Zimmer müssen geheizet werden können. Werd' ich das alles für 40 rtl. erlangen? Zu Anfang Novemb. möcht' ichs beziehen können.
Ich kan Ihre so lange Reihe von Gefälligkeiten mit nichts er- wiedern als mit Wünschen und mit Hofnungen der Vergeltung: Ihr gutes Bewustsein sei indes der Zahlmeister für mich.5
Ich bitte Sie, das Franko für beiliegenden Brief bis zu Novemb. auszulegen -- und mir wieder Lesebücher zu senden -- und mir bald Nachricht zu geben -- und alle diese Bitten zu vergeben. Leben Sie froh!
Fr. Richter10
696. An Emanuel.
Hof. d. 9. Sept. 97 [Sonnabend].
Guter Emanuel,
Eben schikte mir Renate Ihren Brief. Nur der Wolkenschlagbaum hielt mich auf .... (Und eben jezt hielt mich wieder im Schreiben15 ein stat Blüten und Blätter, Tücher und Bänder tragender Baum auf,[370] der auf das neue Herold[ische] Haus gestekt wird und den sie jezt in meines eintrugen.) Sobald sich wenn nicht der Himmel, doch der Barometer ändert, so fahr' ich hinaus und meine Tasche ist mein Mantelsak. Den 24ten mus ich wieder hier sein, weil ein Fremder mit20 seiner Fremdin aus Halberstadt mich besuchen wil, den ich mit meiner Reise bis zum 24., aufhielt. Dauert das Aprilwetter zu lange: so komm' ich lieber nach dem 24ten um freier bei meinem zu zärtlichen Freund zu bleiben. Hier haben Sie mein Ehren- und Herzenswort. Ihre Seele ist ein Beweis meines Sazes, daß die Jahre immer mehr25 Erde von dem h. Feuer der Empfindungen wegheben und es befreien. Aber dieses Feuer, mein Theurer, äschert oft das Herz ein, das es umschliesset; und Sie werden nach einigen Jahren abwechselnd Frost- und Brandsalbe nöthig haben. -- Hier in Hof liebt mich ausser Otto niemand so wie Emanuel: Sie haben hier Irthümer -- ich gehe zu30 weich, verschlossen und mit voller Brust herum, nicht in der Stadt sondern um die Stadt -- ich sehe wenige -- Es ist Zeit, daß ich scheide; oder vielmehr ich bin schon geschieden. Denn leider foder' ich so viel von ihnen als wenn es -- Fremde wären; und da sie keine sind: must' ich die reichere Gabe bei Fremden suchen.35
24 Jean Paul Briefe. II.
Zimmer müſſen geheizet werden können. Werd’ ich das alles für 40 rtl. erlangen? Zu Anfang Novemb. möcht’ ichs beziehen können.
Ich kan Ihre ſo lange Reihe von Gefälligkeiten mit nichts er- wiedern als mit Wünſchen und mit Hofnungen der Vergeltung: Ihr gutes Bewuſtſein ſei indes der Zahlmeiſter für mich.5
Ich bitte Sie, das Franko für beiliegenden Brief bis zu Novemb. auszulegen — und mir wieder Leſebücher zu ſenden — und mir bald Nachricht zu geben — und alle dieſe Bitten zu vergeben. Leben Sie froh!
Fr. Richter10
696. An Emanuel.
Hof. d. 9. Sept. 97 [Sonnabend].
Guter Emanuel,
Eben ſchikte mir Renate Ihren Brief. Nur der Wolkenſchlagbaum hielt mich auf .... (Und eben jezt hielt mich wieder im Schreiben15 ein ſtat Blüten und Blätter, Tücher und Bänder tragender Baum auf,[370] der auf das neue Herold[iſche] Haus geſtekt wird und den ſie jezt in meines eintrugen.) Sobald ſich wenn nicht der Himmel, doch der Barometer ändert, ſo fahr’ ich hinaus und meine Taſche iſt mein Mantelſak. Den 24ten mus ich wieder hier ſein, weil ein Fremder mit20 ſeiner Fremdin aus Halberſtadt mich beſuchen wil, den ich mit meiner Reiſe bis zum 24., aufhielt. Dauert das Aprilwetter zu lange: ſo komm’ ich lieber nach dem 24ten um freier bei meinem zu zärtlichen Freund zu bleiben. Hier haben Sie mein Ehren- und Herzenswort. Ihre Seele iſt ein Beweis meines Sazes, daß die Jahre immer mehr25 Erde von dem h. Feuer der Empfindungen wegheben und es befreien. Aber dieſes Feuer, mein Theurer, äſchert oft das Herz ein, das es umſchlieſſet; und Sie werden nach einigen Jahren abwechſelnd Froſt- und Brandſalbe nöthig haben. — Hier in Hof liebt mich auſſer Otto niemand ſo wie Emanuel: Sie haben hier Irthümer — ich gehe zu30 weich, verſchloſſen und mit voller Bruſt herum, nicht in der Stadt ſondern um die Stadt — ich ſehe wenige — Es iſt Zeit, daß ich ſcheide; oder vielmehr ich bin ſchon geſchieden. Denn leider foder’ ich ſo viel von ihnen als wenn es — Fremde wären; und da ſie keine ſind: muſt’ ich die reichere Gabe bei Fremden ſuchen.35
24 Jean Paul Briefe. II.
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Zimmer müſſen geheizet werden können. Werd’ ich das alles für 40 rtl.
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Ich kan Ihre ſo lange Reihe von Gefälligkeiten mit nichts er-
wiedern als mit Wünſchen und mit Hofnungen der Vergeltung: Ihr
gutes Bewuſtſein ſei indes der Zahlmeiſter für mich. 5
Ich bitte Sie, das Franko für beiliegenden Brief bis zu Novemb.
auszulegen — und mir wieder Leſebücher zu ſenden — und mir bald
Nachricht zu geben — und alle dieſe Bitten zu vergeben. Leben Sie
froh!
Fr. Richter 10
696. An Emanuel.
Hof. d. 9. Sept. 97 [Sonnabend].
Guter Emanuel,
Eben ſchikte mir Renate Ihren Brief. Nur der Wolkenſchlagbaum
hielt mich auf .... (Und eben jezt hielt mich wieder im Schreiben 15
ein ſtat Blüten und Blätter, Tücher und Bänder tragender Baum auf,
der auf das neue Herold[iſche] Haus geſtekt wird und den ſie jezt in
meines eintrugen.) Sobald ſich wenn nicht der Himmel, doch der
Barometer ändert, ſo fahr’ ich hinaus und meine Taſche iſt mein
Mantelſak. Den 24ten mus ich wieder hier ſein, weil ein Fremder mit 20
ſeiner Fremdin aus Halberſtadt mich beſuchen wil, den ich mit meiner
Reiſe bis zum 24., aufhielt. Dauert das Aprilwetter zu lange: ſo
komm’ ich lieber nach dem 24ten um freier bei meinem zu zärtlichen
Freund zu bleiben. Hier haben Sie mein Ehren- und Herzenswort.
Ihre Seele iſt ein Beweis meines Sazes, daß die Jahre immer mehr 25
Erde von dem h. Feuer der Empfindungen wegheben und es befreien.
Aber dieſes Feuer, mein Theurer, äſchert oft das Herz ein, das es
umſchlieſſet; und Sie werden nach einigen Jahren abwechſelnd Froſt-
und Brandſalbe nöthig haben. — Hier in Hof liebt mich auſſer Otto
niemand ſo wie Emanuel: Sie haben hier Irthümer — ich gehe zu 30
weich, verſchloſſen und mit voller Bruſt herum, nicht in der Stadt
ſondern um die Stadt — ich ſehe wenige — Es iſt Zeit, daß ich ſcheide;
oder vielmehr ich bin ſchon geſchieden. Denn leider foder’ ich ſo viel
von ihnen als wenn es — Fremde wären; und da ſie keine ſind: muſt’
ich die reichere Gabe bei Fremden ſuchen. 35
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24 Jean Paul Briefe. II.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/390>, abgerufen am 30.07.2024.
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