagen in fremde.] [<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lücke</hi></hi>]</p><lb/> <p>Melde mir die Ankunft des Mſpt bald.</p> </div> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>257. An <hi rendition="#g">das Ehepaar Friedlaender in Königsberg.</hi><lb n="20"/> </head> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Weimar</hi> d. 8 Mai 99.</hi> </dateline><lb/> <p>In der Sonderbarkeit Ihres Wunſches, liebe Unbekanten, liegt<lb/> zugleich deſſen Rechtfertigung, nämlich Ihr reines Vertrauen. Das<lb/> Sonderbare iſt die Vorausſezung, daß im 18<hi rendition="#sup">ten</hi> Jahrhundert 99 ein<lb/> Menſch ein neues Linderungsöhl für eine Wunde habe, die den Heil-<lb n="25"/> mitteln der andern Jahrhunderte widerſtand; aber in der Heilkunde<lb/> macht das Vertrauen den Arzt und das Ach eines theilnehmenden<lb/> Weſens tröſtet oft mehr als die Troſtpredigt eines kalten.</p><lb/> <p>So ſehr oft Menſchen ſich des Antheils am Tode geliebter Seelen<lb/> anklagen: ſo ſehen Sie doch aus der immer <hi rendition="#g">gleichen</hi> Zahl derer, die<lb n="30"/> an dieſer oder jener Krankheit ſterben, daß nur ein höheres Geſez uns<lb/> alle abruft. Nun iſt es ſonderbar, daß wir in der unendlichen Welt-<lb/> maſchine, worin die Erde kaum ein Rad und wir kaum die Zähne des<lb/> Rades ſind, über uns die Maſchine vergeſſen, für die wir etwas opfern<lb/> müſſen, da ſie ſo viel für uns opferte. Gott ſendet den Luther und den<lb n="35"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [188/0203]
[Der holde Tag, die freudigen Zufälle machten, daß nicht blos der
Merkur durch die Sonne gieng, ſondern auch Endes Unterſchriebner.]
Meine innern Geſtalten tröſten mich über die äuſſern, nur ergreifen
ſie mich ſtärker als dieſe und zu ſtark.
Göthe und Schiller waren das leztemal ganz froſtig gegen mich; 5
blos — wie man dort beim Thee ſagte — weil ich an der Herderschen
Metakritik ſchuld ſein und ſogar Hand darin haben ſol und Schiller
hoft, unſere 〈Herder und meine〉 Freundſchaft werde dadurch brechen.
[207]
Samuel gieng zur Meſſe nach Leipzig, mich wie Gotlieb ſich aus-
drücket, „anzuſchmieren und bei meinen Buchhändlern zu borgen [und] 10
nach Amerika zu gehen.“ 8 Tage vorher eh es Gotlieb ſchrieb, ver-
muthete ichs und ſchrieb daher an Matzdorf ꝛc. Als er bei dieſem
[Lücke Ld’or wolte: gab ers nicht; [Lücke] Morus ꝛc. Böhm ſchreibt
mir, er [habe ihm] 5 Carolin zur Reiſe ꝛc. gelaſſen.
[Lücke] nach Hild[burghausen zu einer] lieben Freundin. 15
[Deine lezten Briefe an mich, die in Couverts beſtehen, habe richtig
erhalten, aber es lieſet ſie unterwegs jeder Nar; du ſolteſt die
Couverts an mich einſchlagen in fremde.] [Lücke]
Melde mir die Ankunft des Mſpt bald.
257. An das Ehepaar Friedlaender in Königsberg. 20
Weimar d. 8 Mai 99.
In der Sonderbarkeit Ihres Wunſches, liebe Unbekanten, liegt
zugleich deſſen Rechtfertigung, nämlich Ihr reines Vertrauen. Das
Sonderbare iſt die Vorausſezung, daß im 18ten Jahrhundert 99 ein
Menſch ein neues Linderungsöhl für eine Wunde habe, die den Heil- 25
mitteln der andern Jahrhunderte widerſtand; aber in der Heilkunde
macht das Vertrauen den Arzt und das Ach eines theilnehmenden
Weſens tröſtet oft mehr als die Troſtpredigt eines kalten.
So ſehr oft Menſchen ſich des Antheils am Tode geliebter Seelen
anklagen: ſo ſehen Sie doch aus der immer gleichen Zahl derer, die 30
an dieſer oder jener Krankheit ſterben, daß nur ein höheres Geſez uns
alle abruft. Nun iſt es ſonderbar, daß wir in der unendlichen Welt-
maſchine, worin die Erde kaum ein Rad und wir kaum die Zähne des
Rades ſind, über uns die Maſchine vergeſſen, für die wir etwas opfern
müſſen, da ſie ſo viel für uns opferte. Gott ſendet den Luther und den 35
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |