Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.700. An Friederike Otto.[372] [Kopie][Bayreuth, Mitte Sept. 1797]Das Freudenfeuer warf den lichtesten Wiederschein auf die Blätter. 701. An Christian Otto.[373] Bayreuth Sonabends [16]. Sept. 97.Sontags. Ich wolte gestern wenigstens ein Paar Zeilen schreiben -- und mit Um 1/210 Uhr. Jezt hab ich deinen Brief. Nun bin ich über meine Abwesenheit 700. An Friederike Otto.[372] [Kopie][Bayreuth, Mitte Sept. 1797]Das Freudenfeuer warf den lichteſten Wiederſchein auf die Blätter. 701. An Chriſtian Otto.[373] Bayreuth Sonabends [16]. Sept. 97.Sontags. Ich wolte geſtern wenigſtens ein Paar Zeilen ſchreiben — und mit Um ½10 Uhr. Jezt hab ich deinen Brief. Nun bin ich über meine Abweſenheit <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0394" n="373"/> <div type="letter" n="1"> <head>700. An <hi rendition="#g">Friederike Otto.</hi><note place="right"><ref target="1922_Bd2_372">[372]</ref></note></head><lb/> <note type="editorial">[Kopie]</note> <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, Mitte Sept. 1797]</hi> </dateline><lb/> <p>Das Freudenfeuer warf den lichteſten Wiederſchein auf die Blätter.<lb/> Ich wolte ich hätte Sie durch die glänzende und reiche Ebene geführt<lb/> und Ihnen jeden Berg als einen Altar der Freundſchaft und jede<lb n="5"/> Guirlande aus volhängenden Gipfeln als ein Band derſelben zeigen<lb/> können. Die nachbarliche Muſik fliegt um jedes Wort, das ich Ihnen<lb/> ſchicke. Warum erſcheinen die Früchte wenn der Herbſt die Blätter<lb/> abbricht, warum wird dem traurigen Flüchtling auf der Schwelle das<lb/> Herz ſo vol Liebe gezeigt? Wiſſet ihr denn alle nicht, daß ich anfangs<lb n="10"/> nur von Einem keinen Abſchied nehmen wolte und daß ihr mich zulezt<lb/> dahinbringt, daß ich [ihn] von keinem nehmen kan ſondern ſtil und<lb/> blas den Begräbnisplaz der Jugend räume? Lebe wohl, ſo lang ge-<lb/> liebte Seele! Uns trent keine Trennung und aus jeder Vergangenheit<lb/> wird eine Zukunft.<lb n="15"/> </p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>701. An <hi rendition="#g">Chriſtian Otto.</hi><note place="right"><ref target="1922_Bd2_373">[373]</ref></note></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Bayreuth</hi> Sonabends [16]. Sept. 97.<lb/> Sontags.</hi> </dateline><lb/> <p>Ich wolte geſtern wenigſtens ein Paar Zeilen ſchreiben — und mit<lb/> dem Paare fang’ ich heute an. — Den Schnit deiner Federn wirſt du<lb n="20"/> im nächſten Frühling noch finden.</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">Um ½10 Uhr.</hi> </dateline><lb/> <p>Jezt hab ich deinen Brief. Nun bin ich über meine Abweſenheit<lb/> wieder durch die Entzückungen des freundlichen Paars bei euch, und<lb/> durch das Betragen meines Bruders getröſtet, der vor mir, aber mit<lb n="25"/> weniger Recht wie der Straus mit ſeinem Kopfe Verſteckens ſpielt.<lb/> Hätt’ ich den alten Stokknopf mit dem <hi rendition="#aq">W</hi> der Spangenberg noch, dieſe<lb/> Wilhelmine müſte auch darauf. Ich werde ſie nur <hi rendition="#g">wiederſ</hi>ehen, ſo<lb/> leibhaftig haſt du mir ſie gemalt. — Das mit Serboni hat mich<lb/> gerührt: möge der kleine Planet nur irgend einen Wiederſchein der<lb n="30"/> Sonne, die ihm fehlt, durch ſein Gefängnisgitter bringen! Kein<lb/> heiligeres Geſchenk giebt es nicht als das angebotene. — In<lb/> Schwarzach war ich und unſer Simultan-Bruder den ½ Mitwoch<lb/> und den ½ Donnerſtag. Leider hab’ ich ſchon <hi rendition="#aq">Carolinen</hi> dieſen vom<lb/> Himmel herabgeſenkten Himmel oder Freudenort gemalt. Nur Zeit<lb n="35"/> und <hi rendition="#g">weite</hi> Stiefel fehlten mir, um einmal durch ein langes iſoliertes<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [373/0394]
700. An Friederike Otto.
[Bayreuth, Mitte Sept. 1797]
Das Freudenfeuer warf den lichteſten Wiederſchein auf die Blätter.
Ich wolte ich hätte Sie durch die glänzende und reiche Ebene geführt
und Ihnen jeden Berg als einen Altar der Freundſchaft und jede 5
Guirlande aus volhängenden Gipfeln als ein Band derſelben zeigen
können. Die nachbarliche Muſik fliegt um jedes Wort, das ich Ihnen
ſchicke. Warum erſcheinen die Früchte wenn der Herbſt die Blätter
abbricht, warum wird dem traurigen Flüchtling auf der Schwelle das
Herz ſo vol Liebe gezeigt? Wiſſet ihr denn alle nicht, daß ich anfangs 10
nur von Einem keinen Abſchied nehmen wolte und daß ihr mich zulezt
dahinbringt, daß ich [ihn] von keinem nehmen kan ſondern ſtil und
blas den Begräbnisplaz der Jugend räume? Lebe wohl, ſo lang ge-
liebte Seele! Uns trent keine Trennung und aus jeder Vergangenheit
wird eine Zukunft. 15
701. An Chriſtian Otto.
Bayreuth Sonabends [16]. Sept. 97.
Sontags.
Ich wolte geſtern wenigſtens ein Paar Zeilen ſchreiben — und mit
dem Paare fang’ ich heute an. — Den Schnit deiner Federn wirſt du 20
im nächſten Frühling noch finden.
Um ½10 Uhr.
Jezt hab ich deinen Brief. Nun bin ich über meine Abweſenheit
wieder durch die Entzückungen des freundlichen Paars bei euch, und
durch das Betragen meines Bruders getröſtet, der vor mir, aber mit 25
weniger Recht wie der Straus mit ſeinem Kopfe Verſteckens ſpielt.
Hätt’ ich den alten Stokknopf mit dem W der Spangenberg noch, dieſe
Wilhelmine müſte auch darauf. Ich werde ſie nur wiederſehen, ſo
leibhaftig haſt du mir ſie gemalt. — Das mit Serboni hat mich
gerührt: möge der kleine Planet nur irgend einen Wiederſchein der 30
Sonne, die ihm fehlt, durch ſein Gefängnisgitter bringen! Kein
heiligeres Geſchenk giebt es nicht als das angebotene. — In
Schwarzach war ich und unſer Simultan-Bruder den ½ Mitwoch
und den ½ Donnerſtag. Leider hab’ ich ſchon Carolinen dieſen vom
Himmel herabgeſenkten Himmel oder Freudenort gemalt. Nur Zeit 35
und weite Stiefel fehlten mir, um einmal durch ein langes iſoliertes
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(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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