Aber der ohnmächtige Mensch mus wünschen, so wie die in Leiber eingesenkte eingemauerte Seele fremde Hüllen in der Liebe berühren mus -- und ich wünsche Ihnen, edelste Freundin, die jezt wie ein in die Ewigkeit zurükgegangner Frühling vor mir blüht, alles, alles, alles was die wärmste Freundschaft wünschen kan -- du ewiges Schiksal gieb5 ihrem Auge andere Thränen als bisher und ihr nach Besserung schlagendes Herz ruhe sanft und stil an einem andern aus, an und in dem mein eignes wohnt.
Jean Paul Fr. Richter
53. An Christian Otto.10
[Hof, 8. Jan. 1795]
Lieber Otto,
Ich wil dir heute abends eine kleine Lese Freude machen. A[möne] hat mir gegen mein Tagebuch ihres doch gegeben und sich auf meine Ent- haltung von verbotenen Stellen so sehr verlassen wie ich mich auf ihre:15 zu unserer doppelten Enthaltsamkeit sol noch deine stossen. Lies also nicht im Tagebuch den 1 Februar -- den 4ten F. -- 6ten F. -- den [39]23 März -- den 1 Septemb. -- 12 Nov. -- 9 Dezemb. -- und mit dem 12ten fängst du wieder an und liesest hinaus, wo du die 2 lezten Seiten, weil sie's so wolte von mir gefüllet findest. -- Auch hab ich20 mir noch ein Blat, an einem Konzertabend geschrieben, für dich geben lassen: die Person, die sie darin an ihre Mutter erinnert, ist die alte Köhlerin. -- Abends komm ich mit dem Exzerptenbuch und verlange -- jezt bitt ich dich recht dringend darum -- meine Rechnung. Auch gieb mir 3 oder 4 rtl. weil die Stühle so viel frassen und ich den Dukaten25 nicht annagen wil. -- Lies das kleine Blat und meine Antwort darauf nach dem Tagebuch.
54. An Joh. Georg Herold in Hof.
[Kopie][Hof, 8. Jan. 1795]
Ich bleibe Ihnen, so wie andre Dinge, so auch Briefe schuldig.30 Dieser ist keiner. Da heute der Ladenvater oder die Gevatterschafts- handwerkslade in mein Diogenes Fas einkriecht, etc. Ich bitte Sie viersizig oder in 1 Original und 3 Kopien -- oder in einer bessern Metapher als Sonne unter [?] den 3 nächsten Planeten oder ohne alle
Aber der ohnmächtige Menſch mus wünſchen, ſo wie die in Leiber eingeſenkte eingemauerte Seele fremde Hüllen in der Liebe berühren mus — und ich wünſche Ihnen, edelſte Freundin, die jezt wie ein in die Ewigkeit zurükgegangner Frühling vor mir blüht, alles, alles, alles was die wärmſte Freundſchaft wünſchen kan — du ewiges Schikſal gieb5 ihrem Auge andere Thränen als bisher und ihr nach Beſſerung ſchlagendes Herz ruhe ſanft und ſtil an einem andern aus, an und in dem mein eignes wohnt.
Jean Paul Fr. Richter
53. An Chriſtian Otto.10
[Hof, 8. Jan. 1795]
Lieber Otto,
Ich wil dir heute abends eine kleine Leſe Freude machen. A[möne] hat mir gegen mein Tagebuch ihres doch gegeben und ſich auf meine Ent- haltung von verbotenen Stellen ſo ſehr verlaſſen wie ich mich auf ihre:15 zu unſerer doppelten Enthaltſamkeit ſol noch deine ſtoſſen. Lies alſo nicht im Tagebuch den 1 Februar — den 4ten F. — 6ten F. — den [39]23 März — den 1 Septemb. — 12 Nov. — 9 Dezemb. — und mit dem 12ten fängſt du wieder an und lieſeſt hinaus, wo du die 2 lezten Seiten, weil ſie’s ſo wolte von mir gefüllet findeſt. — Auch hab ich20 mir noch ein Blat, an einem Konzertabend geſchrieben, für dich geben laſſen: die Perſon, die ſie darin an ihre Mutter erinnert, iſt die alte Köhlerin. — Abends komm ich mit dem Exzerptenbuch und verlange — jezt bitt ich dich recht dringend darum — meine Rechnung. Auch gieb mir 3 oder 4 rtl. weil die Stühle ſo viel fraſſen und ich den Dukaten25 nicht annagen wil. — Lies das kleine Blat und meine Antwort darauf nach dem Tagebuch.
54. An Joh. Georg Herold in Hof.
[Kopie][Hof, 8. Jan. 1795]
Ich bleibe Ihnen, ſo wie andre Dinge, ſo auch Briefe ſchuldig.30 Dieſer iſt keiner. Da heute der Ladenvater oder die Gevatterſchafts- handwerkslade in mein Diogenes Fas einkriecht, ꝛc. Ich bitte Sie vierſizig oder in 1 Original und 3 Kopien — oder in einer beſſern Metapher als Sonne unter [?] den 3 nächſten Planeten oder ohne alle
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Aber der ohnmächtige Menſch mus wünſchen, ſo wie die in Leiber
eingeſenkte eingemauerte Seele fremde Hüllen in der Liebe berühren
mus — und ich wünſche Ihnen, edelſte Freundin, die jezt wie ein in die
Ewigkeit zurükgegangner Frühling vor mir blüht, alles, alles, alles
was die wärmſte Freundſchaft wünſchen kan — du ewiges Schikſal gieb 5
ihrem Auge andere Thränen als bisher und ihr nach Beſſerung
ſchlagendes Herz ruhe ſanft und ſtil an einem andern aus, an und in
dem mein eignes wohnt.
Jean Paul Fr. Richter
53. An Chriſtian Otto. 10
[Hof, 8. Jan. 1795]
Lieber Otto,
Ich wil dir heute abends eine kleine Leſe Freude machen. A[möne] hat
mir gegen mein Tagebuch ihres doch gegeben und ſich auf meine Ent-
haltung von verbotenen Stellen ſo ſehr verlaſſen wie ich mich auf ihre: 15
zu unſerer doppelten Enthaltſamkeit ſol noch deine ſtoſſen. Lies alſo
nicht im Tagebuch den 1 Februar — den 4ten F. — 6ten F. — den
23 März — den 1 Septemb. — 12 Nov. — 9 Dezemb. — und mit
dem 12ten fängſt du wieder an und lieſeſt hinaus, wo du die 2 lezten
Seiten, weil ſie’s ſo wolte von mir gefüllet findeſt. — Auch hab ich 20
mir noch ein Blat, an einem Konzertabend geſchrieben, für dich geben
laſſen: die Perſon, die ſie darin an ihre Mutter erinnert, iſt die alte
Köhlerin. — Abends komm ich mit dem Exzerptenbuch und verlange —
jezt bitt ich dich recht dringend darum — meine Rechnung. Auch gieb
mir 3 oder 4 rtl. weil die Stühle ſo viel fraſſen und ich den Dukaten 25
nicht annagen wil. — Lies das kleine Blat und meine Antwort darauf
nach dem Tagebuch.
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54. An Joh. Georg Herold in Hof.
[Hof, 8. Jan. 1795]
Ich bleibe Ihnen, ſo wie andre Dinge, ſo auch Briefe ſchuldig. 30
Dieſer iſt keiner. Da heute der Ladenvater oder die Gevatterſchafts-
handwerkslade in mein Diogenes Fas einkriecht, ꝛc. Ich bitte Sie
vierſizig oder in 1 Original und 3 Kopien — oder in einer beſſern
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/55>, abgerufen am 07.07.2024.
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