Gute Charlotte! den 1ten November bin ich in Leipzig --] der Lindenstadt, in der ich neben den Bienen einigen Lindenhonig anzu- treffen denke; [aber meine Freundschaft für Ihr Auge und] die Kraft, womit Sie die äussere Welt in die innere ziehen, [wird nir- gends verändert.] Welche Zeiträume sind zwischen unsre Hofnungen5 getreten!
[Fr. von Berlepsch kenne ich von Franzenbad und achte sie hoch] -- Ich urtheile, damit Sie urtheilen. [Im Winter sind Sie in Weimar und aus Leipzig ist mehr ein Schrit als Flug dahin; wenn Sie mich sehen, werden Sie mehr über die Vergangenheit als Zukunft fragen. --10 Durch die vielen Pausen ist meine Historie sehr verlängert worden.
In der Michaelismesse erscheint nichts von mir. -- Gleim, Nachtigal, Matthison geben Erholungen unter dem Titel "Hebe" heraus; auch] vor meiner Hausthür schlugen sie die Werbetrommel so lang bis ich mitgieng. [Leichte Arbeiten nehmen die Kräfte, weil sie kleine15 brauchen. --] Göthe lies [als er nach Italien reiste] wie eine wandelnde Sonne an den deutschen Wolken seine Aurora zurük. [H. von Knebel lies bei meinem Otto ein trefliches Bild zurük.] Er war die erste Blume, die auf dem leeren Meere schwimt, die mich an die glükliche Insel (Weimar) erinnert. Sie sind die Kalypso darauf, nur daß Sie schönere20 und höhere Verwandlungen vornehmen. -- [Nur meine Sehnsucht nach einem so lange zögernden Briefe drang mir diesen unter den Zurüstungen der Reise ab.]
Ihre Talente helfen andern mehr als Ihnen.
728. An Henriette von Schuckmann in Mölln.[386]25
[Kopie][Hof, 23. Okt. 1797]
Abzug -- das Entbehren meiner Jugendörter ist das Abzugsgeld -- sein deutsches Herz -- Reichsvikarius und Moitist der Freund- schaft und Arbeit. -- Gieb der leeren äussern Welt durch die innere einen Glanz, die du ewig bereicherst und verschönerst.30
729. An Christian Otto.
[Hof, 25. Okt. 1797]
Ich werde richtig eintreffen. Das Wetter verspricht heute mehr als es gestern drohte.
25 Jean Paul Briefe. II.
Gute Charlotte! den 1ten November bin ich in Leipzig —] der Lindenſtadt, in der ich neben den Bienen einigen Lindenhonig anzu- treffen denke; [aber meine Freundſchaft für Ihr Auge und] die Kraft, womit Sie die äuſſere Welt in die innere ziehen, [wird nir- gends verändert.] Welche Zeiträume ſind zwiſchen unſre Hofnungen5 getreten!
[Fr. von Berlepſch kenne ich von Franzenbad und achte ſie hoch] — Ich urtheile, damit Sie urtheilen. [Im Winter ſind Sie in Weimar und aus Leipzig iſt mehr ein Schrit als Flug dahin; wenn Sie mich ſehen, werden Sie mehr über die Vergangenheit als Zukunft fragen. —10 Durch die vielen Pauſen iſt meine Hiſtorie ſehr verlängert worden.
In der Michaelismeſſe erſcheint nichts von mir. — Gleim, Nachtigal, Matthiſon geben Erholungen unter dem Titel „Hebe“ heraus; auch] vor meiner Hausthür ſchlugen ſie die Werbetrommel ſo lang bis ich mitgieng. [Leichte Arbeiten nehmen die Kräfte, weil ſie kleine15 brauchen. —] Göthe lies [als er nach Italien reiſte] wie eine wandelnde Sonne an den deutſchen Wolken ſeine Aurora zurük. [H. von Knebel lies bei meinem Otto ein trefliches Bild zurük.] Er war die erſte Blume, die auf dem leeren Meere ſchwimt, die mich an die glükliche Inſel (Weimar) erinnert. Sie ſind die Kalypſo darauf, nur daß Sie ſchönere20 und höhere Verwandlungen vornehmen. — [Nur meine Sehnſucht nach einem ſo lange zögernden Briefe drang mir dieſen unter den Zurüſtungen der Reiſe ab.]
Ihre Talente helfen andern mehr als Ihnen.
728. An Henriette von Schuckmann in Mölln.[386]25
[Kopie][Hof, 23. Okt. 1797]
Abzug — das Entbehren meiner Jugendörter iſt das Abzugsgeld — ſein deutſches Herz — Reichsvikarius und Moitiſt der Freund- ſchaft und Arbeit. — Gieb der leeren äuſſern Welt durch die innere einen Glanz, die du ewig bereicherſt und verſchönerſt.30
729. An Chriſtian Otto.
[Hof, 25. Okt. 1797]
Ich werde richtig eintreffen. Das Wetter verſpricht heute mehr als es geſtern drohte.
25 Jean Paul Briefe. II.
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Gute Charlotte! den 1ten November bin ich in Leipzig —] der
Lindenſtadt, in der ich neben den Bienen einigen Lindenhonig anzu-
treffen denke; [aber meine Freundſchaft für Ihr Auge und] die
Kraft, womit Sie die äuſſere Welt in die innere ziehen, [wird nir-
gends verändert.] Welche Zeiträume ſind zwiſchen unſre Hofnungen 5
getreten!
[Fr. von Berlepſch kenne ich von Franzenbad und achte ſie hoch]
— Ich urtheile, damit Sie urtheilen. [Im Winter ſind Sie in Weimar
und aus Leipzig iſt mehr ein Schrit als Flug dahin; wenn Sie mich
ſehen, werden Sie mehr über die Vergangenheit als Zukunft fragen. — 10
Durch die vielen Pauſen iſt meine Hiſtorie ſehr verlängert worden.
In der Michaelismeſſe erſcheint nichts von mir. — Gleim, Nachtigal,
Matthiſon geben Erholungen unter dem Titel „Hebe“ heraus; auch]
vor meiner Hausthür ſchlugen ſie die Werbetrommel ſo lang bis ich
mitgieng. [Leichte Arbeiten nehmen die Kräfte, weil ſie kleine 15
brauchen. —] Göthe lies [als er nach Italien reiſte] wie eine wandelnde
Sonne an den deutſchen Wolken ſeine Aurora zurük. [H. von Knebel
lies bei meinem Otto ein trefliches Bild zurük.] Er war die erſte Blume,
die auf dem leeren Meere ſchwimt, die mich an die glükliche Inſel
(Weimar) erinnert. Sie ſind die Kalypſo darauf, nur daß Sie ſchönere 20
und höhere Verwandlungen vornehmen. — [Nur meine Sehnſucht
nach einem ſo lange zögernden Briefe drang mir dieſen unter den
Zurüſtungen der Reiſe ab.]
Ihre Talente helfen andern mehr als Ihnen.
728. An Henriette von Schuckmann in Mölln. 25
[Hof, 23. Okt. 1797]
Abzug — das Entbehren meiner Jugendörter iſt das Abzugsgeld
— ſein deutſches Herz — Reichsvikarius und Moitiſt der Freund-
ſchaft und Arbeit. — Gieb der leeren äuſſern Welt durch die innere
einen Glanz, die du ewig bereicherſt und verſchönerſt. 30
729. An Chriſtian Otto.
[Hof, 25. Okt. 1797]
Ich werde richtig eintreffen. Das Wetter verſpricht heute mehr als
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25 Jean Paul Briefe. II.
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/406>, abgerufen am 30.07.2024.
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