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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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207. An Emilie von Berlepsch in Leipzig.
[Kopie]

Das Schiksal hat uns nur einige Stunden Sichtbarkeit beschieden
und dan trent uns ein Vorhang -- ich meine ein Meer -- auf ewig --
daß die Zukunft, die wie eine ägyptische Pyramide mit einer engen5
tödlichen unbewohnbaren Spize vor uns steht, endlich, wenn wir diese
erreichen, gleich den ägyptischen noch Raum genug für unsere Freuden
habe. -- Wallensteins Lager hat wie die Weltleute nichts Vortref-
liches als die Sprache, aber weder Karaktere noch Einheit des Inter-
esse. Es gleicht dieses Lager dem europäischen.10

208. An Elisa Feind in Leipzig.

Eine gegenseitige Verrechnung hat uns leider, Madam, geschieden;
aber ich hoffe nur merkantilisch -- Sogar merkantilisch nicht auf immer;
da ich Ihnen, sobald ich Zeit einmal zum Machen erobere, wenigstens15
ein Büchelgen (stat eines Buchs) auf Ihre vorigen Bedingungen an-
bieten werde. Indes that es mir unter der Volendung des Buchs bei
den Stellen, die ich lieben konte, wehe, daß sie nicht für Sie gehörten.
Nur die Rüksicht auf so geliebte Menschen konte mich bewegen, eine
Lieblingsschöpfung auszusezen, oder -- merkantilisch zu reden -- die[172]20
Arbeit für 5 L. mit einer für 31/2 zu unterbrechen. Aber es sei vorüber
und vergessen! --

Es ist nicht recht, daß Sie mir nicht antworteten, zumal da mein
übriger Briefwechsel mich so wenig daran gewöhnet hat.

Die Absicht dieses Briefs ist, Sie zu bitten, daß Sie mir meine25
200 rtl. in keinen Kassenscheinen senden sondern baar, da ich jezt Scheine
genug habe. Damit aber hier nicht wieder ein böser Genius aus dieser
Bitte eine andre misverstandne mache: so sag' ichs lieber gerade
heraus, daß ich das Geld jezt nicht brauche, sondern erst zur Ostermesse.

Grüssen Sie mir Ihre 2 lieben weiblichen Herzen, denen unsere30
scharfe Klippe hart wird vorgekommen sein, und Ihren lieben guten
Gatten. Und antworten Sie mir und leben Sie froh!

Richter

N. S. Sagen Sie meinem geliebten Thieriot, er möge mein
Schweigen nicht misverstehen, sondern seines wieder aufheben.35

207. An Emilie von Berlepſch in Leipzig.
[Kopie]

Das Schikſal hat uns nur einige Stunden Sichtbarkeit beſchieden
und dan trent uns ein Vorhang — ich meine ein Meer — auf ewig —
daß die Zukunft, die wie eine ägyptiſche Pyramide mit einer engen5
tödlichen unbewohnbaren Spize vor uns ſteht, endlich, wenn wir dieſe
erreichen, gleich den ägyptiſchen noch Raum genug für unſere Freuden
habe. — Wallenſteins Lager hat wie die Weltleute nichts Vortref-
liches als die Sprache, aber weder Karaktere noch Einheit des Inter-
eſſe. Es gleicht dieſes Lager dem europäiſchen.10

208. An Eliſa Feind in Leipzig.

Eine gegenſeitige Verrechnung hat uns leider, Madam, geſchieden;
aber ich hoffe nur merkantiliſch — Sogar merkantiliſch nicht auf immer;
da ich Ihnen, ſobald ich Zeit einmal zum Machen erobere, wenigſtens15
ein Büchelgen (ſtat eines Buchs) auf Ihre vorigen Bedingungen an-
bieten werde. Indes that es mir unter der Volendung des Buchs bei
den Stellen, die ich lieben konte, wehe, daß ſie nicht für Sie gehörten.
Nur die Rükſicht auf ſo geliebte Menſchen konte mich bewegen, eine
Lieblingsſchöpfung auszuſezen, oder — merkantiliſch zu reden — die[172]20
Arbeit für 5 L. mit einer für 3½ zu unterbrechen. Aber es ſei vorüber
und vergeſſen! —

Es iſt nicht recht, daß Sie mir nicht antworteten, zumal da mein
übriger Briefwechſel mich ſo wenig daran gewöhnet hat.

Die Abſicht dieſes Briefs iſt, Sie zu bitten, daß Sie mir meine25
200 rtl. in keinen Kaſſenſcheinen ſenden ſondern baar, da ich jezt Scheine
genug habe. Damit aber hier nicht wieder ein böſer Genius aus dieſer
Bitte eine andre misverſtandne mache: ſo ſag’ ichs lieber gerade
heraus, daß ich das Geld jezt nicht brauche, ſondern erſt zur Oſtermeſſe.

Grüſſen Sie mir Ihre 2 lieben weiblichen Herzen, denen unſere30
ſcharfe Klippe hart wird vorgekommen ſein, und Ihren lieben guten
Gatten. Und antworten Sie mir und leben Sie froh!

Richter

N. S. Sagen Sie meinem geliebten Thieriot, er möge mein
Schweigen nicht misverſtehen, ſondern ſeines wieder aufheben.35

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[155/0165] 207. An Emilie von Berlepſch in Leipzig. [Weimar, 11. Febr. 1799] Das Schikſal hat uns nur einige Stunden Sichtbarkeit beſchieden und dan trent uns ein Vorhang — ich meine ein Meer — auf ewig — daß die Zukunft, die wie eine ägyptiſche Pyramide mit einer engen 5 tödlichen unbewohnbaren Spize vor uns ſteht, endlich, wenn wir dieſe erreichen, gleich den ägyptiſchen noch Raum genug für unſere Freuden habe. — Wallenſteins Lager hat wie die Weltleute nichts Vortref- liches als die Sprache, aber weder Karaktere noch Einheit des Inter- eſſe. Es gleicht dieſes Lager dem europäiſchen. 10 208. An Eliſa Feind in Leipzig. Weimar d. 12 Febr. 99. Eine gegenſeitige Verrechnung hat uns leider, Madam, geſchieden; aber ich hoffe nur merkantiliſch — Sogar merkantiliſch nicht auf immer; da ich Ihnen, ſobald ich Zeit einmal zum Machen erobere, wenigſtens 15 ein Büchelgen (ſtat eines Buchs) auf Ihre vorigen Bedingungen an- bieten werde. Indes that es mir unter der Volendung des Buchs bei den Stellen, die ich lieben konte, wehe, daß ſie nicht für Sie gehörten. Nur die Rükſicht auf ſo geliebte Menſchen konte mich bewegen, eine Lieblingsſchöpfung auszuſezen, oder — merkantiliſch zu reden — die 20 Arbeit für 5 L. mit einer für 3½ zu unterbrechen. Aber es ſei vorüber und vergeſſen! — [172] Es iſt nicht recht, daß Sie mir nicht antworteten, zumal da mein übriger Briefwechſel mich ſo wenig daran gewöhnet hat. Die Abſicht dieſes Briefs iſt, Sie zu bitten, daß Sie mir meine 25 200 rtl. in keinen Kaſſenſcheinen ſenden ſondern baar, da ich jezt Scheine genug habe. Damit aber hier nicht wieder ein böſer Genius aus dieſer Bitte eine andre misverſtandne mache: ſo ſag’ ichs lieber gerade heraus, daß ich das Geld jezt nicht brauche, ſondern erſt zur Oſtermeſſe. Grüſſen Sie mir Ihre 2 lieben weiblichen Herzen, denen unſere 30 ſcharfe Klippe hart wird vorgekommen ſein, und Ihren lieben guten Gatten. Und antworten Sie mir und leben Sie froh! Richter N. S. Sagen Sie meinem geliebten Thieriot, er möge mein Schweigen nicht misverſtehen, ſondern ſeines wieder aufheben. 35

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/165>, abgerufen am 25.11.2024.