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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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künftige Meinige gar nichts sparen, ewig mich anstrengen, und mir
versagen, damit er schwelge? -- Er hat mir, da er sich eine Uhr gekauft
worauf er 3 Car. (auf der andern Seite steht 2) bekam, mithin mehr
mitgenommen als 200 rtl. -- Ich finde viele Unwahrscheinlichkeiten
und Widersprüche. Er könte ja eben mit dem Kaufman sich verabredet5
haben. Lies, frankiere und siegle den Brief. Du kanst es sagen wem du
wilst. Nim aber sonst keinen handelnden Antheil daran. Ich bin fest zu
dem bestimt, was ich ihm hier schreibe.

[109]Aus deinem Schweigen schlos ich dein Verreisen.

R.10

Schicke den Brief kurz vor Abgang der Post hin, weil er sonst ge-
lesen wird.

131. An Karoline Herder.

Verehrteste Freundin! Aus meiner gebohnten und plattierten15
Gegend und -- Kaufmanschaft schick' ich Ihnen gern noch einen Brief,
weil ich in Weimar jedes Vergnügen haben kan, nur nicht das, an
Sie zu schreiben. Ich erschrecke oft freudig und verschämt, wenn ich die
frohen Stunden bei Ihnen, diese unbezahlten Gaben, zähle und wäge;
und jezt in der Nüchternheit von meinem Reise-Taumel komt es mir20
oft vor, Ihre und meine Hand that sich zu häufig auf, Ihre gebende
und meine nehmende.

Aber, Verehrteste, alle von Ihnen geschenkte Rosen- und Ernte-
stunden würd' ich in der begeisternden Minute wiederholen, worin ich
einmal in Weimar mein Herz schöner und stärker ausdrücken dürfte als25
in Worten; und worin mir ein holder Genius eine Handlung ver-
gönte. --

Das erste mal in meinem Leben war meine zweite Begeisterung stärker
als meine erste; und warum sol ichs Ihnen denn nicht heraussagen,
daß ich -- der immer mehr in den fernen Sonnen nur nahe zer-30
trümmerte verkalkte vulkanische Erden antrift -- meine so belogne
Seele endlich an einer grossen herlichen Ausnahme erquicke? Ach der
Geist, den das Schiksal Ihrem auf ewig zugeselt, wird nicht genug
errathen und geehrt -- kaum von sich -- dieser durchgötterte Mensch,
dessen Brust im Aether steht und nur dessen Fus in der Erdenluft und35
der nicht die Blätter des Erkentnisbaumes, nicht die Zweige, sondern

künftige Meinige gar nichts ſparen, ewig mich anſtrengen, und mir
verſagen, damit er ſchwelge? — Er hat mir, da er ſich eine Uhr gekauft
worauf er 3 Car. (auf der andern Seite ſteht 2) bekam, mithin mehr
mitgenommen als 200 rtl. — Ich finde viele Unwahrſcheinlichkeiten
und Widerſprüche. Er könte ja eben mit dem Kaufman ſich verabredet5
haben. Lies, frankiere und ſiegle den Brief. Du kanſt es ſagen wem du
wilſt. Nim aber ſonſt keinen handelnden Antheil daran. Ich bin feſt zu
dem beſtimt, was ich ihm hier ſchreibe.

[109]Aus deinem Schweigen ſchlos ich dein Verreiſen.

R.10

Schicke den Brief kurz vor Abgang der Poſt hin, weil er ſonſt ge-
leſen wird.

131. An Karoline Herder.

Verehrteſte Freundin! Aus meiner gebohnten und plattierten15
Gegend und — Kaufmanſchaft ſchick’ ich Ihnen gern noch einen Brief,
weil ich in Weimar jedes Vergnügen haben kan, nur nicht das, an
Sie zu ſchreiben. Ich erſchrecke oft freudig und verſchämt, wenn ich die
frohen Stunden bei Ihnen, dieſe unbezahlten Gaben, zähle und wäge;
und jezt in der Nüchternheit von meinem Reiſe-Taumel komt es mir20
oft vor, Ihre und meine Hand that ſich zu häufig auf, Ihre gebende
und meine nehmende.

Aber, Verehrteſte, alle von Ihnen geſchenkte Roſen- und Ernte-
ſtunden würd’ ich in der begeiſternden Minute wiederholen, worin ich
einmal in Weimar mein Herz ſchöner und ſtärker ausdrücken dürfte als25
in Worten; und worin mir ein holder Genius eine Handlung ver-
gönte. —

Das erſte mal in meinem Leben war meine zweite Begeiſterung ſtärker
als meine erſte; und warum ſol ichs Ihnen denn nicht herausſagen,
daß ich — der immer mehr in den fernen Sonnen nur nahe zer-30
trümmerte verkalkte vulkaniſche Erden antrift — meine ſo belogne
Seele endlich an einer groſſen herlichen Ausnahme erquicke? Ach der
Geiſt, den das Schikſal Ihrem auf ewig zugeſelt, wird nicht genug
errathen und geehrt — kaum von ſich — dieſer durchgötterte Menſch,
deſſen Bruſt im Aether ſteht und nur deſſen Fus in der Erdenluft und35
der nicht die Blätter des Erkentnisbaumes, nicht die Zweige, ſondern

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[100/0109] künftige Meinige gar nichts ſparen, ewig mich anſtrengen, und mir verſagen, damit er ſchwelge? — Er hat mir, da er ſich eine Uhr gekauft worauf er 3 Car. (auf der andern Seite ſteht 2) bekam, mithin mehr mitgenommen als 200 rtl. — Ich finde viele Unwahrſcheinlichkeiten und Widerſprüche. Er könte ja eben mit dem Kaufman ſich verabredet 5 haben. Lies, frankiere und ſiegle den Brief. Du kanſt es ſagen wem du wilſt. Nim aber ſonſt keinen handelnden Antheil daran. Ich bin feſt zu dem beſtimt, was ich ihm hier ſchreibe. Aus deinem Schweigen ſchlos ich dein Verreiſen. [109] R. 10 Schicke den Brief kurz vor Abgang der Poſt hin, weil er ſonſt ge- leſen wird. 131. An Karoline Herder. Leipzig d. 26. Sept. 1798. Verehrteſte Freundin! Aus meiner gebohnten und plattierten 15 Gegend und — Kaufmanſchaft ſchick’ ich Ihnen gern noch einen Brief, weil ich in Weimar jedes Vergnügen haben kan, nur nicht das, an Sie zu ſchreiben. Ich erſchrecke oft freudig und verſchämt, wenn ich die frohen Stunden bei Ihnen, dieſe unbezahlten Gaben, zähle und wäge; und jezt in der Nüchternheit von meinem Reiſe-Taumel komt es mir 20 oft vor, Ihre und meine Hand that ſich zu häufig auf, Ihre gebende und meine nehmende. Aber, Verehrteſte, alle von Ihnen geſchenkte Roſen- und Ernte- ſtunden würd’ ich in der begeiſternden Minute wiederholen, worin ich einmal in Weimar mein Herz ſchöner und ſtärker ausdrücken dürfte als 25 in Worten; und worin mir ein holder Genius eine Handlung ver- gönte. — Das erſte mal in meinem Leben war meine zweite Begeiſterung ſtärker als meine erſte; und warum ſol ichs Ihnen denn nicht herausſagen, daß ich — der immer mehr in den fernen Sonnen nur nahe zer- 30 trümmerte verkalkte vulkaniſche Erden antrift — meine ſo belogne Seele endlich an einer groſſen herlichen Ausnahme erquicke? Ach der Geiſt, den das Schikſal Ihrem auf ewig zugeſelt, wird nicht genug errathen und geehrt — kaum von ſich — dieſer durchgötterte Menſch, deſſen Bruſt im Aether ſteht und nur deſſen Fus in der Erdenluft und 35 der nicht die Blätter des Erkentnisbaumes, nicht die Zweige, ſondern

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/109>, abgerufen am 09.11.2024.